Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610.

Bild:
<< vorherige Seite

sondern die Wort bey dem gemeinen Mann entlehnen müssen/ so wil der gemeine Mann sie nicht anderst verstehen/ dann wie er gewohnet/ weiß nichts von den abstractionibus generalium, siehet nur auff die concreta, lobt offt einen Calender in einem zutreffenden Fall/ auff welchen der author nie gedacht/ vnd schilt hingegen auff jhn/ wann das Wetter nicht kömpt/ wie er jhms eyngebildet/ so doch etwa der Calender in seiner müglichen Generalitet gar wol zugetroffen: Welcher verdruß mich vervrsachet/ daß ich endtlich hab auffhören Calender zuschreiben.

Jn Summa/ es gehet wie bey den Philosophis Platonicis mit den sensibus vnd mente, wann der Herr im Hauß ein Narr ist/ vnd nicht selber besser weiß/ wie er eine ansage verstehen vnd auffnemen solle/ so kan jhme kein Bott recht thun/ oder gnugsame nachrichtung bringen/ dann der Bott selber/ der sensus ist viel zu grob vnd vnverständig hierzu.

Vnnd was stellet sich D. Feselius lang so seltzam/ da jhm doch trückenlich wol bewust/ daß es mit der Experientia in Medicina eben also zugehet. Da kömpt ein Empiricus, gibt einen Mithridat/ oder etwas dergleichen für alle Gebrechen/ rühmet sich mit vielen Brieffen vnnd Siegeln/ wie er diesem vnd jenem damit von seiner Kranckheit geholffen habe. Wann man jhme nachzufragen weil hette/ so würde sich finden/ daß er wol zehenmal so viel darmit vmbgebracht hette/ welches alles er mit Brieff vnnd Siegeln zu bestättigen/ nicht für ein Nothdurfft geachtet. Diese falsche Experientz hindan gesetzt/ so bleibt gleichwol der Mithridat bey seinen Ehren/ vnd beruffen sich die Medici nichts desto weniger auch auff die Experientz/ aber auff ein vernünfftige/ bescheidnere/ vorsichtigere Experientz dann der gemeine Mann haben kan.

Hingegen wölle D. Feselius bedencken/ wie offt es jhme begegnet/ daß er mit seinem vernünfftigen Rath vnnd heylsamen Artzeneyen bey den Patienten/ nach gestalt der Sachen viel nutzen geschaffet/ vnd dannoch diesen Danck verdienet/ daß er drüber außgescholten/ beschreyet/ vnnd verkleinert worden/ daß er nicht allein nicht helffen

Uv

sondern die Wort bey dem gemeinen Mann entlehnen müssen/ so wil der gemeine Mann sie nicht anderst verstehen/ dann wie er gewohnet/ weiß nichts von den abstractionibus generalium, siehet nur auff die concreta, lobt offt einen Calender in einem zutreffenden Fall/ auff welchen der author nie gedacht/ vnd schilt hingegen auff jhn/ wann das Wetter nicht kömpt/ wie er jhms eyngebildet/ so doch etwa der Calender in seiner müglichen Generalitet gar wol zugetroffen: Welcher verdruß mich vervrsachet/ daß ich endtlich hab auffhören Calender zuschreiben.

Jn Summa/ es gehet wie bey den Philosophis Platonicis mit den sensibus vnd mente, wann der Herr im Hauß ein Narr ist/ vnd nicht selber besser weiß/ wie er eine ansage verstehen vnd auffnemen solle/ so kan jhme kein Bott recht thun/ oder gnugsame nachrichtung bringen/ dann der Bott selber/ der sensus ist viel zu grob vnd vnverständig hierzu.

