Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klaj, Johann: Lobrede der Teutschen Poeterey. Nürnberg, 1645.

Bild:
<< vorherige Seite
Lobrede
Weilen du/ balden die Tafel gedekt/
Bringest dein eigene Schüssel getragen/
Lächerlich ist/ so sie jrgend verstekt/
Das eivrige Suchen/
Das hungrige Pochen/
Behägliches Springen/
Das freundliche Ringen.

Vnd wie er etwan ferner schertzet.

Woraus die Meinung der Ausländer zu nichte gemachet wird/
in dem sie ihnen eingebildet/ sie hätten die Leiteren/ durch welche sie auf
die Parnassische Spitze gestiegen/ nach sich gezogen/ daß ihnen nie-
mand folgen könte.

Es haben sich die grausamen Römer treflich mausig gemacht/
daß sie in ihrer Sprache die Stimmen der Thiere nachahmen kön-
nen.

Lasset uns aber hierbey auch unser Teutsches in Acht nemen/ und
besinnen/ mit was kräftig kurtzer Ausrede/ nach Geheiß der innerlichen
Eigenschaft/ die Teutsche Sprache sich hören läst/ Sie blitzet erhitzet/
sie pralet und stralet/ sie sauset und brauset/ sie rasselt und prasselt/ sie
schlosset erbosset/ sie wittert und zittert/ sie schüttert zersplittert/ sie
brüllet und rüllet/ sie gurret und murret/ sie qwaket und kaket/ sie da-
dert und schnadert/ sie girret und kirret/ sie schwirret und schmirret/ sie
zitschert und zwitschert/ sie lispelt und wispelt/ sie zischet und knirschet/
sie klatschert und platschert/ und tausend anderen Stimmen der Natur
weis sie meisterlich nachzuahmen.

Ja/ es versichere sich ein jeglicher gewiß/ daß er in den Teutschen
Stammwörtern vernemen wird die Härte und Gelinde/ die Eile und
den Verzug/ das Hohe und das Nidrige/ ja das Sterben und das Le-
ben/ die Lust und Vnlust/ die darein gegründet ist.

Es rühret aber solche Reinigkeit/ solche Zier und Pracht

Teut-
Lobrede
Weilen du/ balden die Tafel gedekt/
Bringeſt dein eigene Schuͤſſel getragen/
Laͤcherlich iſt/ ſo ſie jrgend verſtekt/
Das eivrige Suchen/
Das hungrige Pochen/
Behaͤgliches Springen/
Das freundliche Ringen.

Vnd wie er etwan ferner ſchertzet.

Woraus die Meinung der Auslaͤnder zu nichte gemachet wird/
in dem ſie ihnen eingebildet/ ſie haͤtten die Leiteren/ durch welche ſie auf
die Parnaſſiſche Spitze geſtiegen/ nach ſich gezogen/ daß ihnen nie-
mand folgen koͤnte.

Es haben ſich die grauſamen Roͤmer treflich mauſig gemacht/
daß ſie in ihrer Sprache die Stimmen der Thiere nachahmen koͤn-
nen.

Laſſet uns aber hierbey auch unſer Teutſches in Acht nemen/ und
beſinnen/ mit was kraͤftig kurtzer Ausrede/ nach Geheiß der innerlichen
Eigenſchaft/ die Teutſche Sprache ſich hoͤren laͤſt/ Sie blitzet erhitzet/
ſie pralet und ſtralet/ ſie ſauſet und brauſet/ ſie raſſelt und praſſelt/ ſie
ſchloſſet erboſſet/ ſie wittert und zittert/ ſie ſchuͤttert zerſplittert/ ſie
bruͤllet und ruͤllet/ ſie gurret und murret/ ſie qwaket und kaket/ ſie da-
dert und ſchnadert/ ſie girret und kirret/ ſie ſchwirret und ſchmirret/ ſie
zitſchert und zwitſchert/ ſie liſpelt und wiſpelt/ ſie ziſchet und knirſchet/
ſie klatſchert und platſchert/ und tauſend anderen Stimmen der Natur
weis ſie meiſterlich nachzuahmen.

