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Klaj, Johann: Lobrede der Teutschen Poeterey. Nürnberg, 1645.

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Lobrede.
Latein aus geputzet worden/ durch den übertrefflichen Römer Varro.
Ja/ es haben die Römer nicht allein der Teutschen Wörter/ Gebräu-
che und Sitten/ sondern auch ihre Buchstaben/ mit Hindansetzung der
Griechischen/ angenommen.

Gehe einer hin und sage/ es weren die Teutschen Buchstaben
etwan vor ein 300. Jahr ausgebrütet worden. Aventinus bezeuget/
daß unsere Vorfahren denen Persischen Gesandten an dero König
Darius einen Brief mitgegeben/ dieses Jnhalts: Die Teutschen wün-
schen dem Käiser aus Persien nichts dann Weinen/ Trauren und al-
les Vnglük/ und wollen ihm den Teufel und die Pestilentz auf den
Kopf geben.

Ja/ es schreiben die beyden Brüder Johannes und Olaus die
Grossen/ daß schon vor langer Zeit/ do der Mässel und Hammer Fe-
der und Dinten gewesen/ ehe die Lateinische Sprache geboren worden/
in dem Mitternächtischen Teutschen Reiche das Schreibwesen im
Schwang gangen/ wie solches die Klippen und Felsen annoch der Or-
ten bezeugen. Vnd dieses könte die erste Denkzeit der Teutschen Poe-
terey seyn.

Wie nun durch Käiser Karln den Grossen das Käiserthum auf
die Teutschen gebracht/ und in einer richtigen Käiserordnung/ bis auf
gegenwärtige Zeit/ erhalten worden: Also vermeine ich/ sey keine Poe-
terey (ausgenommen die Ebraeische/ so allein vor der Babylonischen
Verwirrung gebräuchlich) älter/ als welche Karl der Grosse geliebet.

Vnd wie ins gemein die Dichtkunst von den höchsten Häub-
tern der Welt geehret/ die denen Poeten/ mit Mildigkeit/ Güte und
Gnade/ allen merklichen Vorschub gethan: Also hat die Teutsche
Poeterey den Halbgöttlichen Welthelden Karln den Grossen ihren
Schutzherrn und Vater erlebet/ massen dieser Christliche Käiser/ un-
geacht der schweren Kriege/ die er alle wegen der Ehre Gottes gefüh-
ret/ sich seiner Muttersprache treulich angenommen/ eine Sprachkunst
derselben mit eigener Hand aus gefertiget/ selber Verse geschrieben/ die

alten

Lobrede.
Latein aus geputzet worden/ durch den uͤbertrefflichen Roͤmer Varro.
Ja/ es haben die Roͤmer nicht allein der Teutſchen Woͤrter/ Gebraͤu-
che und Sitten/ ſondern auch ihre Buchſtaben/ mit Hindanſetzung der
Griechiſchen/ angenommen.

Gehe einer hin und ſage/ es weren die Teutſchen Buchſtaben
etwan vor ein 300. Jahr ausgebruͤtet worden. Aventinus bezeuget/
daß unſere Vorfahren denen Perſiſchen Geſandten an dero Koͤnig
Darius einen Brief mitgegeben/ dieſes Jnhalts: Die Teutſchen wuͤn-
ſchen dem Kaͤiſer aus Perſien nichts dann Weinen/ Trauren und al-
les Vngluͤk/ und wollen ihm den Teufel und die Peſtilentz auf den
Kopf geben.

Ja/ es ſchreiben die beyden Bruͤder Johannes und Olaus die
Groſſen/ daß ſchon vor langer Zeit/ do der Maͤſſel und Hammer Fe-
der und Dinten geweſen/ ehe die Lateiniſche Sprache geboren wordẽ/
in dem Mitternaͤchtiſchen Teutſchen Reiche das Schreibweſen im
Schwang gangen/ wie ſolches die Klippen und Felſen annoch der Or-
ten bezeugen. Vnd dieſes koͤnte die erſte Denkzeit der Teutſchen Poe-
terey ſeyn.

