Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

V. Abtheilung.
mer mit den nämlichen zwey drey Tönen abwechsel-
te, und sich gar nicht mehr herausfinden konnte.
Als wir endlich anlangten, was war es? -- eine
Sackpfeiffe, oder wie man es hier zu Lande nen-
net, ein Tudelsack. Meine Freude war ganz ausser-
ordentlich, als ich das, was ich eben so eifrig such-
te, so unerwartet hier fand, nämlich den Ton, der
nach meinem Ohre, unter allen, die ich bis dahin
versucht hatte, die Menschenstimme am besten nach-
ahmte. Jch gestehe, daß mir in meinem Leben keine
Musik so viel Vergnügen verschaft hat, als dieses
jämmerliche Geblöcke eines verachteten Tudelsackes.
Nun hab' ich es, dacht ich, bemächtigte mich sogleich
des Bockes, und versuchte selbst einige Töne heraus
zu bringen ohne die Baßpfeife mitschnarren zu las-
sen. Als es mir gelang, wollt' ich dem Mann auf
der Stelle seinen Tudelsack abkauffen er verlange
auch dafür, was er wollte. Allein was ich ihm auch
anboth, so wollte er mir ihn nicht überlassen. Er
wandte ein, daß er sich seinen Unterhalt damit ge-
winne, und sich nicht so bald einen anderen zu ver-
schaffen wüste; er wollte mir aber auf dem nächsten
Jahrmarkte den Mann zuschicken, der den seinigen

ge-

V. Abtheilung.
mer mit den naͤmlichen zwey drey Toͤnen abwechſel-
te, und ſich gar nicht mehr herausfinden konnte.
Als wir endlich anlangten, was war es? — eine
Sackpfeiffe, oder wie man es hier zu Lande nen-
net, ein Tudelſack. Meine Freude war ganz auſſer-
ordentlich, als ich das, was ich eben ſo eifrig ſuch-
te, ſo unerwartet hier fand, naͤmlich den Ton, der
nach meinem Ohre, unter allen, die ich bis dahin
verſucht hatte, die Menſchenſtimme am beſten nach-
ahmte. Jch geſtehe, daß mir in meinem Leben keine
Muſik ſo viel Vergnuͤgen verſchaft hat, als dieſes
jaͤmmerliche Gebloͤcke eines verachteten Tudelſackes.
Nun hab' ich es, dacht ich, bemaͤchtigte mich ſogleich
des Bockes, und verſuchte ſelbſt einige Toͤne heraus
zu bringen ohne die Baßpfeife mitſchnarren zu laſ-
ſen. Als es mir gelang, wollt' ich dem Mann auf
der Stelle ſeinen Tudelſack abkauffen er verlange
auch dafuͤr, was er wollte. Allein was ich ihm auch
anboth, ſo wollte er mir ihn nicht uͤberlaſſen. Er
wandte ein, daß er ſich ſeinen Unterhalt damit ge-
winne, und ſich nicht ſo bald einen anderen zu ver-
ſchaffen wuͤſte; er wollte mir aber auf dem naͤchſten
Jahrmarkte den Mann zuſchicken, der den ſeinigen

ge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0454" n="392"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">V</hi>. Abtheilung.</hi></fw><lb/>
mer mit den na&#x0364;mlichen zwey drey To&#x0364;nen abwech&#x017F;el-<lb/>
te, und &#x017F;ich gar nicht mehr herausfinden konnte.<lb/>
Als wir endlich anlangten, was war es? &#x2014; eine<lb/>
Sackpfeiffe, oder wie man es hier zu Lande nen-<lb/>
net, ein Tudel&#x017F;ack. Meine Freude war ganz au&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
ordentlich, als ich das, was ich eben &#x017F;o eifrig &#x017F;uch-<lb/>
te, &#x017F;o unerwartet hier fand, na&#x0364;mlich den Ton, der<lb/>
nach meinem Ohre, unter allen, die ich bis dahin<lb/>
ver&#x017F;ucht hatte, die Men&#x017F;chen&#x017F;timme am be&#x017F;ten nach-<lb/>
ahmte. Jch ge&#x017F;tehe, daß mir in meinem Leben keine<lb/>
Mu&#x017F;ik &#x017F;o viel Vergnu&#x0364;gen ver&#x017F;chaft hat, als die&#x017F;es<lb/>
ja&#x0364;mmerliche Geblo&#x0364;cke eines verachteten Tudel&#x017F;ackes.<lb/>
Nun hab' ich es, dacht ich, bema&#x0364;chtigte mich &#x017F;ogleich<lb/>
des Bockes, und ver&#x017F;uchte &#x017F;elb&#x017F;t einige To&#x0364;ne heraus<lb/>
zu bringen ohne die Baßpfeife mit&#x017F;chnarren zu la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Als es mir gelang, wollt' ich dem Mann auf<lb/>
der Stelle &#x017F;einen Tudel&#x017F;ack abkauffen er verlange<lb/>
auch dafu&#x0364;r, was er wollte. Allein was ich ihm auch<lb/>
anboth, &#x017F;o wollte er mir ihn nicht u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en. Er<lb/>
wandte ein, daß er &#x017F;ich &#x017F;einen Unterhalt damit ge-<lb/>
winne, und &#x017F;ich nicht &#x017F;o bald einen anderen zu ver-<lb/>
&#x017F;chaffen wu&#x0364;&#x017F;te; er wollte mir aber auf dem na&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
Jahrmarkte den Mann zu&#x017F;chicken, der den &#x017F;einigen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ge-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[392/0454] V. Abtheilung. mer mit den naͤmlichen zwey drey Toͤnen abwechſel- te, und ſich gar nicht mehr herausfinden konnte. Als wir endlich anlangten, was war es? — eine Sackpfeiffe, oder wie man es hier zu Lande nen- net, ein Tudelſack. Meine Freude war ganz auſſer- ordentlich, als ich das, was ich eben ſo eifrig ſuch- te, ſo unerwartet hier fand, naͤmlich den Ton, der nach meinem Ohre, unter allen, die ich bis dahin verſucht hatte, die Menſchenſtimme am beſten nach- ahmte. Jch geſtehe, daß mir in meinem Leben keine Muſik ſo viel Vergnuͤgen verſchaft hat, als dieſes jaͤmmerliche Gebloͤcke eines verachteten Tudelſackes. Nun hab' ich es, dacht ich, bemaͤchtigte mich ſogleich des Bockes, und verſuchte ſelbſt einige Toͤne heraus zu bringen ohne die Baßpfeife mitſchnarren zu laſ- ſen. Als es mir gelang, wollt' ich dem Mann auf der Stelle ſeinen Tudelſack abkauffen er verlange auch dafuͤr, was er wollte. Allein was ich ihm auch anboth, ſo wollte er mir ihn nicht uͤberlaſſen. Er wandte ein, daß er ſich ſeinen Unterhalt damit ge- winne, und ſich nicht ſo bald einen anderen zu ver- ſchaffen wuͤſte; er wollte mir aber auf dem naͤchſten Jahrmarkte den Mann zuſchicken, der den ſeinigen ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/454
Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/454>, abgerufen am 23.11.2024.