Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kerl, Bruno: Metallurgische Probirkunst. Leipzig, 1866.

Bild:
<< vorherige Seite

Mechanische Operationen.
solvirende, präcipitirende oder concentrirende Wirkung ausüben
sollen, geschieht entweder direct im Probirgefäss (z. B. bei An-
siedeproben) oder man mengt die Substanzen mit einem Spatel
vorher in einer blanken kupfernen Mengkapsel (Taf. VI. Fig. 126)
innig zusammen und entleert das Gemenge durch deren Schnabel in
das Probirgefäss, oder man mengt die Substanzen in einer Reib-
schale von Gusseisen, Messing, Porzellan oder Serpentin, je nach
deren Härte, reibt sie dann noch mit dem Pistill innig zusam-
men, um die Reaction zu begünstigen, und thut sie behuf be-
quemeren Entleerens der Masse ins Probirgefäss zuvor in eine
Mengkapsel. Zum Reinigen der angewandten Mengegefässe von
anhaftender Beschickungssubstanz dient ein Borstenpinsel.


Zweck.

Das Beschicken hat den Hauptzweck, durch geeignete Zu-
schläge zum Probirgut die Ausscheidung des auch im Grossen
auszubringenden Metalles zu veranlassen oder die Schlackenbil-
dung zu begünstigen oder beides zugleich. Stöchiometrische Berech-
nungen (siehe die Aequivalentgewichte in Tabelle I des Anhanges)
Theorie der
Schlackenbil-
dung.
und die Lehren von der Schlackenbildung sind dabei von
Nutzen. Die hauptsächlichsten derselben sind nachstehende 1):


onstitutiond.
Schlacken.

1) Die Schlacken bestehen aus Doppelsilicaten, Verbindungen
mehrerer einfacher Silicate, welche eine bestimmte chemische Zusam-
mensetzung haben (z. B. CaSi, Ca3Si2, Al Si, Al Si2), sich aber in
gewissen Grenzen in unbestimmten Verhältnissen vereinigen, so
dass für die ganze Schlackenzusammensetzung nicht immer eine
chemische Formel aufgestellt werden kann.


Silieirungszu-
stände.

2) Die angedeuteten Grenzen pflegen zwischen Tri- und
Subsilicaten zu liegen und lassen sich die Silicate nach dem
Verhältniss des Sauerstoffs der Kieselsäure zu dem der Basen
wie folgt classificiren, je nachdem man die Zusammensetzung
der Kieselsäure zu Si oder Si 2) annimmt:

Trisilicat . . . . R Si = R Si3 oder R2Si3 = R2Si9
Bisilicat . . . . R3Si2 = R Si2 " R Si = R Si3
Singulosilicat . R3Si = R Si " R2Si = R2Si3
Subsilicat . . . R6Si = R2Si " R4Si = R4Si3.

1) Winkler, Erfahrungssätze über Bildung der Schlacken. Freiberg
1827. -- Kerl, Handb. d. metallurg. Hüttenkunde. 2. Aufl. 1861. Bd. I. S. 810.
-- Plattner in Merbach's Anwendung der erwärmten Gebläseluft. Leipzig
1840.
2) Nach den neuesten Untersuchungen von Geuther ist der Kieselsäure
endgültig die Formel Si zu geben (Erdm., J. f. pr. Chem. Bd. 95. S. 439)

Mechanische Operationen.
solvirende, präcipitirende oder concentrirende Wirkung ausüben
sollen, geschieht entweder direct im Probirgefäss (z. B. bei An-
siedeproben) oder man mengt die Substanzen mit einem Spatel
vorher in einer blanken kupfernen Mengkapsel (Taf. VI. Fig. 126)
innig zusammen und entleert das Gemenge durch deren Schnabel in
das Probirgefäss, oder man mengt die Substanzen in einer Reib-
schale von Gusseisen, Messing, Porzellan oder Serpentin, je nach
deren Härte, reibt sie dann noch mit dem Pistill innig zusam-
men, um die Reaction zu begünstigen, und thut sie behuf be-
quemeren Entleerens der Masse ins Probirgefäss zuvor in eine
Mengkapsel. Zum Reinigen der angewandten Mengegefässe von
anhaftender Beschickungssubstanz dient ein Borstenpinsel.


Zweck.

Das Beschicken hat den Hauptzweck, durch geeignete Zu-
schläge zum Probirgut die Ausscheidung des auch im Grossen
auszubringenden Metalles zu veranlassen oder die Schlackenbil-
dung zu begünstigen oder beides zugleich. Stöchiometrische Berech-
nungen (siehe die Aequivalentgewichte in Tabelle I des Anhanges)
Theorie der
Schlackenbil-
dung.
und die Lehren von der Schlackenbildung sind dabei von
Nutzen. Die hauptsächlichsten derselben sind nachstehende 1):


onstitutiond.
Schlacken.