Wie nun durch Kaͤiſer Karln den Groſſen das Kaͤiſerthum auf
die Teutſchen gebracht/ und in einer richtigen Kaͤiſerordnung/ bis auf
gegenwaͤrtige Zeit/ erhalten worden: Alſo vermeine ich/ ſey keine Poe-
terey (ausgenommen die Ebraeiſche/ ſo allein vor der Babyloniſchen
Verwirrung gebraͤuchlich) aͤlter/ als welche Karl der Groſſe geliebet.

Vnd wie ins gemein die Dichtkunſt von den hoͤchſten Haͤub-
tern der Welt geehret/ die denen Poeten/ mit Mildigkeit/ Guͤte und
Gnade/ allen merklichen Vorſchub gethan: Alſo hat die Teutſche
Poeterey den Halbgoͤttlichen Welthelden Karln den Groſſen ihren
Schutzherrn und Vater erlebet/ maſſen dieſer Chriſtliche Kaͤiſer/ un-
geacht der ſchweren Kriege/ die er alle wegen der Ehre Gottes gefuͤh-
ret/ ſich ſeiner Mutterſprache treulich angenommen/ eine Sprachkunſt
derſelben mit eigener Hand aus gefertiget/ ſelber Verſe geſchrieben/ die

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[8/0022] Lobrede. Latein aus geputzet worden/ durch den uͤbertrefflichen Roͤmer Varro. Ja/ es haben die Roͤmer nicht allein der Teutſchen Woͤrter/ Gebraͤu- che und Sitten/ ſondern auch ihre Buchſtaben/ mit Hindanſetzung der Griechiſchen/ angenommen. Gehe einer hin und ſage/ es weren die Teutſchen Buchſtaben etwan vor ein 300. Jahr ausgebruͤtet worden. Aventinus bezeuget/ daß unſere Vorfahren denen Perſiſchen Geſandten an dero Koͤnig Darius einen Brief mitgegeben/ dieſes Jnhalts: Die Teutſchen wuͤn- ſchen dem Kaͤiſer aus Perſien nichts dann Weinen/ Trauren und al- les Vngluͤk/ und wollen ihm den Teufel und die Peſtilentz auf den Kopf geben. Ja/ es ſchreiben die beyden Bruͤder Johannes und Olaus die Groſſen/ daß ſchon vor langer Zeit/ do der Maͤſſel und Hammer Fe- der und Dinten geweſen/ ehe die Lateiniſche Sprache geboren wordẽ/ in dem Mitternaͤchtiſchen Teutſchen Reiche das Schreibweſen im Schwang gangen/ wie ſolches die Klippen und Felſen annoch der Or- ten bezeugen. Vnd dieſes koͤnte die erſte Denkzeit der Teutſchen Poe- terey ſeyn. Wie nun durch Kaͤiſer Karln den Groſſen das Kaͤiſerthum auf die Teutſchen gebracht/ und in einer richtigen Kaͤiſerordnung/ bis auf gegenwaͤrtige Zeit/ erhalten worden: Alſo vermeine ich/ ſey keine Poe- terey (ausgenommen die Ebraeiſche/ ſo allein vor der Babyloniſchen Verwirrung gebraͤuchlich) aͤlter/ als welche Karl der Groſſe geliebet. Vnd wie ins gemein die Dichtkunſt von den hoͤchſten Haͤub- tern der Welt geehret/ die denen Poeten/ mit Mildigkeit/ Guͤte und Gnade/ allen merklichen Vorſchub gethan: Alſo hat die Teutſche Poeterey den Halbgoͤttlichen Welthelden Karln den Groſſen ihren Schutzherrn und Vater erlebet/ maſſen dieſer Chriſtliche Kaͤiſer/ un- geacht der ſchweren Kriege/ die er alle wegen der Ehre Gottes gefuͤh- ret/ ſich ſeiner Mutterſprache treulich angenommen/ eine Sprachkunſt derſelben mit eigener Hand aus gefertiget/ ſelber Verſe geſchrieben/ die alten

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Zitationshilfe: Klaj, Johann: Lobrede der Teutschen Poeterey. Nürnberg, 1645, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klaj_lobrede_1645/22>, abgerufen am 21.11.2024.