staben vorkömmt. "Viele Wortforscher (wird da ge- " sagt) schliessen das M von der Reihe der Stamm- " buchstaben aus. Unter gehörigen Einschränkun- " gen haben sie nicht Unrecht, denn der eigen- " thumliche Laut, welchen das M ausdrückt, " ist in der Natur nicht allemahl so bestimmt " vorhanden, daß ihn nicht auch die ande- " ren Lippenbuchstaben fast eben so genau " sollten ausdrucken können.
Jch kann den Sinn dieser Worte nicht ganz erreichen. Wenn der Laut eigenthumlich der ist, welchen das M ausdrückt, so muß er in der Natur immer bestimmt vorhanden seyn; denn das M ist ein so einfacher, selbstständiger un- veränderlicher Buchstab, daß er nie mehr nie weni- ger bestimmt seyn kann. Und ist er einmal da, so ist er immer bestimmt als ein M da, und kann durch keinen Lippenlaut nachgeahmt, vielweniger fast eben so genau ausgedruckt werden. Einen an- deren Laut kann man an seine Stelle hinsetzen, aber alsdann wird alle Spur von einem M ver- schwinden. Eine von den Lippenlauten unzertrennli-
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IV. Abtheilung.
ſtaben vorkoͤmmt. „Viele Wortforſcher (wird da ge- „ ſagt) ſchlieſſen das M von der Reihe der Stamm- „ buchſtaben aus. Unter gehoͤrigen Einſchraͤnkun- „ gen haben ſie nicht Unrecht, denn der eigen- „ thumliche Laut, welchen das M ausdruͤckt, „ iſt in der Natur nicht allemahl ſo beſtimmt „ vorhanden, daß ihn nicht auch die ande- „ ren Lippenbuchſtaben faſt eben ſo genau „ ſollten ausdrucken koͤnnen.
Jch kann den Sinn dieſer Worte nicht ganz erreichen. Wenn der Laut eigenthumlich der iſt, welchen das M ausdruͤckt, ſo muß er in der Natur immer beſtimmt vorhanden ſeyn; denn das M iſt ein ſo einfacher, ſelbſtſtaͤndiger un- veraͤnderlicher Buchſtab, daß er nie mehr nie weni- ger beſtimmt ſeyn kann. Und iſt er einmal da, ſo iſt er immer beſtimmt als ein M da, und kann durch keinen Lippenlaut nachgeahmt, vielweniger faſt eben ſo genau ausgedruckt werden. Einen an- deren Laut kann man an ſeine Stelle hinſetzen, aber alsdann wird alle Spur von einem M ver- ſchwinden. Eine von den Lippenlauten unzertrennli-
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IV. Abtheilung.
ſtaben vorkoͤmmt. „Viele Wortforſcher (wird da ge-
„ ſagt) ſchlieſſen das M von der Reihe der Stamm-
„ buchſtaben aus. Unter gehoͤrigen Einſchraͤnkun-
„ gen haben ſie nicht Unrecht, denn der eigen-
„ thumliche Laut, welchen das M ausdruͤckt,
„ iſt in der Natur nicht allemahl ſo beſtimmt
„ vorhanden, daß ihn nicht auch die ande-
„ ren Lippenbuchſtaben faſt eben ſo genau
„ ſollten ausdrucken koͤnnen.
Jch kann den Sinn dieſer Worte nicht ganz
erreichen. Wenn der Laut eigenthumlich der iſt,
welchen das M ausdruͤckt, ſo muß er in der
Natur immer beſtimmt vorhanden ſeyn;
denn das M iſt ein ſo einfacher, ſelbſtſtaͤndiger un-
veraͤnderlicher Buchſtab, daß er nie mehr nie weni-
ger beſtimmt ſeyn kann. Und iſt er einmal da, ſo
iſt er immer beſtimmt als ein M da, und kann
durch keinen Lippenlaut nachgeahmt, vielweniger faſt
eben ſo genau ausgedruckt werden. Einen an-
deren Laut kann man an ſeine Stelle hinſetzen,
aber alsdann wird alle Spur von einem M ver-
ſchwinden. Eine von den Lippenlauten unzertrennli-
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Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/366>, abgerufen am 23.11.2024.
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