Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.der Anwesenden machen konnte, von ihm abgelegt, wobey der Anweſenden machen konnte, von ihm abgelegt, wobey <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0103" n="89"/> der Anweſenden machen konnte, von ihm abgelegt, wobey<lb/> es nicht zu verkennen war, daß gegen das Ende hin der<lb/> Sinn für das, was Sünde ſey, ihm mehr und mehr auf-<lb/> zugehen ſchien und er ſich deſſen, was zur Sünde gerech-<lb/> net wird, immer mehr zu verſichern ſuchte. Die Unter-<lb/> brechungen kündete die dämoniſche Stimme immer mit den<lb/> Worten an: „Ich kann nicht mehr, ich muß jetzt wieder<lb/> gehen.“ Auf dieſes erwachte die Kranke mit heftigen Kopf-<lb/> ſchmerzen und verlangte, daß man ihr die Stirn einreiben<lb/> ſolle. Der Magnetismus, der einen kurzen Schlaf herbey-<lb/> führte, beruhigte den Schmerz einigermaßen. Sobald ſie wie-<lb/> der bey ſich war, betete ſie ſtillgefaßt, und verlangte auch<lb/> von den Anweſenden, daß ſie ihr vorbeten möchten. Kam ſie<lb/> dann in den dämoniſchen Zuſtand, ſo konnte, was früher<lb/> nicht der Fall war, fortgebetet werden, ohne daß der Dämon<lb/> reagirte. Das, was der Schutzgeiſt verkündet hatte, trat<lb/> auch unfehlbar gegen zwölf Uhr Mittags ein. Der böſe<lb/> Geiſt wich, ſobald er Alles aufrichtig bekannt hatte, und<lb/> nachdem die Frau dreymal hintereinander hingeſtorben (ſchein-<lb/> todt geworden) war, mit dreymaligem heftigem Aufſtoßen und<lb/> unter lautem Blaſen von ihr. Die Kranke fühlte ſich, nachdem<lb/> der Dämon ſeine Bekenntniſſe abgelegt hatte und unter jenen<lb/> Erſcheinungen von ihr gewichen war, todtmüde und konnte<lb/> kaum die Treppe hinauf zu ihrem Bette wanken, in welchem<lb/> ſie, innerlich und äußerlich geſtärkt, erwachte und Gott für<lb/> ihre Befreiung dankte. Ein auswärtiger Arzt, der die Kranke<lb/> ſchon früher beobachtet hatte, und eben erſt eintrat, fand<lb/> ihren Puls auf merkwürdige Weiſe verändert, nämlich weich<lb/> und ruhig, während er in den vorigen Tagen hart und heftig<lb/> war. In magnetiſchen Schlaf gebracht, beſtätigte der Schutz-<lb/> geiſt die wirklich vollzogene Befreiung. Aber damit nicht zu-<lb/> frieden, wiederholte man, gegen meinen Wunſch, mehrere<lb/> Gegenproben durch Eingabe von Arzneien und Anwendung<lb/> von exorciſtiſchen Formen; allein es war von nun an auch<lb/> nicht die mindeſte Reaction mehr zu ſpüren. Man zweifelte<lb/> nun nicht länger mehr an der vollſtändig gelungenen Cur<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [89/0103]
der Anweſenden machen konnte, von ihm abgelegt, wobey
es nicht zu verkennen war, daß gegen das Ende hin der
Sinn für das, was Sünde ſey, ihm mehr und mehr auf-
zugehen ſchien und er ſich deſſen, was zur Sünde gerech-
net wird, immer mehr zu verſichern ſuchte. Die Unter-
brechungen kündete die dämoniſche Stimme immer mit den
Worten an: „Ich kann nicht mehr, ich muß jetzt wieder
gehen.“ Auf dieſes erwachte die Kranke mit heftigen Kopf-
ſchmerzen und verlangte, daß man ihr die Stirn einreiben
ſolle. Der Magnetismus, der einen kurzen Schlaf herbey-
führte, beruhigte den Schmerz einigermaßen. Sobald ſie wie-
der bey ſich war, betete ſie ſtillgefaßt, und verlangte auch
von den Anweſenden, daß ſie ihr vorbeten möchten. Kam ſie
dann in den dämoniſchen Zuſtand, ſo konnte, was früher
nicht der Fall war, fortgebetet werden, ohne daß der Dämon
reagirte. Das, was der Schutzgeiſt verkündet hatte, trat
auch unfehlbar gegen zwölf Uhr Mittags ein. Der böſe
Geiſt wich, ſobald er Alles aufrichtig bekannt hatte, und
nachdem die Frau dreymal hintereinander hingeſtorben (ſchein-
todt geworden) war, mit dreymaligem heftigem Aufſtoßen und
unter lautem Blaſen von ihr. Die Kranke fühlte ſich, nachdem
der Dämon ſeine Bekenntniſſe abgelegt hatte und unter jenen
Erſcheinungen von ihr gewichen war, todtmüde und konnte
kaum die Treppe hinauf zu ihrem Bette wanken, in welchem
ſie, innerlich und äußerlich geſtärkt, erwachte und Gott für
ihre Befreiung dankte. Ein auswärtiger Arzt, der die Kranke
ſchon früher beobachtet hatte, und eben erſt eintrat, fand
ihren Puls auf merkwürdige Weiſe verändert, nämlich weich
und ruhig, während er in den vorigen Tagen hart und heftig
war. In magnetiſchen Schlaf gebracht, beſtätigte der Schutz-
geiſt die wirklich vollzogene Befreiung. Aber damit nicht zu-
frieden, wiederholte man, gegen meinen Wunſch, mehrere
Gegenproben durch Eingabe von Arzneien und Anwendung
von exorciſtiſchen Formen; allein es war von nun an auch
nicht die mindeſte Reaction mehr zu ſpüren. Man zweifelte
nun nicht länger mehr an der vollſtändig gelungenen Cur
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