Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.wolle ihn auch verlassen, nur solle man ihm Zeit dazu lassen Am Morgen des andern Tages um acht Uhr sagte die wolle ihn auch verlaſſen, nur ſolle man ihm Zeit dazu laſſen Am Morgen des andern Tages um acht Uhr ſagte die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0102" n="88"/> wolle ihn auch verlaſſen, nur ſolle man ihm Zeit dazu laſſen<lb/> und ihm nicht ſo arg zuſetzen; (er verſtand darunter das magi-<lb/> ſche Einwirken durch Beſchwörung im Namen Jeſu) wenn man<lb/> ſich denken könnte, <hi rendition="#g">wie fürchterlich es draußen ſey</hi><lb/> (hier ſchauderte der Körper der Frau zuſammen), ſo würde<lb/> man Mitleid mit ihm haben und ihn nicht ſo drängen.“<lb/> Nachdem die Kranke wieder zu ſich gekommen war und<lb/> etwas ausgeruht hatte, wurde ſie in magnetiſchen Schlaf<lb/> gebracht, in welchem ſie ausſagte: „Ihr Schutzgeiſt beſtätige,<lb/> daß der Dämon wirklich in der Umkehr zum Beſſern begriffen<lb/> geweſen, ihm jedoch noch nicht ganz zu trauen ſey, viel-<lb/> mehr werde er noch einen, wahrſcheinlich den letzten, Verſuch<lb/> machen, ſich in ihrem Körper feſtzuhalten, dennoch ſolle<lb/> man ſchonender mit ihm umgehen, und ſie ſolle nur den<lb/> Glaubensmuth nicht verlieren.“</p><lb/> <p>Am Morgen des andern Tages um acht Uhr ſagte die<lb/> von dem Arzte wieder in magnetiſchen Schlaf gebrachte<lb/> Kranke: „Der Dämon ſey allerdings noch in ihr, aber<lb/> ſehr matt, man ſolle ihn ſanfter behandeln, denn er bereue<lb/> jetzt ernſtlich. Er werde ſie zwiſchen 11 und 12 Uhr Mit-<lb/> tags nach gelindem Widerſtand wirklich verlaſſen und kaum<lb/> je wieder zurückkehren.“ In der That wurden die von<lb/> Zeit zu Zeit eintretenden Krämpfe immer weniger heftig,<lb/> nur ſelten brach der Dämon noch in Drohungen und wi-<lb/> derſpenſtige Worte aus, Spuren der Reue zeigten ſich immer<lb/> mehr und gegen 11 Uhr erklärte er ſelber: „daß er die<lb/> Geplagte heute noch verlaſſen wolle, dieſes aber nicht ver-<lb/> möge, wenn er nicht vorher Alles, was er im Leben ge-<lb/> ſündigt habe, bekenne; denn er finde keine Ruhe und keine<lb/> Hoffnung, bis Alles an den Tag komme; ſonſt müſſe er<lb/> zurückkehren, wenn er nicht Alles bekenne. Damit er nichts<lb/> verhehle, müſſe man ihn mit Fragen unterſtützen, Alles,<lb/> was er ausſage, niederſchreiben, das Niedergeſchriebene ihm<lb/> zuweilen vorleſen und ihn beſtändig ermahnen, die Wahrheit<lb/> zu ſagen.“ Nun wurden <hi rendition="#g">die Bekenntniſſe</hi> ſtückweiſe, nicht<lb/> ſelten als Antworten auf die vorgelegten Fragen, die Jedes<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [88/0102]
wolle ihn auch verlaſſen, nur ſolle man ihm Zeit dazu laſſen
und ihm nicht ſo arg zuſetzen; (er verſtand darunter das magi-
ſche Einwirken durch Beſchwörung im Namen Jeſu) wenn man
ſich denken könnte, wie fürchterlich es draußen ſey
(hier ſchauderte der Körper der Frau zuſammen), ſo würde
man Mitleid mit ihm haben und ihn nicht ſo drängen.“
Nachdem die Kranke wieder zu ſich gekommen war und
etwas ausgeruht hatte, wurde ſie in magnetiſchen Schlaf
gebracht, in welchem ſie ausſagte: „Ihr Schutzgeiſt beſtätige,
daß der Dämon wirklich in der Umkehr zum Beſſern begriffen
geweſen, ihm jedoch noch nicht ganz zu trauen ſey, viel-
mehr werde er noch einen, wahrſcheinlich den letzten, Verſuch
machen, ſich in ihrem Körper feſtzuhalten, dennoch ſolle
man ſchonender mit ihm umgehen, und ſie ſolle nur den
Glaubensmuth nicht verlieren.“
Am Morgen des andern Tages um acht Uhr ſagte die
von dem Arzte wieder in magnetiſchen Schlaf gebrachte
Kranke: „Der Dämon ſey allerdings noch in ihr, aber
ſehr matt, man ſolle ihn ſanfter behandeln, denn er bereue
jetzt ernſtlich. Er werde ſie zwiſchen 11 und 12 Uhr Mit-
tags nach gelindem Widerſtand wirklich verlaſſen und kaum
je wieder zurückkehren.“ In der That wurden die von
Zeit zu Zeit eintretenden Krämpfe immer weniger heftig,
nur ſelten brach der Dämon noch in Drohungen und wi-
derſpenſtige Worte aus, Spuren der Reue zeigten ſich immer
mehr und gegen 11 Uhr erklärte er ſelber: „daß er die
Geplagte heute noch verlaſſen wolle, dieſes aber nicht ver-
möge, wenn er nicht vorher Alles, was er im Leben ge-
ſündigt habe, bekenne; denn er finde keine Ruhe und keine
Hoffnung, bis Alles an den Tag komme; ſonſt müſſe er
zurückkehren, wenn er nicht Alles bekenne. Damit er nichts
verhehle, müſſe man ihn mit Fragen unterſtützen, Alles,
was er ausſage, niederſchreiben, das Niedergeſchriebene ihm
zuweilen vorleſen und ihn beſtändig ermahnen, die Wahrheit
zu ſagen.“ Nun wurden die Bekenntniſſe ſtückweiſe, nicht
ſelten als Antworten auf die vorgelegten Fragen, die Jedes
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