Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610.3. Es sey auch wider alle Vernunfft. Jch hab diß D. Röslino auch abgeläugnet. Der Himmel hat eine vnerschätzliche Grösse/ der solle nach D. Feselii außrechnung dreyhundertmal tausent tausent tausent tausent tausentmal tausent Erdkugeln groß in sich begreiffen/ vnd soll in einer Minuten sechsmal hundert tausent Meilen schiessen/ da doch die so kleine Erdt in einer Minuten nicht mehr dann vier Meilen zu lauffen hat/ vnd eben das jenig verrichtet werden mag/ was durch den Lauff deß Himmels verrichtet werden soll. Diß ist ja ein vernünfftiges Fürgeben/ jenes ist vngläublich/ vnd derohalben auch vnvernünfftig. 4. Sagt Feselius, es sey auch wider die H. Schrifft. Das ist halt der Handel/ so offt D. Feselius vnd andere nit mehr wissen/ wo auß/ so kommen sie mit der H. Schrifft daher gezogen. Gleich als wann der H. Geist in der Schrifftt die Astronomiam oder Physicam lehrete/ vnd nit viel ein höhers Jntent hette/ zu welchem er nicht allein deren Wort vnd Spraach/ den Menschen zuvor kundt/ sondern auch deren gemeinen popularischen Wissenschafft von natürlichen Sachen/ zu welcher die Menschen mit Augen vnd eusserlichen Sinnen gelanget/ sich gebrauchete? Wo wolte man endtlich hinauß? Köndte man doch alle scientias, vnnd sonderlich auch die Geographiam auß dem einigen Buch Job allerdings vmbstossen/ wann niemandt die Schrifft recht verstünde als allein Feselius, vnd die es mit jhme halten. Besehet nur/ wie er die Sprüche anziehe/ auß dem 93. Psalmen/ Firmauit orbem terrae, qui non commouebitur. Redet dieser Psalm von einem dogmate physico, so zeucht man jhn vergeblich auff die Beschreibung deß Reichs Christi/ vnd kan alsdann gleich so wol erstritten werden/ daß nie keinmal kein Erdtbieden nicht geschehe/ von welchem das Wort commouebitur, vnd die Gleichnuß besser lautet. Redet aber der Psalm warhafftig vom Reich Christi/ so muß es je diesen Verstandt haben/ wie im folgenden 96. Psalmen: Correxit orbem terrae, qui non commouebitur, iudicabit populos in aequitate. Er hat die Reiche der Welt zur Ruhe/ Hiiijr
3. Es sey auch wider alle Vernunfft. Jch hab diß D. Röslino auch abgeläugnet. Der Himmel hat eine vnerschätzliche Grösse/ der solle nach D. Feselii außrechnung dreyhundertmal tausent tausent tausent tausent tausentmal tausent Erdkugeln groß in sich begreiffen/ vnd soll in einer Minuten sechsmal hundert tausent Meilen schiessen/ da doch die so kleine Erdt in einer Minuten nicht mehr dann vier Meilen zu lauffen hat/ vnd eben das jenig verrichtet werden mag/ was durch den Lauff deß Himmels verrichtet werden soll. Diß ist ja ein vernünfftiges Fürgeben/ jenes ist vngläublich/ vnd derohalben auch vnvernünfftig. 4. Sagt Feselius, es sey auch wider die H. Schrifft. Das ist halt der Handel/ so offt D. Feselius vnd andere nit mehr wissen/ wo auß/ so kommen sie mit der H. Schrifft daher gezogen. Gleich als wann der H. Geist in der Schrifftt die Astronomiam oder Physicam lehrete/ vnd nit viel ein höhers Jntent hette/ zu welchem er nicht allein deren Wort vnd Spraach/ den Menschen zuvor kundt/ sondern auch deren gemeinen popularischen Wissenschafft von natürlichen Sachen/ zu welcher die Menschen mit Augen vnd eusserlichen Sinnen gelanget/ sich gebrauchete? Wo wolte man endtlich hinauß? Köndte man doch alle scientias, vnnd sonderlich auch die Geographiam auß dem einigen Buch Job allerdings vmbstossen/ wann niemandt die Schrifft recht verstünde als allein Feselius, vnd die es mit jhme halten. Besehet nur/ wie er die Sprüche anziehe/ auß dem 93. Psalmen/ Firmauit orbem terrae, qui non commouebitur. Redet dieser Psalm von einem dogmate physico, so zeucht man jhn vergeblich auff die Beschreibung deß Reichs Christi/ vnd kan alsdann gleich so wol erstritten werden/ daß nie keinmal kein Erdtbieden nicht geschehe/ von welchem das Wort commouebitur, vnd die Gleichnuß besser lautet. Redet aber der Psalm warhafftig vom Reich Christi/ so muß es je diesen Verstandt haben/ wie im folgenden 96. Psalmen: Correxit orbem terrae, qui non commouebitur, iudicabit populos in aequitate. Er hat die Reiche der Welt zur Ruhe/ Hiiijr
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3. Es sey auch wider alle Vernunfft. Jch hab diß D. Röslino auch abgeläugnet. Der Himmel hat eine vnerschätzliche Grösse/ der solle nach D. Feselii außrechnung dreyhundertmal tausent tausent tausent tausent tausentmal tausent Erdkugeln groß in sich begreiffen/ vnd soll in einer Minuten sechsmal hundert tausent Meilen schiessen/ da doch die so kleine Erdt in einer Minuten nicht mehr dann vier Meilen zu lauffen hat/ vnd eben das jenig verrichtet werden mag/ was durch den Lauff deß Himmels verrichtet werden soll. Diß ist ja ein vernünfftiges Fürgeben/ jenes ist vngläublich/ vnd derohalben auch vnvernünfftig.
4. Sagt Feselius, es sey auch wider die H. Schrifft.
Das ist halt der Handel/ so offt D. Feselius vnd andere nit mehr wissen/ wo auß/ so kommen sie mit der H. Schrifft daher gezogen. Gleich als wann der H. Geist in der Schrifftt die Astronomiam oder Physicam lehrete/ vnd nit viel ein höhers Jntent hette/ zu welchem er nicht allein deren Wort vnd Spraach/ den Menschen zuvor kundt/ sondern auch deren gemeinen popularischen Wissenschafft von natürlichen Sachen/ zu welcher die Menschen mit Augen vnd eusserlichen Sinnen gelanget/ sich gebrauchete? Wo wolte man endtlich hinauß? Köndte man doch alle scientias, vnnd sonderlich auch die Geographiam auß dem einigen Buch Job allerdings vmbstossen/ wann niemandt die Schrifft recht verstünde als allein Feselius, vnd die es mit jhme halten.
Besehet nur/ wie er die Sprüche anziehe/ auß dem 93. Psalmen/ Firmauit orbem terrae, qui non commouebitur. Redet dieser Psalm von einem dogmate physico, so zeucht man jhn vergeblich auff die Beschreibung deß Reichs Christi/ vnd kan alsdann gleich so wol erstritten werden/ daß nie keinmal kein Erdtbieden nicht geschehe/ von welchem das Wort commouebitur, vnd die Gleichnuß besser lautet. Redet aber der Psalm warhafftig vom Reich Christi/ so muß es je diesen Verstandt haben/ wie im folgenden 96. Psalmen: Correxit orbem terrae, qui non commouebitur, iudicabit populos in aequitate. Er hat die Reiche der Welt zur Ruhe/
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Zitationshilfe: | Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610, S. [Hiiijr]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/82>, abgerufen am 16.02.2025. |