Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610.impulsiua ist zu allen diesen Handtlungen/ vnnd doch selber nichts drümb weiß: auch ex proprietate formali, diß nicht wircket/ sondern vielmehr der Mensch hierzu gewidmet/ täuglich vnnd fähig gemacht ist/ daß er diese Dinge begreiffen vnnd auch begehren möchte/ vnd diese seine Tauglichkeit oder Fähigkeit nichts anders ist als eben sein vernünfftige Seel. Ja möcht D. Feselius sprechen/ das hette mir ein Bauwer auß dem Schwartzwaldt wol gesagt/ vnd hette Keppler zu Prag schweigen mögen. Antwort: Ich habs auch nit darvmb eyngeführet/ als ob man es nur allein zu Prag wüste. Es dienet mir aber dieses zu meinem folgenden fürbringen/ dasselbige desto besser zu erklären. Dann wie hie die vernünfftige Seel deß Menschen von Gott also formirt ist/ daß sie alle diese dinge durch anschawung deß Gestirns entlich ratiocinando erkündigen/ vnd sich darnach richten kan. Also ist auch die gantze Natur dieser nidern Welt/ vnnd eines jeden Menschens Natur in sonderheit/ nemlich die facultates animae inferiores, von Gott in der ersten Erschaffung also formiert/ daß sie etliche der oberzehlten dinge/ nit durch ein sichtlich anschawen/ sondern durch ein noch zur zeit verborgenes auffmercken auff die himmlische Liechtstrahlen in demselbigen Augenblick/ ohn alle ratiocination oder Gebrauch einiger muhtmassung (welche allein der Vernunfft angehören) begreiffen/ vnd sich darüber erfreuwen/ stärcken/ muhtig vnd geschäfftig machen kan: Da dann diese himmlische sachen der Natur/ welche diese niedere Welt durchgehet/ vnd eines jeden Menschens in sonderheit eygner Natur ein obiectum werden/ vnd in Form eines obiecti dieselbige impellire vnd vervrsache/ dem jenigen Werck desto stärcker obzuligen/ welches Gott derselben in der ersten Erschaffung ertheilet hat. Das jenige aber/ welches solche Naturen also begreiffen/ ist anfänglich die species immateriata, von den himmlischen corporibus vnd Kugeln/ es sey von jhren Liechtern/ Farben oder Leibern/ vnd dieses ist das materiale: fürs ander/ so ist es die subtilissima Geometrica concinnitas binorum inter se radiorum, seu lucis seu corporum, Kr
impulsiua ist zu allen diesen Handtlungen/ vnnd doch selber nichts drümb weiß: auch ex proprietate formali, diß nicht wircket/ sondern vielmehr der Mensch hierzu gewidmet/ täuglich vnnd fähig gemacht ist/ daß er diese Dinge begreiffen vnnd auch begehren möchte/ vnd diese seine Tauglichkeit oder Fähigkeit nichts anders ist als eben sein vernünfftige Seel. Ja möcht D. Feselius sprechen/ das hette mir ein Bauwer auß dem Schwartzwaldt wol gesagt/ vnd hette Keppler zu Prag schweigen mögen. Antwort: Ich habs auch nit darvmb eyngeführet/ als ob man es nur allein zu Prag wüste. Es dienet mir aber dieses zu meinem folgenden fürbringen/ dasselbige desto besser zu erklären. Dann wie hie die vernünfftige Seel deß Menschen von Gott also formirt ist/ daß sie alle diese dinge durch anschawung deß Gestirns entlich ratiocinando erkündigen/ vnd sich darnach richten kan. Also ist auch die gantze Natur dieser nidern Welt/ vnnd eines jeden Menschens Natur in sonderheit/ nemlich die facultates animae inferiores, von Gott in der ersten Erschaffung also formiert/ daß sie etliche der oberzehlten dinge/ nit durch ein sichtlich anschawen/ sondern durch ein noch zur zeit verborgenes auffmercken auff die himmlische Liechtstrahlen in demselbigen Augenblick/ ohn alle ratiocination oder Gebrauch einiger muhtmassung (welche allein der Vernunfft angehören) begreiffen/ vnd sich darüber erfreuwen/ stärcken/ muhtig vnd geschäfftig machen kan: Da dann diese himmlische sachen der Natur/ welche diese niedere Welt durchgehet/ vnd eines jeden Menschens in sonderheit eygner Natur ein obiectum werden/ vnd in Form eines obiecti dieselbige impellire vnd vervrsache/ dem jenigen Werck desto stärcker obzuligen/ welches Gott derselben in der ersten Erschaffung ertheilet hat. Das jenige aber/ welches solche Naturen also begreiffen/ ist anfänglich die species immateriata, von den himmlischen corporibus vnd Kugeln/ es sey von jhren Liechtern/ Farben oder Leibern/ vnd dieses ist das materiale: fürs ander/ so ist es die subtilissima Geometrica concinnitas binorum inter se radiorum, seu lucis seu corporum, Kr
