Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.dürfe, um armen Menschen damit beyzustehn? Sichtlich ver- Mehrere thatsächliche Umstände, die in den obigen Aus- v. W....m Dieß ist die genaue Beschreibung des mit eigenen Augen dürfe, um armen Menſchen damit beyzuſtehn? Sichtlich ver- Mehrere thatſächliche Umſtände, die in den obigen Aus- v. W....m Dieß iſt die genaue Beſchreibung des mit eigenen Augen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0109" n="95"/> dürfe, um armen Menſchen damit beyzuſtehn? Sichtlich ver-<lb/> wundert über eine ſolche Frage, antwortete ſie ſchnell: „Wie<lb/> dürfte man ſo etwas thun? geſtohlen iſt geſtohlen, mag<lb/> man das entwendete Gut auch anwenden wie man will.“</p><lb/> <p>Mehrere thatſächliche Umſtände, die in den obigen Aus-<lb/> ſagen und Bekenntniſſen berührt wurden, ſind bereits verifizirt,<lb/> andere werden zu Gegenſtänden weiterer Nachforſchung ge-<lb/> macht werden. Ich aber mußte in der Nacht abreiſen,<lb/> und nahm den vollen Wunſch mit mir, den weitern Verfolg<lb/> dieſer zum ernſten Nachdenken auffordernden Geſchichte, ſo<lb/> wie etwaige Erklärungsverſuche derſelben, zu vernehmen.</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">v. W....m</hi> </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Dieß iſt die genaue Beſchreibung des mit eigenen Augen<lb/> prüfenden Freundes, zu der ich nichts hinzuzuſetzen weiß.<lb/> Er ſchied mit dem vollen Glauben von uns, daß dem Weibe<lb/> geholfen ſey, und wir Alle theilten die gleiche Hoffnung mit<lb/> ihm. Aber kaum waren wenige Tage vergangen, während<lb/> welchen jede dämoniſche Spur verſchwunden ſchien, ſo fing<lb/> der alte Jammer wieder an und alle die früheren Zufälle<lb/> kehrten in ihrer furchtbaren Geſtalt zurück. Das Weib,<lb/> als ſie dieſes aufs neue in ſich fühlte, war aufs äußerſte<lb/> niedergeſchlagen, weinte bitterlich und jammerte beſtändig.<lb/> Wir Alle mußten glauben, daß die Austreibung, obgleich<lb/> ſie unter den ſonſt gewöhnlichen Zeichen geſchah, vergeblich<lb/> war, und daß das gleiche böſe Weſen noch feſt ſitze und<lb/> ſein ſelbſt verkündeter Abſchied nur Verſtellung und Lüge<lb/> ſey. Von dem Schutzgeiſt erfuhr zwar die Frau im magne-<lb/> tiſchen Zuſtand, daß der vorige Dämon wirklich ausgefahren<lb/> ſey, ſie aber ſchon wieder ein anderer beſitze; Er ſprach ihr<lb/> Troſt zu und munterte ſie auf, mit Faſten und Beten anzu-<lb/> halten, wornach dann die Hülfe nicht lange verziehen werde.<lb/> Die Frau faßte wieder Muth und befolgte Alles pünktlich,<lb/> was zu ihrem Heil diente. Eines Tages kam ſie des Morgens<lb/> von ihrem Schlafgemach herab und erzählte, daß ihr dieſe<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [95/0109]
dürfe, um armen Menſchen damit beyzuſtehn? Sichtlich ver-
wundert über eine ſolche Frage, antwortete ſie ſchnell: „Wie
dürfte man ſo etwas thun? geſtohlen iſt geſtohlen, mag
man das entwendete Gut auch anwenden wie man will.“
Mehrere thatſächliche Umſtände, die in den obigen Aus-
ſagen und Bekenntniſſen berührt wurden, ſind bereits verifizirt,
andere werden zu Gegenſtänden weiterer Nachforſchung ge-
macht werden. Ich aber mußte in der Nacht abreiſen,
und nahm den vollen Wunſch mit mir, den weitern Verfolg
dieſer zum ernſten Nachdenken auffordernden Geſchichte, ſo
wie etwaige Erklärungsverſuche derſelben, zu vernehmen.
v. W....m
Dieß iſt die genaue Beſchreibung des mit eigenen Augen
prüfenden Freundes, zu der ich nichts hinzuzuſetzen weiß.
Er ſchied mit dem vollen Glauben von uns, daß dem Weibe
geholfen ſey, und wir Alle theilten die gleiche Hoffnung mit
ihm. Aber kaum waren wenige Tage vergangen, während
welchen jede dämoniſche Spur verſchwunden ſchien, ſo fing
der alte Jammer wieder an und alle die früheren Zufälle
kehrten in ihrer furchtbaren Geſtalt zurück. Das Weib,
als ſie dieſes aufs neue in ſich fühlte, war aufs äußerſte
niedergeſchlagen, weinte bitterlich und jammerte beſtändig.
Wir Alle mußten glauben, daß die Austreibung, obgleich
ſie unter den ſonſt gewöhnlichen Zeichen geſchah, vergeblich
war, und daß das gleiche böſe Weſen noch feſt ſitze und
ſein ſelbſt verkündeter Abſchied nur Verſtellung und Lüge
ſey. Von dem Schutzgeiſt erfuhr zwar die Frau im magne-
tiſchen Zuſtand, daß der vorige Dämon wirklich ausgefahren
ſey, ſie aber ſchon wieder ein anderer beſitze; Er ſprach ihr
Troſt zu und munterte ſie auf, mit Faſten und Beten anzu-
halten, wornach dann die Hülfe nicht lange verziehen werde.
Die Frau faßte wieder Muth und befolgte Alles pünktlich,
was zu ihrem Heil diente. Eines Tages kam ſie des Morgens
von ihrem Schlafgemach herab und erzählte, daß ihr dieſe
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