dieser Erklärung wär' es noch bey Weitem nicht ge- than. Wenn man Einen, der kein B aussprechen kann, dieses lehren sollte, und sich nur damit be- gnügte, ihm zu sagen, daß es gelinder und sanf- ter als P ausgesprochen werden muß, so würde er, wie mir es die Erfahrung gar oft gezeigt hat, das P nur etwas lauter oder gar mit einer Aspiration wie Phe -- das B hingegen, immer auch wie ein P, nur etwas leiser, oder gar wie ein W ausspre- chen, in der Meinung er habe zwischen beyden Buch- staben bloß dadurch schon den verlangten Unterschied getroffen. So hab' ich in Oesterreich unzählige mal ponus oder Wonus, wellum, warwarus anstatt bo- nus, bellum barbarus sprechen gehört.
Einige glaubten, daß, wenn dem P nur ein M zugegeben würde, es dadurch eine gewiße Wei- che erhielte, und sogleich zu einem B übergieng. Jch war lange selbst der Meinung, daß es, wie wenn ein ganz kurzes M vorausgieng, nämlich wie mbe laute. Allein nach einer langen Reihe von Beobach- tungen bin ich endlich meines Jrrthums gewahr wor- den, der bloß darin bestand, daß ich bey meinen
Ver-
IV. Abtheilung.
dieſer Erklaͤrung waͤr' es noch bey Weitem nicht ge- than. Wenn man Einen, der kein B ausſprechen kann, dieſes lehren ſollte, und ſich nur damit be- gnuͤgte, ihm zu ſagen, daß es gelinder und ſanf- ter als P ausgeſprochen werden muß, ſo wuͤrde er, wie mir es die Erfahrung gar oft gezeigt hat, das P nur etwas lauter oder gar mit einer Aſpiration wie Phe — das B hingegen, immer auch wie ein P, nur etwas leiſer, oder gar wie ein W ausſpre- chen, in der Meinung er habe zwiſchen beyden Buch- ſtaben bloß dadurch ſchon den verlangten Unterſchied getroffen. So hab' ich in Oeſterreich unzaͤhlige mal ponus oder Wonus, wellum, warwarus anſtatt bo- nus, bellum barbarus ſprechen gehoͤrt.
Einige glaubten, daß, wenn dem P nur ein M zugegeben wuͤrde, es dadurch eine gewiße Wei- che erhielte, und ſogleich zu einem B uͤbergieng. Jch war lange ſelbſt der Meinung, daß es, wie wenn ein ganz kurzes M vorausgieng, naͤmlich wie mbe laute. Allein nach einer langen Reihe von Beobach- tungen bin ich endlich meines Jrrthums gewahr wor- den, der bloß darin beſtand, daß ich bey meinen
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IV. Abtheilung.
dieſer Erklaͤrung waͤr' es noch bey Weitem nicht ge-
than. Wenn man Einen, der kein B ausſprechen
kann, dieſes lehren ſollte, und ſich nur damit be-
gnuͤgte, ihm zu ſagen, daß es gelinder und ſanf-
ter als P ausgeſprochen werden muß, ſo wuͤrde er,
wie mir es die Erfahrung gar oft gezeigt hat, das
P nur etwas lauter oder gar mit einer Aſpiration
wie Phe — das B hingegen, immer auch wie ein
P, nur etwas leiſer, oder gar wie ein W ausſpre-
chen, in der Meinung er habe zwiſchen beyden Buch-
ſtaben bloß dadurch ſchon den verlangten Unterſchied
getroffen. So hab' ich in Oeſterreich unzaͤhlige mal
ponus oder Wonus, wellum, warwarus anſtatt bo-
nus, bellum barbarus ſprechen gehoͤrt.
Einige glaubten, daß, wenn dem P nur ein
M zugegeben wuͤrde, es dadurch eine gewiße Wei-
che erhielte, und ſogleich zu einem B uͤbergieng. Jch
war lange ſelbſt der Meinung, daß es, wie wenn
ein ganz kurzes M vorausgieng, naͤmlich wie mbe
laute. Allein nach einer langen Reihe von Beobach-
tungen bin ich endlich meines Jrrthums gewahr wor-
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Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/288>, abgerufen am 16.06.2024.
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