Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826."Leben euch, ihr alten Eichen, Im urfesten, teutschen Land! Männern, euch, in ihrem Schatten, Schwerdt' in der gestählten Hand!" "Brau's, o Meer, in Harfentönen, Singe hohen Festgesang, Daß der Hölle Macht zerschlagen, Daß des Erdballs Kette sprang!" "Was die Zeit in ihrem Laufe, Endlich auch zur Welt gebracht, Wandelte als volle Sonne Längst durch meine stille Nacht." -- Also sprach der Greis entzücket, Aber kehrte d'rauf zur Stund' Wieder in des Innern Nächte, Nimmer spricht fortan sein Mund. Doch sein Auge blicket immer Als ein himmlisch milder Stern; Treue Diener stehen wartend Um den alten, edlen Herrn. „Leben euch, ihr alten Eichen, Im urfeſten, teutſchen Land! Maͤnnern, euch, in ihrem Schatten, Schwerdt' in der geſtaͤhlten Hand!“ „Brau's, o Meer, in Harfentoͤnen, Singe hohen Feſtgeſang, Daß der Hoͤlle Macht zerſchlagen, Daß des Erdballs Kette ſprang!“ „Was die Zeit in ihrem Laufe, Endlich auch zur Welt gebracht, Wandelte als volle Sonne Laͤngſt durch meine ſtille Nacht.“ — Alſo ſprach der Greis entzuͤcket, Aber kehrte d'rauf zur Stund' Wieder in des Innern Naͤchte, Nimmer ſpricht fortan ſein Mund. Doch ſein Auge blicket immer Als ein himmliſch milder Stern; Treue Diener ſtehen wartend Um den alten, edlen Herrn. <TEI> <text> <body> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0140" n="128"/> </l> <lg n="12"> <l>„Leben euch, ihr alten Eichen,</l><lb/> <l>Im urfeſten, teutſchen Land!</l><lb/> <l>Maͤnnern, euch, in ihrem Schatten,</l><lb/> <l>Schwerdt' in der geſtaͤhlten Hand!“</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>„Brau's, o Meer, in Harfentoͤnen,</l><lb/> <l>Singe hohen Feſtgeſang,</l><lb/> <l>Daß der Hoͤlle Macht zerſchlagen,</l><lb/> <l>Daß des Erdballs Kette ſprang!“</l> </lg><lb/> <lg n="14"> <l>„Was die Zeit in ihrem Laufe,</l><lb/> <l>Endlich auch zur Welt gebracht,</l><lb/> <l>Wandelte als volle Sonne</l><lb/> <l>Laͤngſt durch meine ſtille Nacht.“ —</l> </lg><lb/> <lg n="15"> <l>Alſo ſprach der Greis entzuͤcket,</l><lb/> <l>Aber kehrte d'rauf zur Stund'</l><lb/> <l>Wieder in des Innern Naͤchte,</l><lb/> <l>Nimmer ſpricht fortan ſein Mund.</l> </lg><lb/> <lg n="16"> <l>Doch ſein Auge blicket immer</l><lb/> <l>Als ein himmliſch milder Stern;</l><lb/> <l>Treue Diener ſtehen wartend</l><lb/> <l>Um den alten, edlen Herrn.</l> </lg> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [128/0140]
„Leben euch, ihr alten Eichen,
Im urfeſten, teutſchen Land!
Maͤnnern, euch, in ihrem Schatten,
Schwerdt' in der geſtaͤhlten Hand!“
„Brau's, o Meer, in Harfentoͤnen,
Singe hohen Feſtgeſang,
Daß der Hoͤlle Macht zerſchlagen,
Daß des Erdballs Kette ſprang!“
„Was die Zeit in ihrem Laufe,
Endlich auch zur Welt gebracht,
Wandelte als volle Sonne
Laͤngſt durch meine ſtille Nacht.“ —
Alſo ſprach der Greis entzuͤcket,
Aber kehrte d'rauf zur Stund'
Wieder in des Innern Naͤchte,
Nimmer ſpricht fortan ſein Mund.
Doch ſein Auge blicket immer
Als ein himmliſch milder Stern;
Treue Diener ſtehen wartend
Um den alten, edlen Herrn.
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