Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Lob des Flachses. Wohl hat Sommer sich zum Kranze Manche zarte Blüth' gewoben. Aber, Flachs, dich mildste Pflanze! Muß ich doch vor allen loben. Blauen Himmel ausgestreuet Hast du über dunkle Auen, Deine milde Schönheit freuet Die gleich zart geschaffne Frauen. Weiches Grün der Stengel zieret, Blüthe trägt des Himmels Helle, Leis vom Westhauch angerühret Wogt sie sanft in blauer Welle. Ist die Blüthe Dir entfallen, Zieht man dich aus dunkler Erden, Darfst nicht mehr im Westhauch wallen Must durch Feu'r zu Silber werden. Und die Hand geschäft'ger Frauen
Rührt dich unter muntern Scherzen, Klar wie Mondschein anzuschauen Bist du theuer ihrem Herzen. J. Kerners Gedichte. 2
Lob des Flachſes. Wohl hat Sommer ſich zum Kranze Manche zarte Bluͤth' gewoben. Aber, Flachs, dich mildſte Pflanze! Muß ich doch vor allen loben. Blauen Himmel ausgeſtreuet Haſt du uͤber dunkle Auen, Deine milde Schoͤnheit freuet Die gleich zart geſchaffne Frauen. Weiches Gruͤn der Stengel zieret, Bluͤthe traͤgt des Himmels Helle, Leis vom Weſthauch angeruͤhret Wogt ſie ſanft in blauer Welle. Iſt die Bluͤthe Dir entfallen, Zieht man dich aus dunkler Erden, Darfſt nicht mehr im Weſthauch wallen Muſt durch Feu'r zu Silber werden. Und die Hand geſchaͤft'ger Frauen
Ruͤhrt dich unter muntern Scherzen, Klar wie Mondſchein anzuſchauen Biſt du theuer ihrem Herzen. J. Kerners Gedichte. 2
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Lob des Flachſes.
Wohl hat Sommer ſich zum Kranze
Manche zarte Bluͤth' gewoben.
Aber, Flachs, dich mildſte Pflanze!
Muß ich doch vor allen loben.
Blauen Himmel ausgeſtreuet
Haſt du uͤber dunkle Auen,
Deine milde Schoͤnheit freuet
Die gleich zart geſchaffne Frauen.
Weiches Gruͤn der Stengel zieret,
Bluͤthe traͤgt des Himmels Helle,
Leis vom Weſthauch angeruͤhret
Wogt ſie ſanft in blauer Welle.
Iſt die Bluͤthe Dir entfallen,
Zieht man dich aus dunkler Erden,
Darfſt nicht mehr im Weſthauch wallen
Muſt durch Feu'r zu Silber werden.
Und die Hand geſchaͤft'ger Frauen
Ruͤhrt dich unter muntern Scherzen,
Klar wie Mondſchein anzuſchauen
Biſt du theuer ihrem Herzen.
J. Kerners Gedichte. 2
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