gültige Dame in's Haus zu setzen, die den Staat macht und uns kalt läßt! Und wäre es am Ende für die arme Zambo nicht auch besser, wenn sie vor den Stürmen des Lebens geschützt und zu einem frommen Nönnchen gemacht würde?"
Hier wurde die Stille der Nacht unterbrochen durch ein schüchternes Zeichen der Hausglocke, die in der weiten Flurhalle des Palastes hing. Ein einziger Anschlag ließ sich vernehmen, welchem ein schwächlicher Nachklang folgte, der im Entstehen abbrach und erstarb. Don Correa achtete nicht darauf und setzte seine Promenade fort. Wie er aber doch alles bemerkte, was vorging, so ward er nach ein paar Minuten inne, daß das Hausthor nicht geöffnet wurde, sondern Alles still blieb und der Thor¬ hüter mithin schlafen oder abwesend sein mußte. Nach¬ dem er erst jetzt ein kleines Weilchen stillgestanden und gehorcht hatte, trat er zu dem schlafenden Knaben, weckte ihn und sagte: "Es hat Jemand auf der Straße geläutet; geh' hinunter und laß den Pförtner nachsehen, was es sei!"
Als der Knabe aufsprang und sofort hinauslaufen wollte, rief der Herr noch: "Nimm hier den Leuchter mit und komm' gleich wieder, so will ich so lange im Dunkeln stehen!"
Es schien ihm aber doch etwas lange zu dauern; er hörte die schweren Thorflügel nach einiger Zeit auf und zu machen, aber es währte noch Minuten, bis die Schritte des Knaben näher kamen, und er öffnete fast ungeduldig
gültige Dame in's Haus zu ſetzen, die den Staat macht und uns kalt läßt! Und wäre es am Ende für die arme Zambo nicht auch beſſer, wenn ſie vor den Stürmen des Lebens geſchützt und zu einem frommen Nönnchen gemacht würde?“
Hier wurde die Stille der Nacht unterbrochen durch ein ſchüchternes Zeichen der Hausglocke, die in der weiten Flurhalle des Palaſtes hing. Ein einziger Anſchlag ließ ſich vernehmen, welchem ein ſchwächlicher Nachklang folgte, der im Entſtehen abbrach und erſtarb. Don Correa achtete nicht darauf und ſetzte ſeine Promenade fort. Wie er aber doch alles bemerkte, was vorging, ſo ward er nach ein paar Minuten inne, daß das Hausthor nicht geöffnet wurde, ſondern Alles ſtill blieb und der Thor¬ hüter mithin ſchlafen oder abweſend ſein mußte. Nach¬ dem er erſt jetzt ein kleines Weilchen ſtillgeſtanden und gehorcht hatte, trat er zu dem ſchlafenden Knaben, weckte ihn und ſagte: „Es hat Jemand auf der Straße geläutet; geh' hinunter und laß den Pförtner nachſehen, was es ſei!“
Als der Knabe aufſprang und ſofort hinauslaufen wollte, rief der Herr noch: „Nimm hier den Leuchter mit und komm' gleich wieder, ſo will ich ſo lange im Dunkeln ſtehen!“
Es ſchien ihm aber doch etwas lange zu dauern; er hörte die ſchweren Thorflügel nach einiger Zeit auf und zu machen, aber es währte noch Minuten, bis die Schritte des Knaben näher kamen, und er öffnete faſt ungeduldig
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gültige Dame in's Haus zu ſetzen, die den Staat macht
und uns kalt läßt! Und wäre es am Ende für die arme
Zambo nicht auch beſſer, wenn ſie vor den Stürmen des
Lebens geſchützt und zu einem frommen Nönnchen gemacht
würde?“
Hier wurde die Stille der Nacht unterbrochen durch
ein ſchüchternes Zeichen der Hausglocke, die in der weiten
Flurhalle des Palaſtes hing. Ein einziger Anſchlag ließ
ſich vernehmen, welchem ein ſchwächlicher Nachklang folgte,
der im Entſtehen abbrach und erſtarb. Don Correa
achtete nicht darauf und ſetzte ſeine Promenade fort. Wie
er aber doch alles bemerkte, was vorging, ſo ward er
nach ein paar Minuten inne, daß das Hausthor nicht
geöffnet wurde, ſondern Alles ſtill blieb und der Thor¬
hüter mithin ſchlafen oder abweſend ſein mußte. Nach¬
dem er erſt jetzt ein kleines Weilchen ſtillgeſtanden und
gehorcht hatte, trat er zu dem ſchlafenden Knaben, weckte
ihn und ſagte: „Es hat Jemand auf der Straße geläutet;
geh' hinunter und laß den Pförtner nachſehen, was es ſei!“
Als der Knabe aufſprang und ſofort hinauslaufen
wollte, rief der Herr noch: „Nimm hier den Leuchter
mit und komm' gleich wieder, ſo will ich ſo lange im
Dunkeln ſtehen!“
Es ſchien ihm aber doch etwas lange zu dauern; er
hörte die ſchweren Thorflügel nach einiger Zeit auf und
zu machen, aber es währte noch Minuten, bis die Schritte
des Knaben näher kamen, und er öffnete faſt ungeduldig
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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/345>, abgerufen am 22.11.2024.
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