Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.Nacht wie im Traume eingegeben worden sey, daß ihr ge- Ein längst erwarteter Freund, mit welchem ich über diese Den folgenden Tag wurde jedoch ein Versuch gemacht, Nacht wie im Traume eingegeben worden ſey, daß ihr ge- Ein längſt erwarteter Freund, mit welchem ich über dieſe Den folgenden Tag wurde jedoch ein Verſuch gemacht, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0110" n="96"/> Nacht wie im Traume eingegeben worden ſey, daß ihr ge-<lb/> genwärtiger Dämon der längſt verſtorbene Schmid Sch…n<lb/> aus J..m ſey.</p><lb/> <p>Ein längſt erwarteter Freund, mit welchem ich über dieſe<lb/> Geſchichte viele Briefe wechſelte, kam nun auch, um Alles<lb/> ſelbſt mit anzuſehen. Die Kranke erwartete ſehnlich Hülfe<lb/> von ihm; allein der Dämon ſprach ſogleich lachend gegen<lb/> ihn aus: „Du bringſt mich nicht hinaus, gib dir keine<lb/> Mühe, es muß ein Stärkerer ſeyn als du.“</p><lb/> <p>Den folgenden Tag wurde jedoch ein Verſuch gemacht,<lb/> nicht ſowol, den Dämon auszutreiben, als vielmehr ihn zu<lb/> Bekenntniſſen ſeiner im Leben begangenen Sünden zu brin-<lb/> gen, da aus den Vorgängen bekannt war, daß dieſe Me-<lb/> thode dem Dämon am beßten den Ausgang bereite und ihm<lb/> gleichſam mehr von Körper ablöſe. Es war ſchon viel ge-<lb/> wonnen, daß der Name des Dämons bekannt war und ſeine<lb/> Individualität nun ſelbſt zur Rede geſtellt werden konnte.<lb/> Auf jeden Befehl, der im Namen des Herrn geſchah, mußte<lb/> er jetzt antworten, und ſo hartnäckig er ſich auch ſträubte,<lb/> dieſes oder jenes zu bekennen, ſo war er doch zuletzt dazu<lb/> genöthigt. Deutlich konnte man ſehen, daß ihm die heili-<lb/> gen Namen eine Qual verurſachten, und daß er, um dieſer<lb/> los zu werden, jedesmal eine Antwort gab. Das Merk-<lb/> würdigere ſeiner Bekenntniſſe beſteht in Folgendem: „Er ſey<lb/> „ſchon länger neben dem Andern in der Frau geweſen, hätte<lb/> „ſich aber, ſo lange der Vorige herrſchte, ruhig verhalten.<lb/> „Seitdem Jener ausgefahren, ſeye er nun Meiſter ge-<lb/> „worden, und es ſeye ſeine Luſt, das Weib zu plagen.<lb/> „In ſeinem Leben habe er viel betrogen und viele Miſſe-<lb/> „thaten begangen. Noch ledig habe er ein Mädchen verführt<lb/> „und nachdem ſich dieſes als Mutter gefühlt, habe er ihm<lb/> „Gift beigebracht, wovon es ſchnell geſtorben ſey. Die That<lb/> „ſey nicht heraus gekommen, weil die Leute es für eine<lb/> „Gallenruhr erklärten. Er habe einen fürchterlichen Mein-<lb/> „eid auf ſeiner Seele, was ihn hindere, ſelig zu werden.<lb/> „Er ſeye zuletzt von J ..m nach El…n gezogen und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [96/0110]
Nacht wie im Traume eingegeben worden ſey, daß ihr ge-
genwärtiger Dämon der längſt verſtorbene Schmid Sch…n
aus J..m ſey.
Ein längſt erwarteter Freund, mit welchem ich über dieſe
Geſchichte viele Briefe wechſelte, kam nun auch, um Alles
ſelbſt mit anzuſehen. Die Kranke erwartete ſehnlich Hülfe
von ihm; allein der Dämon ſprach ſogleich lachend gegen
ihn aus: „Du bringſt mich nicht hinaus, gib dir keine
Mühe, es muß ein Stärkerer ſeyn als du.“
Den folgenden Tag wurde jedoch ein Verſuch gemacht,
nicht ſowol, den Dämon auszutreiben, als vielmehr ihn zu
Bekenntniſſen ſeiner im Leben begangenen Sünden zu brin-
gen, da aus den Vorgängen bekannt war, daß dieſe Me-
thode dem Dämon am beßten den Ausgang bereite und ihm
gleichſam mehr von Körper ablöſe. Es war ſchon viel ge-
wonnen, daß der Name des Dämons bekannt war und ſeine
Individualität nun ſelbſt zur Rede geſtellt werden konnte.
Auf jeden Befehl, der im Namen des Herrn geſchah, mußte
er jetzt antworten, und ſo hartnäckig er ſich auch ſträubte,
dieſes oder jenes zu bekennen, ſo war er doch zuletzt dazu
genöthigt. Deutlich konnte man ſehen, daß ihm die heili-
gen Namen eine Qual verurſachten, und daß er, um dieſer
los zu werden, jedesmal eine Antwort gab. Das Merk-
würdigere ſeiner Bekenntniſſe beſteht in Folgendem: „Er ſey
„ſchon länger neben dem Andern in der Frau geweſen, hätte
„ſich aber, ſo lange der Vorige herrſchte, ruhig verhalten.
„Seitdem Jener ausgefahren, ſeye er nun Meiſter ge-
„worden, und es ſeye ſeine Luſt, das Weib zu plagen.
„In ſeinem Leben habe er viel betrogen und viele Miſſe-
„thaten begangen. Noch ledig habe er ein Mädchen verführt
„und nachdem ſich dieſes als Mutter gefühlt, habe er ihm
„Gift beigebracht, wovon es ſchnell geſtorben ſey. Die That
„ſey nicht heraus gekommen, weil die Leute es für eine
„Gallenruhr erklärten. Er habe einen fürchterlichen Mein-
„eid auf ſeiner Seele, was ihn hindere, ſelig zu werden.
„Er ſeye zuletzt von J ..m nach El…n gezogen und
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