Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Der Pilger. Auf dürrer Haide geht Ein armer Wandersmann, Kein kühlend Lüftchen weht, Das ihn erquicken kann. Er schaut Land ein, Land aus, Horcht, keine Quelle fließt, Blickt, sieht nicht Wald, noch Haus, So schattend ihn umschließt. Er kann nicht weiter gehn, Er sinkt auf's dürre Moos, -- Doch sieh! auf Bergeshöhn Erblickt er jezt ein Schloß. "O Kranker! freue dich! "Das nimmt dich gastlich auf!" Er rafft zusammen sich, Er eilt den Berg hinauf. Und als er auf den Höh'n -- Kein Schloß ersieht er mehr, Sieht eine Wolke stehn, Die bald erstirbt, wie er. Der Pilger. Auf duͤrrer Haide geht Ein armer Wandersmann, Kein kuͤhlend Luͤftchen weht, Das ihn erquicken kann. Er ſchaut Land ein, Land aus, Horcht, keine Quelle fließt, Blickt, ſieht nicht Wald, noch Haus, So ſchattend ihn umſchließt. Er kann nicht weiter gehn, Er ſinkt auf's duͤrre Moos, — Doch ſieh! auf Bergeshoͤhn Erblickt er jezt ein Schloß. „O Kranker! freue dich! „Das nimmt dich gaſtlich auf!“ Er rafft zuſammen ſich, Er eilt den Berg hinauf. Und als er auf den Hoͤh'n — Kein Schloß erſieht er mehr, Sieht eine Wolke ſtehn, Die bald erſtirbt, wie er. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0028" n="16"/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Pilger</hi>.</hi> </head><lb/> <l> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </l> <lg n="1"> <l>Auf duͤrrer Haide geht</l><lb/> <l>Ein armer Wandersmann,</l><lb/> <l>Kein kuͤhlend Luͤftchen weht,</l><lb/> <l>Das ihn erquicken kann.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Er ſchaut Land ein, Land aus,</l><lb/> <l>Horcht, keine Quelle fließt,</l><lb/> <l>Blickt, ſieht nicht Wald, noch Haus,</l><lb/> <l>So ſchattend ihn umſchließt.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Er kann nicht weiter gehn,</l><lb/> <l>Er ſinkt auf's duͤrre Moos, —</l><lb/> <l>Doch ſieh! auf Bergeshoͤhn</l><lb/> <l>Erblickt er jezt ein Schloß.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>„O Kranker! freue dich!</l><lb/> <l>„Das nimmt dich gaſtlich auf!“</l><lb/> <l>Er rafft zuſammen ſich,</l><lb/> <l>Er eilt den Berg hinauf.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Und als er auf den Hoͤh'n —</l><lb/> <l>Kein Schloß erſieht er mehr,</l><lb/> <l>Sieht eine Wolke ſtehn,</l><lb/> <l>Die bald erſtirbt, wie er.</l> </lg> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [16/0028]
Der Pilger.
Auf duͤrrer Haide geht
Ein armer Wandersmann,
Kein kuͤhlend Luͤftchen weht,
Das ihn erquicken kann.
Er ſchaut Land ein, Land aus,
Horcht, keine Quelle fließt,
Blickt, ſieht nicht Wald, noch Haus,
So ſchattend ihn umſchließt.
Er kann nicht weiter gehn,
Er ſinkt auf's duͤrre Moos, —
Doch ſieh! auf Bergeshoͤhn
Erblickt er jezt ein Schloß.
„O Kranker! freue dich!
„Das nimmt dich gaſtlich auf!“
Er rafft zuſammen ſich,
Er eilt den Berg hinauf.
Und als er auf den Hoͤh'n —
Kein Schloß erſieht er mehr,
Sieht eine Wolke ſtehn,
Die bald erſtirbt, wie er.
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