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Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.

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Rede: "O wenn ich auf die Kanzel hinauf könnte, wie wollte
ich dich propffen!" Allein auf das einige Wort: "Schweig
Teufel! laß mich im Namen Gottes reden!" mußte er ver-
stummen und konnte die ganze Predigt hindurch weiter nichts
thun, als sich aus der Besessenen fürchterlich gebehrden, das
Maul krümmen, den Kopf grimmig hin und her drehen
und über mich und diejenigen Worte, die ihn hart trafen,
ausspucken.

Nach vollendeter Predigt und gegebenem Segen vor dem
Altare, that ich diese Anrede vor den häufig versammelten
Zuhörern, unter welchen nicht wenig Fremde und auch zwey
französische Bürger waren: "Euer Lieb hab noch ein wenig
Geduld, ich habe wegen gegenwärtiger besessenen Person
noch etwas zu reden." Darüber wurde der Satan so un-
gehalten, daß er ausrief: "Nein! nein!" Ich ermahnte
herzlich Alte und Junge, besonders die Schulkinder, auf den
Knien und mit heißen Seufzern, Geschrey und Thränen,
den allmächtigen und barmherzigen Gott anzurufen: er
wolle doch um seiner Ehre willen und dem Satan und
dessen Anhang zum Spott, den Satan von der elenden
Kreatur völlig austreiben, und drohete dem Satan: "Du
hast nicht gern, wenn man den Namen Jesu im Geist und
in der Wahrheit nennt!" Dieser stieß hierüber das schreck-
liche Wort aus: "Pfui wie stinkt's!" Ich sprach zu ihm:
"Der Name Jesus, der dir stinkt und ein Geruch des ewi-
gen Höllentodtes ist, ist den Gläubigen süße und ein Geruch
des Lebens zum Leben! Höre! des Weibes Saame hat dir
den Kopf zertreten, der Sohn Gottes hat einen Triumph
aus dir gemacht und aus allen Pforten der Hölle. Die
Rechte des Herrn Jesu ist erhöhet, die Rechte des Herrn
Jesu behält den Sieg wider dich und dein Reich! Du
mußt unter der Gläubigen Füße!" Da schalt er mich vor
Jedermann: "Du erbärmlicher Kuttenträger, du hast mir
schon sechs Kameraden gestohlen! o könnt ich an dich! wie
wollt ich dir ein Klepperlein anhängen!!"


Rede: „O wenn ich auf die Kanzel hinauf könnte, wie wollte
ich dich propffen!“ Allein auf das einige Wort: „Schweig
Teufel! laß mich im Namen Gottes reden!“ mußte er ver-
ſtummen und konnte die ganze Predigt hindurch weiter nichts
thun, als ſich aus der Beſeſſenen fürchterlich gebehrden, das
Maul krümmen, den Kopf grimmig hin und her drehen
und über mich und diejenigen Worte, die ihn hart trafen,
ausſpucken.

Nach vollendeter Predigt und gegebenem Segen vor dem
Altare, that ich dieſe Anrede vor den häufig verſammelten
Zuhörern, unter welchen nicht wenig Fremde und auch zwey
franzöſiſche Bürger waren: „Euer Lieb hab noch ein wenig
Geduld, ich habe wegen gegenwärtiger beſeſſenen Perſon
noch etwas zu reden.“ Darüber wurde der Satan ſo un-
gehalten, daß er ausrief: „Nein! nein!“ Ich ermahnte
herzlich Alte und Junge, beſonders die Schulkinder, auf den
Knien und mit heißen Seufzern, Geſchrey und Thränen,
den allmächtigen und barmherzigen Gott anzurufen: er
wolle doch um ſeiner Ehre willen und dem Satan und
deſſen Anhang zum Spott, den Satan von der elenden
Kreatur völlig austreiben, und drohete dem Satan: „Du
haſt nicht gern, wenn man den Namen Jeſu im Geiſt und
in der Wahrheit nennt!“ Dieſer ſtieß hierüber das ſchreck-
liche Wort aus: „Pfui wie ſtinkt’s!“ Ich ſprach zu ihm:
„Der Name Jeſus, der dir ſtinkt und ein Geruch des ewi-
gen Höllentodtes iſt, iſt den Gläubigen ſüße und ein Geruch
des Lebens zum Leben! Höre! des Weibes Saame hat dir
den Kopf zertreten, der Sohn Gottes hat einen Triumph
aus dir gemacht und aus allen Pforten der Hölle. Die
Rechte des Herrn Jeſu iſt erhöhet, die Rechte des Herrn
Jeſu behält den Sieg wider dich und dein Reich! Du
mußt unter der Gläubigen Füße!“ Da ſchalt er mich vor
Jedermann: „Du erbärmlicher Kuttenträger, du haſt mir
ſchon ſechs Kameraden geſtohlen! o könnt ich an dich! wie
wollt ich dir ein Klepperlein anhängen!!“


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[109/0123] Rede: „O wenn ich auf die Kanzel hinauf könnte, wie wollte ich dich propffen!“ Allein auf das einige Wort: „Schweig Teufel! laß mich im Namen Gottes reden!“ mußte er ver- ſtummen und konnte die ganze Predigt hindurch weiter nichts thun, als ſich aus der Beſeſſenen fürchterlich gebehrden, das Maul krümmen, den Kopf grimmig hin und her drehen und über mich und diejenigen Worte, die ihn hart trafen, ausſpucken. Nach vollendeter Predigt und gegebenem Segen vor dem Altare, that ich dieſe Anrede vor den häufig verſammelten Zuhörern, unter welchen nicht wenig Fremde und auch zwey franzöſiſche Bürger waren: „Euer Lieb hab noch ein wenig Geduld, ich habe wegen gegenwärtiger beſeſſenen Perſon noch etwas zu reden.“ Darüber wurde der Satan ſo un- gehalten, daß er ausrief: „Nein! nein!“ Ich ermahnte herzlich Alte und Junge, beſonders die Schulkinder, auf den Knien und mit heißen Seufzern, Geſchrey und Thränen, den allmächtigen und barmherzigen Gott anzurufen: er wolle doch um ſeiner Ehre willen und dem Satan und deſſen Anhang zum Spott, den Satan von der elenden Kreatur völlig austreiben, und drohete dem Satan: „Du haſt nicht gern, wenn man den Namen Jeſu im Geiſt und in der Wahrheit nennt!“ Dieſer ſtieß hierüber das ſchreck- liche Wort aus: „Pfui wie ſtinkt’s!“ Ich ſprach zu ihm: „Der Name Jeſus, der dir ſtinkt und ein Geruch des ewi- gen Höllentodtes iſt, iſt den Gläubigen ſüße und ein Geruch des Lebens zum Leben! Höre! des Weibes Saame hat dir den Kopf zertreten, der Sohn Gottes hat einen Triumph aus dir gemacht und aus allen Pforten der Hölle. Die Rechte des Herrn Jeſu iſt erhöhet, die Rechte des Herrn Jeſu behält den Sieg wider dich und dein Reich! Du mußt unter der Gläubigen Füße!“ Da ſchalt er mich vor Jedermann: „Du erbärmlicher Kuttenträger, du haſt mir ſchon ſechs Kameraden geſtohlen! o könnt ich an dich! wie wollt ich dir ein Klepperlein anhängen!!“

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Zitationshilfe: Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/123>, abgerufen am 21.11.2024.