1) Die Schlacken bestehen aus Doppelsilicaten, Verbindungen
mehrerer einfacher Silicate, welche eine bestimmte chemische Zusam-
mensetzung haben (z. B. CaSi, Ca3Si2, Al Si, Al Si2), sich aber in
gewissen Grenzen in unbestimmten Verhältnissen vereinigen, so
dass für die ganze Schlackenzusammensetzung nicht immer eine
chemische Formel aufgestellt werden kann.


Silieirungszu-
stände.

2) Die angedeuteten Grenzen pflegen zwischen Tri- und
Subsilicaten zu liegen und lassen sich die Silicate nach dem
Verhältniss des Sauerstoffs der Kieselsäure zu dem der Basen
wie folgt classificiren, je nachdem man die Zusammensetzung
der Kieselsäure zu Si oder Si 2) annimmt:

Trisilicat . . . . R Si = R Si3 oder R2Si3 = R2Si9
Bisilicat . . . . R3Si2 = R Si2 „ R Si = R Si3
Singulosilicat . R3Si = R Si „ R2Si = R2Si3
Subsilicat . . . R6Si = R2Si „ R4Si = R4Si3.

1) Winkler, Erfahrungssätze über Bildung der Schlacken. Freiberg
1827. — Kerl, Handb. d. metallurg. Hüttenkunde. 2. Aufl. 1861. Bd. I. S. 810.
Plattner in Merbach’s Anwendung der erwärmten Gebläseluft. Leipzig
1840.
2) Nach den neuesten Untersuchungen von Geuther ist der Kieselsäure
endgültig die Formel Si zu geben (Erdm., J. f. pr. Chem. Bd. 95. S. 439)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0060" n="22"/><fw place="top" type="header">Mechanische Operationen.</fw><lb/>
solvirende, präcipitirende oder concentrirende Wirkung ausüben<lb/>
sollen, geschieht entweder direct im Probirgefäss (z. B. bei An-<lb/>
siedeproben) oder man mengt die Substanzen mit einem Spatel<lb/>
vorher in einer blanken kupfernen Mengkapsel (Taf. VI. Fig. 126)<lb/>
innig zusammen und entleert das Gemenge durch deren Schnabel in<lb/>
das Probirgefäss, oder man mengt die Substanzen in einer Reib-<lb/>
schale von Gusseisen, Messing, Porzellan oder Serpentin, je nach<lb/>
deren Härte, reibt sie dann noch mit dem Pistill innig zusam-<lb/>
men, um die Reaction zu begünstigen, und thut sie behuf be-<lb/>
quemeren Entleerens der Masse ins Probirgefäss zuvor in eine<lb/>
Mengkapsel. Zum Reinigen der angewandten Mengegefässe von<lb/>
anhaftender Beschickungssubstanz dient ein Borstenpinsel.</p><lb/>
              <note place="left">Zweck.</note>
              <p>Das Beschicken hat den Hauptzweck, durch geeignete Zu-<lb/>
schläge zum Probirgut die Ausscheidung des auch im Grossen<lb/>
auszubringenden Metalles zu veranlassen oder die Schlackenbil-<lb/>
dung zu begünstigen oder beides zugleich. Stöchiometrische Berech-<lb/>
nungen (siehe die Aequivalentgewichte in Tabelle I des Anhanges)<lb/><note place="left">Theorie der<lb/>
Schlackenbil-<lb/>
dung.</note>und die Lehren von der <hi rendition="#g">Schlackenbildung</hi> sind dabei von<lb/>
Nutzen. Die hauptsächlichsten derselben sind nachstehende <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#k">Winkler</hi>, Erfahrungssätze über Bildung der Schlacken. Freiberg<lb/>
1827. &#x2014; <hi rendition="#k">Kerl</hi>, Handb. d. metallurg. Hüttenkunde. 2. Aufl. 1861. Bd. I. S. 810.<lb/>
&#x2014; <hi rendition="#k">Plattner</hi> in <hi rendition="#k">Merbach</hi>&#x2019;s Anwendung der erwärmten Gebläseluft. Leipzig<lb/>
1840.</note>:</p><lb/>
              <note place="left">onstitutiond.<lb/>
Schlacken.</note>
              <p>1) Die Schlacken bestehen aus Doppelsilicaten, Verbindungen<lb/>
mehrerer einfacher Silicate, welche eine bestimmte chemische Zusam-<lb/>
mensetzung haben (z. B. CaSi, Ca<hi rendition="#sup">3</hi>Si<hi rendition="#sup">2</hi>, Al Si, Al Si<hi rendition="#sup">2</hi>), sich aber in<lb/>
gewissen Grenzen in unbestimmten Verhältnissen vereinigen, so<lb/>
dass für die <hi rendition="#g">ganze</hi> Schlackenzusammensetzung nicht immer eine<lb/>
chemische Formel aufgestellt werden kann.</p><lb/>
              <note place="left">Silieirungszu-<lb/>
stände.</note>
              <p>2) Die angedeuteten Grenzen pflegen zwischen <hi rendition="#g">Tri-</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Subsilicaten</hi> zu liegen und lassen sich die Silicate nach dem<lb/>