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><hi rendition="#aq"><pb facs="#f0092" n="[Kr]"/> impulsiua </hi>ist zu allen diesen Handtlungen/ vnnd doch selber nichts drümb weiß: auch <hi rendition="#aq">ex proprietate formali,</hi> diß nicht wircket/ sondern vielmehr der Mensch hierzu gewidmet/ täuglich vnnd fähig gemacht ist/ daß er diese Dinge begreiffen vnnd auch begehren möchte/ vnd diese seine Tauglichkeit oder Fähigkeit nichts anders ist als eben sein vernünfftige Seel. </p> <p> Ja möcht <hi rendition="#aq">D. Feselius </hi>sprechen/ das hette mir ein Bauwer auß dem Schwartzwaldt wol gesagt/ vnd hette Keppler zu Prag schweigen mögen. </p> <p> Antwort: Ich habs auch nit darvmb eyngeführet/ als ob man es nur allein zu Prag wüste. Es dienet mir aber dieses zu meinem folgenden fürbringen/ dasselbige desto besser zu erklären. </p> <p> Dann wie hie die vernünfftige Seel deß Menschen von Gott also formirt ist/ daß sie alle diese dinge durch anschawung deß Gestirns entlich <hi rendition="#aq">ratiocinando</hi> erkündigen/ vnd sich darnach richten kan. Also ist auch die gantze Natur dieser nidern Welt/ vnnd eines jeden Menschens Natur in sonderheit/ nemlich die <hi rendition="#aq">facultates animae inferiores, </hi> von Gott in der ersten Erschaffung also formiert/ daß sie etliche der oberzehlten dinge/ nit durch ein sichtlich anschawen/ sondern durch ein noch zur zeit verborgenes auffmercken auff die himmlische Liechtstrahlen in demselbigen Augenblick/ ohn alle <hi rendition="#aq"> ratiocination</hi> oder Gebrauch einiger muhtmassung (welche allein der Vernunfft angehören) begreiffen/ vnd sich darüber erfreuwen/ stärcken/ muhtig vnd geschäfftig machen kan: Da dann diese himmlische sachen der Natur/ welche diese niedere Welt durchgehet/ vnd eines jeden Menschens in sonderheit eygner Natur ein <hi rendition="#aq">obiectum</hi> werden/ vnd in Form eines <hi rendition="#aq">obiecti </hi>dieselbige impellire vnd vervrsache/ dem jenigen Werck desto stärcker obzuligen/ welches Gott derselben in der ersten Erschaffung ertheilet hat. </p> <p> Das jenige aber/ welches solche Naturen also begreiffen/ ist anfänglich die <hi rendition="#aq">species immateriata, </hi>von den himmlischen <hi rendition="#aq">corporibus</hi> vnd Kugeln/ es sey von jhren Liechtern/ Farben oder Leibern/ vnd dieses ist das materiale: fürs ander/ so ist es die <hi rendition="#aq">subtilissima Geometrica concinnitas binorum inter se radiorum, seu lucis seu corporum, <fw type="sig" place="bottom">Kr</fw> </hi></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[Kr]/0092]
impulsiua ist zu allen diesen Handtlungen/ vnnd doch selber nichts drümb weiß: auch ex proprietate formali, diß nicht wircket/ sondern vielmehr der Mensch hierzu gewidmet/ täuglich vnnd fähig gemacht ist/ daß er diese Dinge begreiffen vnnd auch begehren möchte/ vnd diese seine Tauglichkeit oder Fähigkeit nichts anders ist als eben sein vernünfftige Seel.
Ja möcht D. Feselius sprechen/ das hette mir ein Bauwer auß dem Schwartzwaldt wol gesagt/ vnd hette Keppler zu Prag schweigen mögen.
Antwort: Ich habs auch nit darvmb eyngeführet/ als ob man es nur allein zu Prag wüste. Es dienet mir aber dieses zu meinem folgenden fürbringen/ dasselbige desto besser zu erklären.
Dann wie hie die vernünfftige Seel deß Menschen von Gott also formirt ist/ daß sie alle diese dinge durch anschawung deß Gestirns entlich ratiocinando erkündigen/ vnd sich darnach richten kan. Also ist auch die gantze Natur dieser nidern Welt/ vnnd eines jeden Menschens Natur in sonderheit/ nemlich die facultates animae inferiores, von Gott in der ersten Erschaffung also formiert/ daß sie etliche der oberzehlten dinge/ nit durch ein sichtlich anschawen/ sondern durch ein noch zur zeit verborgenes auffmercken auff die himmlische Liechtstrahlen in demselbigen Augenblick/ ohn alle ratiocination oder Gebrauch einiger muhtmassung (welche allein der Vernunfft angehören) begreiffen/ vnd sich darüber erfreuwen/ stärcken/ muhtig vnd geschäfftig machen kan: Da dann diese himmlische sachen der Natur/ welche diese niedere Welt durchgehet/ vnd eines jeden Menschens in sonderheit eygner Natur ein obiectum werden/ vnd in Form eines obiecti dieselbige impellire vnd vervrsache/ dem jenigen Werck desto stärcker obzuligen/ welches Gott derselben in der ersten Erschaffung ertheilet hat.
Das jenige aber/ welches solche Naturen also begreiffen/ ist anfänglich die species immateriata, von den himmlischen corporibus vnd Kugeln/ es sey von jhren Liechtern/ Farben oder Leibern/ vnd dieses ist das materiale: fürs ander/ so ist es die subtilissima Geometrica concinnitas binorum inter se radiorum, seu lucis seu corporum,
Kr
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/92 |
Zitationshilfe: | Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610, S. [Kr]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/92>, abgerufen am 16.02.2025. |