Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.diese sich im Denken, Wollen und Handeln zusammen vermi- Sie nennen diesen Zustand der Seeleninwohnung Ibbur, Wir wollen die Möglichkeit hievon nicht läugnen. Es kann Ein Beispiel hiervon liefert in Kerners Geschichte zweier Magnetische sind in einem Zustande, der sich dem Verstorbe- dieſe ſich im Denken, Wollen und Handeln zuſammen vermi- Sie nennen dieſen Zuſtand der Seeleninwohnung Ibbur, Wir wollen die Möglichkeit hievon nicht läugnen. Es kann Ein Beiſpiel hiervon liefert in Kerners Geſchichte zweier Magnetiſche ſind in einem Zuſtande, der ſich dem Verſtorbe- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0032" n="18"/> dieſe ſich im Denken, Wollen und Handeln zuſammen vermi-<lb/> ſche; ſie glauben ſogar, daß mehrere ſolcher Seelen zugleich<lb/> in <hi rendition="#g">einem</hi> Menſchen wohnen könnten, gleich wie viele Dä-<lb/> monen in einem Beſeſſenen.</p><lb/> <p>Sie nennen dieſen Zuſtand der Seeleninwohnung <hi rendition="#g">Ibbur</hi>,<lb/> gleichſam Schwangerſchaft.</p><lb/> <p>Wir wollen die Möglichkeit hievon nicht läugnen. Es kann<lb/> eine Art von <hi rendition="#g">Ibbur</hi> ſogar zwiſchen zwey lebenden Perſonen<lb/> vorgehen.</p><lb/> <p>Ein Beiſpiel hiervon liefert in <hi rendition="#g">Kerners</hi> Geſchichte zweier<lb/> Somnambulen die erſte und merkwürdigſte derſelben. — Sie<lb/> war öfters in andern Menſchen, in ihrem Arzt, in ihrer Mutter;<lb/> ſie durchbrach als dann die Wolke (den dunkeln Stoff) ihres und<lb/> des andern Leibes. Einſt ſagte ſie zum Arzte: „Ich bin nun<lb/> ganz in dir, daß wenn du jetzt ſchnell zur Thür hinaus gin-<lb/> geſt, ſo würde es mich mein Leben koſten; denn wie ich nur all-<lb/> mählig in dich gehen konnte, ſo kann ich nur allmählig aus<lb/> dir heraus, und ich würde durch dein Hinweggehen allzu-<lb/> ſchnell von deinem Körper getrennt: denn ich bin mehr von<lb/> meinem Körper getrennt als mit ihm verbunden.“ Sie er-<lb/> klärte auch, wie es damit zugehe: „Es zieht ſich das Leben<lb/> und alles Geiſtige nur allmählig aus dem Kopfe nach der Herz-<lb/> grube, und von dieſer, wenn ich in andere Perſonen übergehe,<lb/> nur allmählig hinaus; doch bleibt immer hier noch eine<lb/> Verbindung, ſonſt könnte ich nicht wiederkehren.“ Das Außer-<lb/> ſichſeyn eines Menſchen, d. i. ſeiner Seele mit ihrem Geiſte,<lb/> außer dem Körper iſt längſt bekannt, aber hier zeigt ſich auch<lb/> die Erſcheinung ihres Seyns in einem Andern, und das iſt<lb/><hi rendition="#g">Ibbur</hi>, und mahnt auch an das Eingehen der Geiſter Ver-<lb/> ſtorbener in die Leiber noch Lebender, oder an das Beſeſſen-<lb/> werden.</p><lb/> <p>Magnetiſche ſind in einem Zuſtande, der ſich dem <choice><sic>Verſtorbe-<lb/> ner</sic><corr>Verſtorbe-<lb/> nen</corr></choice> nähert, ſie ſind halbe Geiſter, halbe Geſpenſter, und was<lb/> hier von einem Magnetiſchen halb geſchah, kann von einem<lb/> Verſtorbenen ganz und vollkommen geſchehen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [18/0032]
dieſe ſich im Denken, Wollen und Handeln zuſammen vermi-
ſche; ſie glauben ſogar, daß mehrere ſolcher Seelen zugleich
in einem Menſchen wohnen könnten, gleich wie viele Dä-
monen in einem Beſeſſenen.
Sie nennen dieſen Zuſtand der Seeleninwohnung Ibbur,
gleichſam Schwangerſchaft.
Wir wollen die Möglichkeit hievon nicht läugnen. Es kann
eine Art von Ibbur ſogar zwiſchen zwey lebenden Perſonen
vorgehen.
Ein Beiſpiel hiervon liefert in Kerners Geſchichte zweier
Somnambulen die erſte und merkwürdigſte derſelben. — Sie
war öfters in andern Menſchen, in ihrem Arzt, in ihrer Mutter;
ſie durchbrach als dann die Wolke (den dunkeln Stoff) ihres und
des andern Leibes. Einſt ſagte ſie zum Arzte: „Ich bin nun
ganz in dir, daß wenn du jetzt ſchnell zur Thür hinaus gin-
geſt, ſo würde es mich mein Leben koſten; denn wie ich nur all-
mählig in dich gehen konnte, ſo kann ich nur allmählig aus
dir heraus, und ich würde durch dein Hinweggehen allzu-
ſchnell von deinem Körper getrennt: denn ich bin mehr von
meinem Körper getrennt als mit ihm verbunden.“ Sie er-
klärte auch, wie es damit zugehe: „Es zieht ſich das Leben
und alles Geiſtige nur allmählig aus dem Kopfe nach der Herz-
grube, und von dieſer, wenn ich in andere Perſonen übergehe,
nur allmählig hinaus; doch bleibt immer hier noch eine
Verbindung, ſonſt könnte ich nicht wiederkehren.“ Das Außer-
ſichſeyn eines Menſchen, d. i. ſeiner Seele mit ihrem Geiſte,
außer dem Körper iſt längſt bekannt, aber hier zeigt ſich auch
die Erſcheinung ihres Seyns in einem Andern, und das iſt
Ibbur, und mahnt auch an das Eingehen der Geiſter Ver-
ſtorbener in die Leiber noch Lebender, oder an das Beſeſſen-
werden.
Magnetiſche ſind in einem Zuſtande, der ſich dem Verſtorbe-
nen nähert, ſie ſind halbe Geiſter, halbe Geſpenſter, und was
hier von einem Magnetiſchen halb geſchah, kann von einem
Verſtorbenen ganz und vollkommen geſchehen.
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