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Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.

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Die vielerley Hypothesen, welche die Schriftsteller theils
aus den Protokollen und Geständnissen, theils aus den Rechts-
consilien hierüber geschöpft haben, lasse ich hier gleichfalls
zur Seite liegen, und berühre blos die Frage über die
Möglichkeit einer solchen Versetzung
.

Aus den Sätzen über die Unnatur geht hervor, daß es
über der negativen Gränze der menschlichen Ordnung We-
sen geben könne oder müsse, welche keine aus Fleisch und
Blut organisirte Leiber, sondern nur Scheinkörper haben,
die sie vermittelst der individualisirenden Lebenskraft aus
Atomen beliebig zusammensetzen und wieder auflösen kön-
nen. Diese atomistischen Körper sind von uns sinnlich nicht
wahrnehmbar, obgleich sie der Lebenskraft als Organe zu
Bewegung und Handlung eben so gut dienen, als die or-
ganisirten Körper. Diese Wesen sind die Dämonen.

Die Erscheinungen des Somnambulismus belehren uns
zur Genüge, daß Seele und Geist abwechselnd sich außer
dem Leibe versetzen und nicht nur in die Ferne sehen, son-
dern auch in die Ferne wirken und sich mittheilen können.
Bey der Seherin von Prevorst kam dieses öfters vor, und
merkwürdig ist ihre Unterscheidung hiebey, daß das Heraus-
treten des Geistes, wie bey dem Anklopfen bey Dr. Ker-
ner
, durch den festen Willen im tiefen magnetischen Zu-
stande, das Heraustreten der Seele aber, wie bey dem
Tode ihres Vaters, aus Kummer und Sehnsucht gesche-
hen sey.

Die Erklärung dieser Erscheinung beruht auf den Eigen-
schaften des Nervengeistes, welcher, als Verbindungsglied
zwischen Seele und Körper, das wirksame Agens aller Be-
wegung ist. Versetzt sich nun der Geist oder die Seele au-
ßer dem Leib, so geschieht es immer nur in Begleitung des
Nervengeistes, der als plastisches Princip, dem Willen un-
terthan, sich auf mannigfache Weise wahrnehmbar machen
kann. Nach dem Tode bleibt, nach der Seherin, der Ner-
vengeist als ätherische Hülle mit der Seele vereint, und

Die vielerley Hypotheſen, welche die Schriftſteller theils
aus den Protokollen und Geſtändniſſen, theils aus den Rechts-
conſilien hierüber geſchöpft haben, laſſe ich hier gleichfalls
zur Seite liegen, und berühre blos die Frage über die
Möglichkeit einer ſolchen Verſetzung
.

Aus den Sätzen über die Unnatur geht hervor, daß es
über der negativen Gränze der menſchlichen Ordnung We-
ſen geben könne oder müſſe, welche keine aus Fleiſch und
Blut organiſirte Leiber, ſondern nur Scheinkörper haben,
die ſie vermittelſt der individualiſirenden Lebenskraft aus
Atomen beliebig zuſammenſetzen und wieder auflöſen kön-
nen. Dieſe atomiſtiſchen Körper ſind von uns ſinnlich nicht
wahrnehmbar, obgleich ſie der Lebenskraft als Organe zu
Bewegung und Handlung eben ſo gut dienen, als die or-
ganiſirten Körper. Dieſe Weſen ſind die Dämonen.

Die Erſcheinungen des Somnambulismus belehren uns
zur Genüge, daß Seele und Geiſt abwechſelnd ſich außer
dem Leibe verſetzen und nicht nur in die Ferne ſehen, ſon-
dern auch in die Ferne wirken und ſich mittheilen können.
Bey der Seherin von Prevorſt kam dieſes öfters vor, und
merkwürdig iſt ihre Unterſcheidung hiebey, daß das Heraus-
treten des Geiſtes, wie bey dem Anklopfen bey Dr. Ker-
ner
, durch den feſten Willen im tiefen magnetiſchen Zu-
ſtande, das Heraustreten der Seele aber, wie bey dem
Tode ihres Vaters, aus Kummer und Sehnſucht geſche-
hen ſey.

Die Erklärung dieſer Erſcheinung beruht auf den Eigen-
ſchaften des Nervengeiſtes, welcher, als Verbindungsglied
zwiſchen Seele und Körper, das wirkſame Agens aller Be-
wegung iſt. Verſetzt ſich nun der Geiſt oder die Seele au-
ßer dem Leib, ſo geſchieht es immer nur in Begleitung des
Nervengeiſtes, der als plaſtiſches Princip, dem Willen un-
terthan, ſich auf mannigfache Weiſe wahrnehmbar machen
kann. Nach dem Tode bleibt, nach der Seherin, der Ner-
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[167/0181] Die vielerley Hypotheſen, welche die Schriftſteller theils aus den Protokollen und Geſtändniſſen, theils aus den Rechts- conſilien hierüber geſchöpft haben, laſſe ich hier gleichfalls zur Seite liegen, und berühre blos die Frage über die Möglichkeit einer ſolchen Verſetzung. Aus den Sätzen über die Unnatur geht hervor, daß es über der negativen Gränze der menſchlichen Ordnung We- ſen geben könne oder müſſe, welche keine aus Fleiſch und Blut organiſirte Leiber, ſondern nur Scheinkörper haben, die ſie vermittelſt der individualiſirenden Lebenskraft aus Atomen beliebig zuſammenſetzen und wieder auflöſen kön- nen. Dieſe atomiſtiſchen Körper ſind von uns ſinnlich nicht wahrnehmbar, obgleich ſie der Lebenskraft als Organe zu Bewegung und Handlung eben ſo gut dienen, als die or- ganiſirten Körper. Dieſe Weſen ſind die Dämonen. Die Erſcheinungen des Somnambulismus belehren uns zur Genüge, daß Seele und Geiſt abwechſelnd ſich außer dem Leibe verſetzen und nicht nur in die Ferne ſehen, ſon- dern auch in die Ferne wirken und ſich mittheilen können. Bey der Seherin von Prevorſt kam dieſes öfters vor, und merkwürdig iſt ihre Unterſcheidung hiebey, daß das Heraus- treten des Geiſtes, wie bey dem Anklopfen bey Dr. Ker- ner, durch den feſten Willen im tiefen magnetiſchen Zu- ſtande, das Heraustreten der Seele aber, wie bey dem Tode ihres Vaters, aus Kummer und Sehnſucht geſche- hen ſey. Die Erklärung dieſer Erſcheinung beruht auf den Eigen- ſchaften des Nervengeiſtes, welcher, als Verbindungsglied zwiſchen Seele und Körper, das wirkſame Agens aller Be- wegung iſt. Verſetzt ſich nun der Geiſt oder die Seele au- ßer dem Leib, ſo geſchieht es immer nur in Begleitung des Nervengeiſtes, der als plaſtiſches Princip, dem Willen un- terthan, ſich auf mannigfache Weiſe wahrnehmbar machen kann. Nach dem Tode bleibt, nach der Seherin, der Ner- vengeiſt als ätheriſche Hülle mit der Seele vereint, und

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Zitationshilfe: Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/181>, abgerufen am 23.11.2024.