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Kinkel, Gottfried: Margret. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 199–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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pochenden Adern flog sie die letzte Höhe hinauf, um so rasch als möglich über die gefahrvolle Ebene hinwegzukommen die sich in glänzendem Licht vor ihr hinstreckte. Schnee und Mond ließen jeden fernen Busch in scharfem Umriß erscheinen; den einzigen dunklen Fleck bildete mitten auf der Fläche jener einzeln stehende Baum mit dem kargen Schatten seiner laublosen Aeste. Margret, nachdem sie am Waldsaum eine Minute Rast gemacht und mit scharfem Blicke sich überzeugt hatte, daß der Weg noch sicher sei, flog einem Rennthier gleich über die Schneefläche auf den Baum zu, der wohl drei Büchsenschüsse von ihr entfernt war. Hier angelangt, blickte sie von Neuem nach allen Seiten sorglich um, und - war es Täuschung? Nein, jetzt sah sie links aus dem Walde, noch weit von sich entfernt, einen schwarzen Fleck auf die Schneefläche vorrücken. Sie sprang in den Schatten des Baumes, stemmte sich, um nicht in die Kniee zu sinken, mit dem Rücken gegen den breiten Stamm und faßte mit beiden Händen den Stiel der Axt. Da mehrten sich die schwarzen Flecke auf dem Schnee und wurden größer. Deutlich erkannte sie jetzt eine große Wölfin mit zwei noch kleinen Jungen; lodernden Auges, mit weiten, kühnen Sprüngen und hochgehobenem Schweif, jagten sie genau auf der Fährte zurück, die Margret auf ihrem ersten Gange entdeckt hatte, und die ganz nahe an dem Baume vorbeiführte. Margrets Herz stand still in ihrer Brust, sie hielt den Adem an, als könnte sein leiser Zug sie verrathen.

pochenden Adern flog sie die letzte Höhe hinauf, um so rasch als möglich über die gefahrvolle Ebene hinwegzukommen die sich in glänzendem Licht vor ihr hinstreckte. Schnee und Mond ließen jeden fernen Busch in scharfem Umriß erscheinen; den einzigen dunklen Fleck bildete mitten auf der Fläche jener einzeln stehende Baum mit dem kargen Schatten seiner laublosen Aeste. Margret, nachdem sie am Waldsaum eine Minute Rast gemacht und mit scharfem Blicke sich überzeugt hatte, daß der Weg noch sicher sei, flog einem Rennthier gleich über die Schneefläche auf den Baum zu, der wohl drei Büchsenschüsse von ihr entfernt war. Hier angelangt, blickte sie von Neuem nach allen Seiten sorglich um, und – war es Täuschung? Nein, jetzt sah sie links aus dem Walde, noch weit von sich entfernt, einen schwarzen Fleck auf die Schneefläche vorrücken. Sie sprang in den Schatten des Baumes, stemmte sich, um nicht in die Kniee zu sinken, mit dem Rücken gegen den breiten Stamm und faßte mit beiden Händen den Stiel der Axt. Da mehrten sich die schwarzen Flecke auf dem Schnee und wurden größer. Deutlich erkannte sie jetzt eine große Wölfin mit zwei noch kleinen Jungen; lodernden Auges, mit weiten, kühnen Sprüngen und hochgehobenem Schweif, jagten sie genau auf der Fährte zurück, die Margret auf ihrem ersten Gange entdeckt hatte, und die ganz nahe an dem Baume vorbeiführte. Margrets Herz stand still in ihrer Brust, sie hielt den Adem an, als könnte sein leiser Zug sie verrathen.

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[0059] pochenden Adern flog sie die letzte Höhe hinauf, um so rasch als möglich über die gefahrvolle Ebene hinwegzukommen die sich in glänzendem Licht vor ihr hinstreckte. Schnee und Mond ließen jeden fernen Busch in scharfem Umriß erscheinen; den einzigen dunklen Fleck bildete mitten auf der Fläche jener einzeln stehende Baum mit dem kargen Schatten seiner laublosen Aeste. Margret, nachdem sie am Waldsaum eine Minute Rast gemacht und mit scharfem Blicke sich überzeugt hatte, daß der Weg noch sicher sei, flog einem Rennthier gleich über die Schneefläche auf den Baum zu, der wohl drei Büchsenschüsse von ihr entfernt war. Hier angelangt, blickte sie von Neuem nach allen Seiten sorglich um, und – war es Täuschung? Nein, jetzt sah sie links aus dem Walde, noch weit von sich entfernt, einen schwarzen Fleck auf die Schneefläche vorrücken. Sie sprang in den Schatten des Baumes, stemmte sich, um nicht in die Kniee zu sinken, mit dem Rücken gegen den breiten Stamm und faßte mit beiden Händen den Stiel der Axt. Da mehrten sich die schwarzen Flecke auf dem Schnee und wurden größer. Deutlich erkannte sie jetzt eine große Wölfin mit zwei noch kleinen Jungen; lodernden Auges, mit weiten, kühnen Sprüngen und hochgehobenem Schweif, jagten sie genau auf der Fährte zurück, die Margret auf ihrem ersten Gange entdeckt hatte, und die ganz nahe an dem Baume vorbeiführte. Margrets Herz stand still in ihrer Brust, sie hielt den Adem an, als könnte sein leiser Zug sie verrathen.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:40:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:40:10Z)

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Zitationshilfe: Kinkel, Gottfried: Margret. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 199–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kinkel_margret_1910/59>, abgerufen am 23.11.2024.