Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Seh' ich eine einsame Kapelle Auf der Stelle, wo's gestanden, stehen, Tret' ich in die heilige Kapelle. Hallet lange jeder meiner Tritte Im verlassenen Gewölbe wieder; Blicken ernst und fragend mich die heil'gen Bilder an von den geweihten Wänden. Tret' ich vor den Hochaltar, zu beten. Knieest du in einem weißen Kleide Bleich auf schwarzem Teppich vor'm Altare, Lilien und Tulpen um dich her. Steht der Rosenstock zu deinen Füßen, Blüthenreich vom Lorbeer schön umwunden, Kehr' ich nie aus der Kapelle wieder. 5. Nicht im Thale der süßen Heimat, Beym Gemurmel der Silberquelle -- Bleich getragen aus dem Schlachtfeld Denk' ich dein, du süßes Leben! All' die Freunde sind gefallen,
Sollt' ich weilen hier der eine? Nein! schon naht der bleiche Bote, Der mich leitet zur süßen Heimat. J. Kerners Gedichte. 13
Seh' ich eine einſame Kapelle Auf der Stelle, wo's geſtanden, ſtehen, Tret' ich in die heilige Kapelle. Hallet lange jeder meiner Tritte Im verlaſſenen Gewoͤlbe wieder; Blicken ernſt und fragend mich die heil'gen Bilder an von den geweihten Waͤnden. Tret' ich vor den Hochaltar, zu beten. Knieeſt du in einem weißen Kleide Bleich auf ſchwarzem Teppich vor'm Altare, Lilien und Tulpen um dich her. Steht der Roſenſtock zu deinen Fuͤßen, Bluͤthenreich vom Lorbeer ſchoͤn umwunden, Kehr' ich nie aus der Kapelle wieder. 5. Nicht im Thale der ſuͤßen Heimat, Beym Gemurmel der Silberquelle — Bleich getragen aus dem Schlachtfeld Denk' ich dein, du ſuͤßes Leben! All' die Freunde ſind gefallen,
Sollt' ich weilen hier der eine? Nein! ſchon naht der bleiche Bote, Der mich leitet zur ſuͤßen Heimat. J. Kerners Gedichte. 13
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Seh' ich eine einſame Kapelle
Auf der Stelle, wo's geſtanden, ſtehen,
Tret' ich in die heilige Kapelle.
Hallet lange jeder meiner Tritte
Im verlaſſenen Gewoͤlbe wieder;
Blicken ernſt und fragend mich die heil'gen
Bilder an von den geweihten Waͤnden.
Tret' ich vor den Hochaltar, zu beten.
Knieeſt du in einem weißen Kleide
Bleich auf ſchwarzem Teppich vor'm Altare,
Lilien und Tulpen um dich her.
Steht der Roſenſtock zu deinen Fuͤßen,
Bluͤthenreich vom Lorbeer ſchoͤn umwunden,
Kehr' ich nie aus der Kapelle wieder.
5.
Nicht im Thale der ſuͤßen Heimat,
Beym Gemurmel der Silberquelle —
Bleich getragen aus dem Schlachtfeld
Denk' ich dein, du ſuͤßes Leben!
All' die Freunde ſind gefallen,
Sollt' ich weilen hier der eine?
Nein! ſchon naht der bleiche Bote,
Der mich leitet zur ſuͤßen Heimat.
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Zitationshilfe: | Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826/205>, abgerufen am 16.07.2024. |