Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610.oder wil mans von dem Liecht verstehen/ so reychen sie biß an den obersten Stern/ oder vielmehr/ wie offt gesagt/ der Stern biß zu vns herunter. Sondern es wirdt dasselbige von der Parallaxi, das ist von dem jenigen Jnstrument verstanden/ das vns Gott selbst am dritten Tag praeparirt/ nemlich von der Erdkugel/ die spüret man nit weyter/ als kümmerlich vnd bößlich biß zu der Sonnen/ hernach verschwindet sie gar. Mit dieser Kugel Diametro, vnd nicht mit einem Geometrischen Jnstrument/ misset man doch schwehrlich biß zur Sonnen/ also daß man mit der Anzahl diametrorum terrae, bey nahe vmb das halbe theil im zweiffel stehen muß. Hernach ist das maaß gar zu klein: man misset aber was zu messen ist/ nemlich nicht den Lauff der Sonnen vnd der Erden. Dann was den motum Solis, oder auch octauae sphaerae anlanget/ da misset man jhn nicht mit dem Diametro terrae, sondern mit den Augen/ vnd also mit den Instrumentis, die auff die Augen gerichtet seynd. Vrsach/ die himmlische Läuffe seynd Circularisch/ kehren wider in die alten Fußstapffen/ derowegen so haben sie auch ein centrum wie ein circulus. Nun ist potentialiter der gantze circulus im centro, vnnd in einem jeden Puncten jnnerhalb deß circuli : welche potentia circularis in deß Menschen Aug/ hernach außgewickelt vnd expliciert wirdt/ mit einem Geometrischen Jnstrument. Jst also nicht vonnöhten/ daß Feselius auß heyliger Schrifft erweise/ Jerem. 31. daß man den Himmel nicht messen köndte/ so auch die Erde. Dann ob wol die Geographia keines wegs falsch/ sondern warhafftig zwey Ziel mögen gesetzt werden im reden vnd schreiben/ da sich die Grösse deß Erdtbodens zwischen jnnen hält: so müste es doch eine sehr grosse Armada voller Faden seyn/ wann man wolte die Schnur zu Lisabon am Portu anknüpffen/ hernach mit der Außfahrt jmmer abhaspeln biß man vmb den Erdtkreyß hervmb käme. 7. Feselius sagt der Himmel sey viel zu hoch/ man köndte nicht hindurch sehen. Er hat aber droben das Gegenspiel gesagt/ der Himmel sey sichtbar/ die Lufft aber durchsichtig. Er halte welches er wölle/ so sage ich wie zuvor: Der Himmel sey hoch oder nider/ so scheinen Hiijv
oder wil mans von dem Liecht verstehen/ so reychen sie biß an den obersten Stern/ oder vielmehr/ wie offt gesagt/ der Stern biß zu vns herunter. Sondern es wirdt dasselbige von der Parallaxi, das ist von dem jenigen Jnstrument verstanden/ das vns Gott selbst am dritten Tag praeparirt/ nemlich von der Erdkugel/ die spüret man nit weyter/ als kümmerlich vnd bößlich biß zu der Sonnen/ hernach verschwindet sie gar. Mit dieser Kugel Diametro, vnd nicht mit einem Geometrischen Jnstrument/ misset man doch schwehrlich biß zur Sonnen/ also daß man mit der Anzahl diametrorum terrae, bey nahe vmb das halbe theil im zweiffel stehen muß. Hernach ist das maaß gar zu klein: man misset aber was zu messen ist/ nemlich nicht den Lauff der Sonnen vnd der Erden. Dann was den motum Solis, oder auch octauae sphaerae anlanget/ da misset man jhn nicht mit dem Diametro terrae, sondern mit den Augen/ vnd also mit den Instrumentis, die auff die Augen gerichtet seynd. Vrsach/ die himmlische Läuffe seynd Circularisch/ kehren wider in die alten Fußstapffen/ derowegen so haben sie auch ein centrum wie ein circulus. Nun ist potentialiter der gantze circulus im centro, vnnd in einem jeden Puncten jnnerhalb deß circuli : welche potentia circularis in deß Menschen Aug/ hernach außgewickelt vnd expliciert wirdt/ mit einem Geometrischen Jnstrument. Jst also nicht vonnöhten/ daß Feselius auß heyliger Schrifft erweise/ Jerem. 