Vnnd was stellet sich D. Feselius lang so seltzam/ da jhm doch trückenlich wol bewust/ daß es mit der Experientia in Medicina eben also zugehet. Da kömpt ein Empiricus, gibt einen Mithridat/ oder etwas dergleichen für alle Gebrechen/ rühmet sich mit vielen Brieffen vnnd Siegeln/ wie er diesem vnd jenem damit von seiner Kranckheit geholffen habe. Wann man jhme nachzufragen weil hette/ so würde sich finden/ daß er wol zehenmal so viel darmit vmbgebracht hette/ welches alles er mit Brieff vnnd Siegeln zu bestättigen/ nicht für ein Nothdurfft geachtet. Diese falsche Experientz hindan gesetzt/ so bleibt gleichwol der Mithridat bey seinen Ehren/ vnd beruffen sich die Medici nichts desto weniger auch auff die Experientz/ aber auff ein vernünfftige/ bescheidnere/ vorsichtigere Experientz dann der gemeine Mann haben kan.

Hingegen wölle D. Feselius bedencken/ wie offt es jhme begegnet/ daß er mit seinem vernünfftigen Rath vnnd heylsamen Artzeneyen bey den Patienten/ nach gestalt der Sachen viel nutzen geschaffet/ vnd dannoch diesen Danck verdienet/ daß er drüber außgescholten/ beschreyet/ vnnd verkleinert worden/ daß er nicht allein nicht helffen

