Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Wo einst in üpp'ger Pracht Olbertus Frau gelebet, Nach Weltlust nur gestrebet, Niemals an Gott gedacht, Olbertus aber trüb Und still gelebt in Schmerzen, Dem Gott geweihten Herzen Stets fremd die Uepp'ge blieb. Ich scheide, sprach er, Weib! Leb wohl und sey mein Erbe! Ich scheid', eh' ich verderbe Allhier an Seel' und Leib! Will seh'n, wie Armuth thut; Reichthum hab' ich genossen. Leb' wohl! Dir zum Genossen Verbleibt der leichte Muth! Und fröhlich legt vom Leib Er sein Gewand von Seide, Und zieht im Linnenkleide, Ein Bettler von dem Weib. Ihr Ring nur hält ihm fest
Am Finger, eng gespannet, Bleibt, wie ins Fleisch gebannet, So sehr er zieht und preßt. Wo einſt in uͤpp'ger Pracht Olbertus Frau gelebet, Nach Weltluſt nur geſtrebet, Niemals an Gott gedacht, Olbertus aber truͤb Und ſtill gelebt in Schmerzen, Dem Gott geweihten Herzen Stets fremd die Uepp'ge blieb. Ich ſcheide, ſprach er, Weib! Leb wohl und ſey mein Erbe! Ich ſcheid', eh' ich verderbe Allhier an Seel' und Leib! Will ſeh'n, wie Armuth thut; Reichthum hab' ich genoſſen. Leb' wohl! Dir zum Genoſſen Verbleibt der leichte Muth! Und froͤhlich legt vom Leib Er ſein Gewand von Seide, Und zieht im Linnenkleide, Ein Bettler von dem Weib. Ihr Ring nur haͤlt ihm feſt
Am Finger, eng geſpannet, Bleibt, wie ins Fleiſch gebannet, So ſehr er zieht und preßt. <TEI> <text> <body> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0040" n="28"/> </l> <lg n="6"> <l>Wo einſt in uͤpp'ger Pracht</l><lb/> <l rendition="#et">Olbertus Frau gelebet,</l><lb/> <l rendition="#et">Nach Weltluſt nur geſtrebet,</l><lb/> <l rendition="#et">Niemals an Gott gedacht,</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Olbertus aber truͤb</l><lb/> <l rendition="#et">Und ſtill gelebt in Schmerzen,</l><lb/> <l rendition="#et">Dem Gott geweihten Herzen</l><lb/> <l rendition="#et">Stets fremd die Uepp'ge blieb.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Ich ſcheide, ſprach er, Weib!</l><lb/> <l rendition="#et">Leb wohl und ſey mein Erbe!</l><lb/> <l rendition="#et">Ich ſcheid', eh' ich verderbe</l><lb/> <l rendition="#et">Allhier an Seel' und Leib!</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Will ſeh'n, wie Armuth thut;</l><lb/> <l rendition="#et">Reichthum hab' ich genoſſen.</l><lb/> <l rendition="#et">Leb' wohl! Dir zum Genoſſen</l><lb/> <l rendition="#et">Verbleibt der leichte Muth!</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Und froͤhlich legt vom Leib</l><lb/> <l rendition="#et">Er ſein Gewand von Seide,</l><lb/> <l rendition="#et">Und zieht im Linnenkleide,</l><lb/> <l rendition="#et">Ein Bettler von dem Weib.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Ihr Ring nur haͤlt ihm feſt</l><lb/> <l rendition="#et">Am Finger, eng geſpannet,</l><lb/> <l rendition="#et">Bleibt, wie ins Fleiſch gebannet,</l><lb/> <l rendition="#et">So ſehr er zieht und preßt.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </body> </text> </TEI> [28/0040]
Wo einſt in uͤpp'ger Pracht
Olbertus Frau gelebet,
Nach Weltluſt nur geſtrebet,
Niemals an Gott gedacht,
Olbertus aber truͤb
Und ſtill gelebt in Schmerzen,
Dem Gott geweihten Herzen
Stets fremd die Uepp'ge blieb.
Ich ſcheide, ſprach er, Weib!
Leb wohl und ſey mein Erbe!
Ich ſcheid', eh' ich verderbe
Allhier an Seel' und Leib!
Will ſeh'n, wie Armuth thut;
Reichthum hab' ich genoſſen.
Leb' wohl! Dir zum Genoſſen
Verbleibt der leichte Muth!
Und froͤhlich legt vom Leib
Er ſein Gewand von Seide,
Und zieht im Linnenkleide,
Ein Bettler von dem Weib.
Ihr Ring nur haͤlt ihm feſt
Am Finger, eng geſpannet,
Bleibt, wie ins Fleiſch gebannet,
So ſehr er zieht und preßt.
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