Verhältniss des Sauerstoffs der Kieselsäure zu dem der Basen<lb/>
wie folgt classificiren, je nachdem man die Zusammensetzung<lb/>
der Kieselsäure zu Si oder Si <note place="foot" n="2)">Nach den neuesten Untersuchungen von <hi rendition="#k">Geuther</hi> ist der Kieselsäure<lb/>
endgültig die Formel Si zu geben (<hi rendition="#k">Erdm</hi>., J. f. pr. Chem. Bd. 95. S. 439)</note> annimmt:</p><lb/>
              <list>
                <item>Trisilicat . . . . R Si = R Si<hi rendition="#sup">3</hi> oder R<hi rendition="#sup">2</hi>Si<hi rendition="#sup">3</hi> = R<hi rendition="#sup">2</hi>Si<hi rendition="#sup">9</hi></item><lb/>
                <item>Bisilicat . . . . R<hi rendition="#sup">3</hi>Si<hi rendition="#sup">2</hi> = R Si<hi rendition="#sup">2</hi> &#x201E; R Si = R Si<hi rendition="#sup">3</hi></item><lb/>
                <item>Singulosilicat . R<hi rendition="#sup">3</hi>Si = R Si &#x201E; R<hi rendition="#sup">2</hi>Si = R<hi rendition="#sup">2</hi>Si<hi rendition="#sup">3</hi></item><lb/>
                <item>Subsilicat . . . R<hi rendition="#sup">6</hi>Si = R<hi rendition="#sup">2</hi>Si &#x201E; R<hi rendition="#sup">4</hi>Si = R<hi rendition="#sup">4</hi>Si<hi rendition="#sup">3</hi>.</item>
              </list><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0060] Mechanische Operationen. solvirende, präcipitirende oder concentrirende Wirkung ausüben sollen, geschieht entweder direct im Probirgefäss (z. B. bei An- siedeproben) oder man mengt die Substanzen mit einem Spatel vorher in einer blanken kupfernen Mengkapsel (Taf. VI. Fig. 126) innig zusammen und entleert das Gemenge durch deren Schnabel in das Probirgefäss, oder man mengt die Substanzen in einer Reib- schale von Gusseisen, Messing, Porzellan oder Serpentin, je nach deren Härte, reibt sie dann noch mit dem Pistill innig zusam- men, um die Reaction zu begünstigen, und thut sie behuf be- quemeren Entleerens der Masse ins Probirgefäss zuvor in eine Mengkapsel. Zum Reinigen der angewandten Mengegefässe von anhaftender Beschickungssubstanz dient ein Borstenpinsel. Das Beschicken hat den Hauptzweck, durch geeignete Zu- schläge zum Probirgut die Ausscheidung des auch im Grossen auszubringenden Metalles zu veranlassen oder die Schlackenbil- dung zu begünstigen oder beides zugleich. Stöchiometrische Berech- nungen (siehe die Aequivalentgewichte in Tabelle I des Anhanges) und die Lehren von der Schlackenbildung sind dabei von Nutzen. Die hauptsächlichsten derselben sind nachstehende 1): Theorie der Schlackenbil- dung. 1) Die Schlacken bestehen aus Doppelsilicaten, Verbindungen mehrerer einfacher Silicate, welche eine bestimmte chemische Zusam- mensetzung haben (z. B. CaSi, Ca3Si2, Al Si, Al Si2), sich aber in gewissen Grenzen in unbestimmten Verhältnissen vereinigen, so dass für die ganze Schlackenzusammensetzung nicht immer eine chemische Formel aufgestellt werden kann. 2) Die angedeuteten Grenzen pflegen zwischen Tri- und Subsilicaten zu liegen und lassen sich die Silicate nach dem Verhältniss des Sauerstoffs der Kieselsäure zu dem der Basen wie folgt classificiren, je nachdem man die Zusammensetzung der Kieselsäure zu Si oder Si 2) annimmt: Trisilicat . . . . R Si = R Si3 oder R2Si3 = R2Si9 Bisilicat . . . . R3Si2 = R Si2 „ R Si = R Si3 Singulosilicat . R3Si = R Si „ R2Si = R2Si3 Subsilicat . . . R6Si = R2Si „ R4Si = R4Si3. 1) Winkler, Erfahrungssätze über Bildung der Schlacken. Freiberg 1827. — Kerl, Handb. d. metallurg. Hüttenkunde. 2. Aufl. 1861. Bd. I. S. 810. — Plattner in Merbach’s Anwendung der erwärmten Gebläseluft. Leipzig 1840. 2) Nach den neuesten Untersuchungen von Geuther ist der Kieselsäure endgültig die Formel Si zu geben (Erdm., J. f. pr. Chem. Bd. 95. S. 439)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kerl_metallurgische_1866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kerl_metallurgische_1866/60
Zitationshilfe: Kerl, Bruno: Metallurgische Probirkunst. Leipzig, 1866, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerl_metallurgische_1866/60>, abgerufen am 04.12.2024.