Uv
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0171" n="[Uv]"/>
sondern die Wort bey dem gemeinen Mann
             entlehnen müssen/ so wil der gemeine Mann sie nicht anderst verstehen/ dann wie er
             gewohnet/ weiß nichts von den <hi rendition="#aq">abstractionibus generalium,
             </hi>siehet nur auff die <hi rendition="#aq">concreta, </hi>lobt offt einen Calender in
             einem zutreffenden Fall/ auff welchen der author nie gedacht/ vnd schilt hingegen auff
             jhn/ wann das Wetter nicht kömpt/ wie er jhms eyngebildet/ so doch etwa der Calender in
             seiner müglichen Generalitet gar wol zugetroffen: Welcher verdruß mich vervrsachet/ daß
             ich endtlich hab auffhören Calender zuschreiben. </p>
          <p> Jn Summa/ es gehet wie bey den <hi rendition="#aq">Philosophis Platonicis</hi> mit den <hi rendition="#aq">sensibus</hi> vnd <hi rendition="#aq">mente,</hi> wann der Herr im
             Hauß ein Narr ist/ vnd nicht selber besser weiß/ wie er eine ansage verstehen vnd
             auffnemen solle/ so kan jhme kein Bott recht thun/ oder gnugsame nachrichtung bringen/
             dann der Bott selber/ der <hi rendition="#aq">sensus</hi> ist viel zu grob vnd
             vnverständig hierzu. </p>
          <p> Vnnd was stellet sich <hi rendition="#aq">D. Feselius</hi> lang so seltzam/ da jhm
             doch trückenlich wol bewust/ daß es mit der <hi rendition="#aq">Experientia in
               Medicina</hi> eben also zugehet. Da kömpt ein <hi rendition="#aq">Empiricus, </hi>gibt
             einen Mithridat/ oder etwas dergleichen für alle Gebrechen/ rühmet sich mit vielen
             Brieffen vnnd Siegeln/ wie er diesem vnd jenem damit von seiner Kranckheit geholffen
             habe. Wann man jhme nachzufragen weil hette/ so würde sich finden/ daß er wol zehenmal
             so viel darmit vmbgebracht hette/ welches alles er mit Brieff vnnd Siegeln zu
             bestättigen/ nicht für ein Nothdurfft geachtet. Diese falsche Experientz hindan gesetzt/
             so bleibt gleichwol der Mithridat bey seinen Ehren/ vnd beruffen sich die <hi rendition="#aq">Medici </hi>nichts desto weniger auch auff die Experientz/ aber auff
             ein vernünfftige/ bescheidnere/ vorsichtigere Experientz dann der gemeine Mann haben
             kan. </p>
          <p> Hingegen wölle <hi rendition="#aq">D. Feselius</hi> bedencken/ wie offt es jhme
             begegnet/ daß er mit seinem vernünfftigen Rath vnnd heylsamen Artzeneyen bey den
             Patienten/ nach gestalt der Sachen viel nutzen geschaffet/ vnd dannoch diesen Danck
             verdienet/ daß er drüber außgescholten/ beschreyet/ vnnd verkleinert worden/ daß er
             nicht allein nicht helffen
             <fw type="sig" place="bottom">Uv</fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[Uv]/0171] sondern die Wort bey dem gemeinen Mann entlehnen müssen/ so wil der gemeine Mann sie nicht anderst verstehen/ dann wie er gewohnet/ weiß nichts von den abstractionibus generalium, siehet nur auff die concreta, lobt offt einen Calender in einem zutreffenden Fall/ auff welchen der author nie gedacht/ vnd schilt hingegen auff jhn/ wann das Wetter nicht kömpt/ wie er jhms eyngebildet/ so doch etwa der Calender in seiner müglichen Generalitet gar wol zugetroffen: Welcher verdruß mich vervrsachet/ daß ich endtlich hab auffhören Calender zuschreiben. Jn Summa/ es gehet wie bey den Philosophis Platonicis mit den sensibus vnd mente, wann der Herr im Hauß ein Narr ist/ vnd nicht selber besser weiß/ wie er eine ansage verstehen vnd auffnemen solle/ so kan jhme kein Bott recht thun/ oder gnugsame nachrichtung bringen/ dann der Bott selber/ der sensus ist viel zu grob vnd vnverständig hierzu. Vnnd was stellet sich D. Feselius lang so seltzam/ da jhm doch trückenlich wol bewust/ daß es mit der Experientia in Medicina eben also zugehet. Da kömpt ein Empiricus, gibt einen Mithridat/ oder etwas dergleichen für alle Gebrechen/ rühmet sich mit vielen Brieffen vnnd Siegeln/ wie er diesem vnd jenem damit von seiner Kranckheit geholffen habe. Wann man jhme nachzufragen weil hette/ so würde sich finden/ daß er wol zehenmal so viel darmit vmbgebracht hette/ welches alles er mit Brieff vnnd Siegeln zu bestättigen/ nicht für ein Nothdurfft geachtet. Diese falsche Experientz hindan gesetzt/ so bleibt gleichwol der Mithridat bey seinen Ehren/ vnd beruffen sich die Medici nichts desto weniger auch auff die Experientz/ aber auff ein vernünfftige/ bescheidnere/ vorsichtigere Experientz dann der gemeine Mann haben kan. Hingegen wölle D. Feselius bedencken/ wie offt es jhme begegnet/ daß er mit seinem vernünfftigen Rath vnnd heylsamen Artzeneyen bey den Patienten/ nach gestalt der Sachen viel nutzen geschaffet/ vnd dannoch diesen Danck verdienet/ daß er drüber außgescholten/ beschreyet/ vnnd verkleinert worden/ daß er nicht allein nicht helffen Uv

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T13:21:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Oliver Trübestein: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T13:21:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Nicolas Roudet: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T13:21:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Hannah Sophia Glaum: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-11-19T13:21:53Z)
Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Signatur Nx 22 (1)) (2013-12-10T14:15:34Z)

Weitere Informationen:

Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.deutschestextarchiv.de/doku/basisformat formulierten Richtlinien.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

Als Leitdruck wurde ein gescannter Ausschnitt aus Johannes Kepler: Gesammelte Werke. Band IV herangezogen. Die beim Leitdruck genannte Bibliothek ist nur eine von vielen, die dieses Buch besitzt.

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Vollständigkeit: teilweise erfasst



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/171
Zitationshilfe: Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610, S. [Uv]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/171>, abgerufen am 23.11.2024.