Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610.eygentliche vnnd erste Verrichtung deß Himmels anders nichts seye/ dann vns den Vnterscheidt der Zeit zu machen. Jch hab droben num. 18 erjnnert vnius rei multos fines esse posse, vnd daß nicht zu verneynen seye/ daß nicht auch die Sterne für sich selbst/ auch ohne Ansehung der Erden vnd Menschen jhre noch eygentlichere vordere Verrichtungen haben. Jch weiß nicht/ ob ich sagen solle/ daß die Engel nichts anders seyen dann dienstbare Geister/ zu der Gläubigen Seligkeit: Dienen thun sie hierzu/ denn die Schrifft bezeuget es. Daß sie aber auch mit jhrem Wesen eiusque fine dem Menschen vnterworffen/ subordiniert vnd nachgesetzt/ vnd nit vielmehr in einem höhern gradu stehen/ als der Mensch selbst: das wirdt kein Theologus sagen. Seynd sie dann für sich selber edele selige Creaturen vnd Gottes Ebenbilder/ auch ohne Betrachtung deß Diensts/ den sie bey dem Menschen verrichten: so werden sie gewißlich an dem Geschöpff Gottes Himmels vnd der Erden auch jhre Ergetzlichkeit haben/ vnnd Gott drüber loben: Werden also die Planeten auch jhnen vmblauffen/ ob schon sie keiner Zeit/ Tag oder Nacht bedürfftig seynd. Ja wer wil sagen/ daß die Sterne von Gott nicht auch zum theil jhnen selbst zu gutem erschaffen. Dann so wenig diese Meynung vber den Engeln vmbgestossen wirdt/ durch jhren Dienst/ den sie dem Menschen leysten/ so wenig wird sie auch vmbgestossen vber den Sternen/ durch die Zeugnussen heyliger Schrifft/ welche sagen/ Gott hab die Sterne erschaffen allen Völckern zum Dienst. In specie hab ich in libro de Marte erwiesen/ daß die Sonne proprietate essentiali der Vrsprung sey aller bewegung der Sterne/ so wird sie ja nicht fürnemlich/ oder nur allein zu neuwerung/ oder zur erleuchtung dieser kleinen Erdenkugel/ vnd zu anders nicht erschaffen seyn. Vnd mag hierwider auß dem allegierten loco Platonis nichts erzwungen werden. Dann sagt er nicht alles was die Sterne verrichten/ sondern er sagt nur allein/ warvmb man auff sie mercken solle/ vnd sagt zwar nicht von allen Vrsachen/ sondern nur von denen Vrsachen/ Nijr
eygentliche vnnd erste Verrichtung deß Himmels anders nichts seye/ dann vns den Vnterscheidt der Zeit zu machen. Jch hab droben num. 18 erjnnert vnius rei multos fines esse posse, vnd daß nicht zu verneynen seye/ daß nicht auch die Sterne für sich selbst/ auch ohne Ansehung der Erden vnd Menschen jhre noch eygentlichere vordere Verrichtungen haben. Jch weiß nicht/ ob ich sagen solle/ daß die Engel nichts anders seyen dann dienstbare Geister/ zu der Gläubigen Seligkeit: Dienen thun sie hierzu/ denn die Schrifft bezeuget es. Daß sie aber auch mit jhrem Wesen eiusque fine dem Menschen vnterworffen/ subordiniert vnd nachgesetzt/ vnd nit vielmehr in einem höhern gradu stehen/ als der Mensch selbst: das wirdt kein Theologus sagen. Seynd sie dann für sich selber edele selige Creaturen vnd Gottes Ebenbilder/ auch ohne Betrachtung deß Diensts/ den sie bey dem Menschen verrichten: so werden sie gewißlich an dem Geschöpff Gottes Himmels vnd der Erden auch jhre Ergetzlichkeit haben/ vnnd Gott drüber loben: Werden also die Planeten auch jhnen vmblauffen/ ob schon sie keiner Zeit/ Tag oder Nacht bedürfftig seynd. Ja wer wil sagen/ daß die Sterne von Gott nicht auch zum theil jhnen selbst zu gutem erschaffen. Dann so wenig diese Meynung vber den Engeln vmbgestossen wirdt/ durch jhren Dienst/ den sie dem Menschen leysten/ so wenig wird sie auch vmbgestossen vber den Sternen/ durch die Zeugnussen heyliger Schrifft/ welche sagen/ Gott hab die Sterne erschaffen allen Völckern zum Dienst. In specie hab ich in libro de Marte erwiesen/ daß die Sonne proprietate essentiali der Vrsprung sey aller bewegung der Sterne/ so wird sie ja nicht fürnemlich/ oder nur allein zu neuwerung/ oder zur erleuchtung dieser kleinen Erdenkugel/ vnd zu anders nicht erschaffen seyn. Vnd mag hierwider auß dem allegierten loco Platonis nichts erzwungen werden. Dann sagt er nicht alles was die Sterne verrichten/ sondern er sagt nur allein/ warvmb man auff sie mercken solle/ vnd sagt zwar nicht von allen Vrsachen/ sondern nur von denen Vrsachen/ Nijr