31. daß man den Himmel nicht messen köndte/ so auch die Erde. Dann ob wol die Geographia keines wegs falsch/ sondern warhafftig zwey Ziel mögen gesetzt werden im reden vnd schreiben/ da sich die Grösse deß Erdtbodens zwischen jnnen hält: so müste es doch eine sehr grosse Armada voller Faden seyn/ wann man wolte die Schnur zu Lisabon am Portu anknüpffen/ hernach mit der Außfahrt jmmer abhaspeln biß man vmb den Erdtkreyß hervmb käme. 7. Feselius sagt der Himmel sey viel zu hoch/ man köndte nicht hindurch sehen. Er hat aber droben das Gegenspiel gesagt/ der Himmel sey sichtbar/ die Lufft aber durchsichtig. Er halte welches er wölle/ so sage ich wie zuvor: Der Himmel sey hoch oder nider/ so scheinen Hiijv
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oder wil mans von dem Liecht verstehen/ so reychen sie biß an den obersten Stern/ oder vielmehr/ wie offt gesagt/ der Stern biß zu vns herunter. Sondern es wirdt dasselbige von der Parallaxi, das ist von dem jenigen Jnstrument verstanden/ das vns Gott selbst am dritten Tag praeparirt/ nemlich von der Erdkugel/ die spüret man nit weyter/ als kümmerlich vnd bößlich biß zu der Sonnen/ hernach verschwindet sie gar. Mit dieser Kugel Diametro, vnd nicht mit einem Geometrischen Jnstrument/ misset man doch schwehrlich biß zur Sonnen/ also daß man mit der Anzahl diametrorum terrae, bey nahe vmb das halbe theil im zweiffel stehen muß. Hernach ist das maaß gar zu klein: man misset aber was zu messen ist/ nemlich nicht den Lauff der Sonnen vnd der Erden. Dann was den motum Solis, oder auch octauae sphaerae anlanget/ da misset man jhn nicht mit dem Diametro terrae, sondern mit den Augen/ vnd also mit den Instrumentis, die auff die Augen gerichtet seynd. Vrsach/ die himmlische Läuffe seynd Circularisch/ kehren wider in die alten Fußstapffen/ derowegen so haben sie auch ein centrum wie ein circulus. Nun ist potentialiter der gantze circulus im centro, vnnd in einem jeden Puncten jnnerhalb deß circuli : welche potentia circularis in deß Menschen Aug/ hernach außgewickelt vnd expliciert wirdt/ mit einem Geometrischen Jnstrument.
Jst also nicht vonnöhten/ daß Feselius auß heyliger Schrifft erweise/ Jerem. 31. daß man den Himmel nicht messen köndte/ so auch die Erde. Dann ob wol die Geographia keines wegs falsch/ sondern warhafftig zwey Ziel mögen gesetzt werden im reden vnd schreiben/ da sich die Grösse deß Erdtbodens zwischen jnnen hält: so müste es doch eine sehr grosse Armada voller Faden seyn/ wann man wolte die Schnur zu Lisabon am Portu anknüpffen/ hernach mit der Außfahrt jmmer abhaspeln biß man vmb den Erdtkreyß hervmb käme.
7. Feselius sagt der Himmel sey viel zu hoch/ man köndte nicht hindurch sehen. Er hat aber droben das Gegenspiel gesagt/ der Himmel sey sichtbar/ die Lufft aber durchsichtig. Er halte welches er wölle/ so sage ich wie zuvor: Der Himmel sey hoch oder nider/ so scheinen
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Hannah Sophia Glaum: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-11-19T13:21:53Z)
Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Signatur Nx 22 (1))
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Weitere Informationen:Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.deutschestextarchiv.de/doku/basisformat formulierten Richtlinien. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). Als Leitdruck wurde ein gescannter Ausschnitt aus Johannes Kepler: Gesammelte Werke. Band IV herangezogen. Die beim Leitdruck genannte Bibliothek ist nur eine von vielen, die dieses Buch besitzt.
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