Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Von den Lauten oder Buchstaben.
schliffen ausgesprochen, das ist, die Stimme schleift
von einem Selbstlauter zu dem anderen hinüber oh-
ne dem zweyten einen besonderen Nachdruck zu ge-
ben, so wie in der Musik das Hinüberschleiffen von
einem Ton zu dem anderen ohne abzusetzen geschieht,
welches in den Noten durch einen darüber gesetzten
krummen Strich angedeutet wird, wie Tab. X. Fig. 4.
Diese Art Diphthongen haben die Franzosen häufig
z. B. in veille, miel, oeil, pointe, taille u. s. f. Oft
lassen sie dabey andere Buchstaben hören, als da
geschrieben stehn, wie in Roi, loi, wo das i wie a
lautet. Wir thun das Nämliche. Jn mein ma-
chen wir das e zu einem a, in euch das e zu ei-
nem a, und das u zu einem i, indem wir aich
prechen. Uiberhaupt hat die deutsche Sprache das
Sonderbare, daß, wenn zwey Selbstlauter aufeinan-
der folgen, immer Eine Sylbe, oder ein sogenannter
Diphthong daraus wird, Weise, Hui, Freund,
Weib, Strauß, Eiche,
u. s. f.(*) Nur in

zu-
(*) Der Art: die wenn er wie di ausgesprochen
wird, macht keine Ausnahme, denn hier wird das e

Von den Lauten oder Buchſtaben.
ſchliffen ausgeſprochen, das iſt, die Stimme ſchleift
von einem Selbſtlauter zu dem anderen hinuͤber oh-
ne dem zweyten einen beſonderen Nachdruck zu ge-
ben, ſo wie in der Muſik das Hinuͤberſchleiffen von
einem Ton zu dem anderen ohne abzuſetzen geſchieht,
welches in den Noten durch einen daruͤber geſetzten
krummen Strich angedeutet wird, wie Tab. X. Fig. 4.
Dieſe Art Diphthongen haben die Franzoſen haͤufig
z. B. in veille, miel, œil, pointe, taille u. ſ. f. Oft
laſſen ſie dabey andere Buchſtaben hoͤren, als da
geſchrieben ſtehn, wie in Roi, loi, wo das i wie a
lautet. Wir thun das Naͤmliche. Jn mein ma-
chen wir das e zu einem a, in euch das e zu ei-
nem a, und das u zu einem i, indem wir aich
prechen. Uiberhaupt hat die deutſche Sprache das
Sonderbare, daß, wenn zwey Selbſtlauter aufeinan-
der folgen, immer Eine Sylbe, oder ein ſogenannter
Diphthong daraus wird, Weiſe, Hui, Freund,
Weib, Strauß, Eiche,
u. ſ. f.(*) Nur in

zu-
(*) Der Art: die wenn er wie di ausgeſprochen
wird, macht keine Ausnahme, denn hier wird das e
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0267" n="219"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von den Lauten oder Buch&#x017F;taben</hi>.</fw><lb/>
&#x017F;chliffen ausge&#x017F;prochen, das i&#x017F;t, die Stimme &#x017F;chleift<lb/>
von einem Selb&#x017F;tlauter zu dem anderen hinu&#x0364;ber oh-<lb/>
ne dem zweyten einen be&#x017F;onderen Nachdruck zu ge-<lb/>
ben, &#x017F;o wie in der Mu&#x017F;ik das Hinu&#x0364;ber&#x017F;chleiffen von<lb/>
einem Ton zu dem anderen ohne abzu&#x017F;etzen ge&#x017F;chieht,<lb/>
welches in den Noten durch einen daru&#x0364;ber ge&#x017F;etzten<lb/>
krummen Strich angedeutet wird, wie <hi rendition="#aq">Tab. X. Fig. 4.</hi><lb/>
Die&#x017F;e Art Diphthongen haben die Franzo&#x017F;en ha&#x0364;ufig<lb/>
z. B. in <hi rendition="#aq">veille, miel, &#x0153;il, pointe, taille</hi> u. &#x017F;. f. Oft<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie dabey andere Buch&#x017F;taben ho&#x0364;ren, als da<lb/>
ge&#x017F;chrieben &#x017F;tehn, wie in <hi rendition="#aq">Roi, loi,</hi> wo das <hi rendition="#aq">i</hi> wie <hi rendition="#aq">a</hi><lb/>
lautet. Wir thun das Na&#x0364;mliche. Jn <hi rendition="#b">mein</hi> ma-<lb/>
chen wir das e zu einem a, in <hi rendition="#b">euch</hi> das e zu ei-<lb/>
nem a, und das u zu einem i, indem wir <hi rendition="#b">aich</hi><lb/>
prechen. Uiberhaupt hat die deut&#x017F;che Sprache das<lb/>
Sonderbare, daß, wenn zwey Selb&#x017F;tlauter aufeinan-<lb/>
der folgen, immer Eine Sylbe, oder ein &#x017F;ogenannter<lb/>
Diphthong daraus wird, <hi rendition="#b">Wei&#x017F;e, Hui, Freund,<lb/>
Weib, Strauß, Eiche,</hi> u. &#x017F;. f.<note xml:id="seg2pn_17_1" next="#seg2pn_17_2" place="foot" n="(*)">Der Art: <hi rendition="#g">die</hi> wenn er wie di ausge&#x017F;prochen<lb/>
wird, macht keine Ausnahme, denn hier wird das e</note> Nur in<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zu-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[219/0267] Von den Lauten oder Buchſtaben. ſchliffen ausgeſprochen, das iſt, die Stimme ſchleift von einem Selbſtlauter zu dem anderen hinuͤber oh- ne dem zweyten einen beſonderen Nachdruck zu ge- ben, ſo wie in der Muſik das Hinuͤberſchleiffen von einem Ton zu dem anderen ohne abzuſetzen geſchieht, welches in den Noten durch einen daruͤber geſetzten krummen Strich angedeutet wird, wie Tab. X. Fig. 4. Dieſe Art Diphthongen haben die Franzoſen haͤufig z. B. in veille, miel, œil, pointe, taille u. ſ. f. Oft laſſen ſie dabey andere Buchſtaben hoͤren, als da geſchrieben ſtehn, wie in Roi, loi, wo das i wie a lautet. Wir thun das Naͤmliche. Jn mein ma- chen wir das e zu einem a, in euch das e zu ei- nem a, und das u zu einem i, indem wir aich prechen. Uiberhaupt hat die deutſche Sprache das Sonderbare, daß, wenn zwey Selbſtlauter aufeinan- der folgen, immer Eine Sylbe, oder ein ſogenannter Diphthong daraus wird, Weiſe, Hui, Freund, Weib, Strauß, Eiche, u. ſ. f. (*) Nur in zu- (*) Der Art: die wenn er wie di ausgeſprochen wird, macht keine Ausnahme, denn hier wird das e

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/267
Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/267>, abgerufen am 23.11.2024.