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0118" n="[Nijr]"/> eygentliche vnnd erste Verrichtung deß Himmels anders nichts seye/ dann vns den Vnterscheidt der Zeit zu machen. Jch hab droben <hi rendition="#aq">num</hi>. 18 erjnnert <hi rendition="#aq">vnius rei multos fines esse posse, </hi>vnd daß nicht zu verneynen seye/ daß nicht auch die Sterne für sich selbst/ auch ohne Ansehung der Erden vnd Menschen jhre noch eygentlichere vordere Verrichtungen haben. </p> <p> Jch weiß nicht/ ob ich sagen solle/ daß die Engel nichts anders seyen dann dienstbare Geister/ zu der Gläubigen Seligkeit: Dienen thun sie hierzu/ denn die Schrifft bezeuget es. Daß sie aber auch mit jhrem Wesen <hi rendition="#aq">eiusque fine </hi>dem Menschen vnterworffen/ subordiniert vnd nachgesetzt/ vnd nit vielmehr in einem höhern gradu stehen/ als der Mensch selbst: das wirdt kein <hi rendition="#aq">Theologus</hi> sagen. Seynd sie dann für sich selber edele selige Creaturen vnd Gottes Ebenbilder/ auch ohne Betrachtung deß Diensts/ den sie bey dem Menschen verrichten: so werden sie gewißlich an dem Geschöpff Gottes Himmels vnd der Erden auch jhre Ergetzlichkeit haben/ vnnd Gott drüber loben: Werden also die Planeten auch jhnen vmblauffen/ ob schon sie keiner Zeit/ Tag oder Nacht bedürfftig seynd. </p> <p> Ja wer wil sagen/ daß die Sterne von Gott nicht auch zum theil jhnen selbst zu gutem erschaffen. Dann so wenig diese Meynung vber den Engeln vmbgestossen wirdt/ durch jhren Dienst/ den sie dem Menschen leysten/ so wenig wird sie auch vmbgestossen vber den Sternen/ durch die Zeugnussen heyliger Schrifft/ welche sagen/ Gott hab die Sterne erschaffen allen Völckern zum Dienst. </p> <p><hi rendition="#aq">In specie </hi>hab ich in <hi rendition="#aq">libro de Marte </hi>erwiesen/ daß die Sonne <hi rendition="#aq">proprietate essentiali</hi> der Vrsprung sey aller bewegung der Sterne/ so wird sie ja nicht fürnemlich/ oder nur allein zu neuwerung/ oder zur erleuchtung dieser kleinen Erdenkugel/ vnd zu anders nicht erschaffen seyn. </p> <p> Vnd mag hierwider auß dem allegierten <hi rendition="#aq">loco Platonis </hi>nichts erzwungen werden. Dann sagt er nicht alles was die Sterne verrichten/ sondern er sagt nur allein/ warvmb man auff sie mercken solle/ vnd sagt zwar nicht von allen Vrsachen/ sondern nur von denen Vrsachen/ <fw type="sig" place="bottom">Nijr</fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[Nijr]/0118]
eygentliche vnnd erste Verrichtung deß Himmels anders nichts seye/ dann vns den Vnterscheidt der Zeit zu machen. Jch hab droben num. 18 erjnnert vnius rei multos fines esse posse, vnd daß nicht zu verneynen seye/ daß nicht auch die Sterne für sich selbst/ auch ohne Ansehung der Erden vnd Menschen jhre noch eygentlichere vordere Verrichtungen haben.
Jch weiß nicht/ ob ich sagen solle/ daß die Engel nichts anders seyen dann dienstbare Geister/ zu der Gläubigen Seligkeit: Dienen thun sie hierzu/ denn die Schrifft bezeuget es. Daß sie aber auch mit jhrem Wesen eiusque fine dem Menschen vnterworffen/ subordiniert vnd nachgesetzt/ vnd nit vielmehr in einem höhern gradu stehen/ als der Mensch selbst: das wirdt kein Theologus sagen. Seynd sie dann für sich selber edele selige Creaturen vnd Gottes Ebenbilder/ auch ohne Betrachtung deß Diensts/ den sie bey dem Menschen verrichten: so werden sie gewißlich an dem Geschöpff Gottes Himmels vnd der Erden auch jhre Ergetzlichkeit haben/ vnnd Gott drüber loben: Werden also die Planeten auch jhnen vmblauffen/ ob schon sie keiner Zeit/ Tag oder Nacht bedürfftig seynd.
Ja wer wil sagen/ daß die Sterne von Gott nicht auch zum theil jhnen selbst zu gutem erschaffen. Dann so wenig diese Meynung vber den Engeln vmbgestossen wirdt/ durch jhren Dienst/ den sie dem Menschen leysten/ so wenig wird sie auch vmbgestossen vber den Sternen/ durch die Zeugnussen heyliger Schrifft/ welche sagen/ Gott hab die Sterne erschaffen allen Völckern zum Dienst.
In specie hab ich in libro de Marte erwiesen/ daß die Sonne proprietate essentiali der Vrsprung sey aller bewegung der Sterne/ so wird sie ja nicht fürnemlich/ oder nur allein zu neuwerung/ oder zur erleuchtung dieser kleinen Erdenkugel/ vnd zu anders nicht erschaffen seyn.
Vnd mag hierwider auß dem allegierten loco Platonis nichts erzwungen werden. Dann sagt er nicht alles was die Sterne verrichten/ sondern er sagt nur allein/ warvmb man auff sie mercken solle/ vnd sagt zwar nicht von allen Vrsachen/ sondern nur von denen Vrsachen/
Nijr
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/118 |
Zitationshilfe: | Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610, S. [Nijr]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/118>, abgerufen am 29.07.2024. |