tönen lassen. Man halte nur die Hand vor den Mund, und sage wo; so lange das W dauert, wird man den Wind spüren, so bald das O folget, wird er aufhören.
§. 203.
Der Zungenkanal behält nicht immer die näm- liche Weite. Es hanget von dem ab, was für ein Selbstlauter folgen soll. Die Zunge bereitet sich zum voraus dazu, und erweitert oder verengert den Ka- nal, so wie es dieser Selbstlauter verlanget. Wenn man z. B. Wille sagt, so legt sich die Zunge gleich bey dem Anfange des W in die Lage des I und der Zungenkanal ist nur in dem ersten Grade offen; will man hingegen Wunde sagen, so wird sich die Zunge während dem W tief niedersenken, und den Ka- nal bis auf den fünften Grad erweitern, so, daß das folgende u gar keine Bewegung der Zunge mehr fordert. Diese Eigenschaft haben auch alle an- dere Mitlauter, bey denen die Lippen einen Haupt- werkzeug ausmachen, und die man daher sonst auch Lippenlaute nennet B, F, M, P, V, W. Wieder ei-
ne
Von den Lauten oder Buchſtaben.
toͤnen laſſen. Man halte nur die Hand vor den Mund, und ſage wo; ſo lange das W dauert, wird man den Wind ſpuͤren, ſo bald das O folget, wird er aufhoͤren.
§. 203.
Der Zungenkanal behaͤlt nicht immer die naͤm- liche Weite. Es hanget von dem ab, was fuͤr ein Selbſtlauter folgen ſoll. Die Zunge bereitet ſich zum voraus dazu, und erweitert oder verengert den Ka- nal, ſo wie es dieſer Selbſtlauter verlanget. Wenn man z. B. Wille ſagt, ſo legt ſich die Zunge gleich bey dem Anfange des W in die Lage des I und der Zungenkanal iſt nur in dem erſten Grade offen; will man hingegen Wunde ſagen, ſo wird ſich die Zunge waͤhrend dem W tief niederſenken, und den Ka- nal bis auf den fuͤnften Grad erweitern, ſo, daß das folgende u gar keine Bewegung der Zunge mehr fordert. Dieſe Eigenſchaft haben auch alle an- dere Mitlauter, bey denen die Lippen einen Haupt- werkzeug ausmachen, und die man daher ſonſt auch Lippenlaute nennet B, F, M, P, V, W. Wieder ei-
ne
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Von den Lauten oder Buchſtaben.
toͤnen laſſen. Man halte nur die Hand vor den
Mund, und ſage wo; ſo lange das W dauert,
wird man den Wind ſpuͤren, ſo bald das O folget,
wird er aufhoͤren.
§. 203.
Der Zungenkanal behaͤlt nicht immer die naͤm-
liche Weite. Es hanget von dem ab, was fuͤr ein
Selbſtlauter folgen ſoll. Die Zunge bereitet ſich zum
voraus dazu, und erweitert oder verengert den Ka-
nal, ſo wie es dieſer Selbſtlauter verlanget. Wenn
man z. B. Wille ſagt, ſo legt ſich die Zunge gleich
bey dem Anfange des W in die Lage des I und
der Zungenkanal iſt nur in dem erſten Grade offen;
will man hingegen Wunde ſagen, ſo wird ſich die
Zunge waͤhrend dem W tief niederſenken, und den Ka-
nal bis auf den fuͤnften Grad erweitern, ſo, daß
das folgende u gar keine Bewegung der Zunge
mehr fordert. Dieſe Eigenſchaft haben auch alle an-
dere Mitlauter, bey denen die Lippen einen Haupt-
werkzeug ausmachen, und die man daher ſonſt auch
Lippenlaute nennet B, F, M, P, V, W. Wieder ei-
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Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/425>, abgerufen am 23.11.2024.
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