Ja/ es verſichere ſich ein jeglicher gewiß/ daß er in den Teutſchen
Stammwoͤrtern vernemen wird die Haͤrte und Gelinde/ die Eile und
den Verzug/ das Hohe und das Nidrige/ ja das Sterben und das Le-
ben/ die Luſt und Vnluſt/ die darein gegruͤndet iſt.

Es ruͤhret aber ſolche Reinigkeit/ ſolche Zier und Pracht

Teut-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0032" n="18"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Lobrede</hi> </fw><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">Weilen du/ balden die Tafel gedekt/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">Bringe&#x017F;t dein eigene Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el getragen/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">La&#x0364;cherlich i&#x017F;t/ &#x017F;o &#x017F;ie jrgend ver&#x017F;tekt/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#c">Das eivrige Suchen/</hi> </hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#c">Das hungrige Pochen/</hi> </hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#c">Beha&#x0364;gliches Springen/</hi> </hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#c">Das freundliche Ringen.</hi> </hi> </l>
        </lg><lb/>
        <p>Vnd wie er etwan ferner &#x017F;chertzet.</p><lb/>
        <p>Woraus die Meinung der Ausla&#x0364;nder zu nichte gemachet wird/<lb/>
in dem &#x017F;ie ihnen eingebildet/ &#x017F;ie ha&#x0364;tten die Leiteren/ durch welche &#x017F;ie auf<lb/>
die Parna&#x017F;&#x017F;i&#x017F;che Spitze ge&#x017F;tiegen/ nach &#x017F;ich gezogen/ daß ihnen nie-<lb/>
mand folgen ko&#x0364;nte.</p><lb/>
        <p>Es haben &#x017F;ich die grau&#x017F;amen Ro&#x0364;mer treflich mau&#x017F;ig gemacht/<lb/>
daß &#x017F;ie in ihrer Sprache die Stimmen der Thiere nachahmen ko&#x0364;n-<lb/>
nen.</p><lb/>
        <p>La&#x017F;&#x017F;et uns aber hierbey auch un&#x017F;er Teut&#x017F;ches in Acht nemen/ und<lb/>
be&#x017F;innen/ mit was kra&#x0364;ftig kurtzer Ausrede/ nach Geheiß der innerlichen<lb/>
Eigen&#x017F;chaft/ die Teut&#x017F;che Sprache &#x017F;ich ho&#x0364;ren la&#x0364;&#x017F;t/ Sie blitzet erhitzet/<lb/>
&#x017F;ie pralet und &#x017F;tralet/ &#x017F;ie &#x017F;au&#x017F;et und brau&#x017F;et/ &#x017F;ie ra&#x017F;&#x017F;elt und pra&#x017F;&#x017F;elt/ &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;et erbo&#x017F;&#x017F;et/ &#x017F;ie wittert und zittert/ &#x017F;ie &#x017F;chu&#x0364;ttert zer&#x017F;plittert/ &#x017F;ie<lb/>
bru&#x0364;llet und ru&#x0364;llet/ &#x017F;ie gurret und murret/ &#x017F;ie qwaket und kaket/ &#x017F;ie da-<lb/>
dert und &#x017F;chnadert/ &#x017F;ie girret und kirret/ &#x017F;ie &#x017F;chwirret und &#x017F;chmirret/ &#x017F;ie<lb/>
zit&#x017F;chert und zwit&#x017F;chert/ &#x017F;ie li&#x017F;pelt und wi&#x017F;pelt/ &#x017F;ie zi&#x017F;chet und knir&#x017F;chet/<lb/>
&#x017F;ie klat&#x017F;chert und plat&#x017F;chert/ und tau&#x017F;end anderen Stimmen der Natur<lb/>
weis &#x017F;ie mei&#x017F;terlich nachzuahmen.</p><lb/>
        <p>Ja/ es ver&#x017F;ichere &#x017F;ich ein jeglicher gewiß/ daß er in den Teut&#x017F;chen<lb/>
Stammwo&#x0364;rtern vernemen wird die Ha&#x0364;rte und Gelinde/ die Eile und<lb/>
den Verzug/ das Hohe und das Nidrige/ ja das Sterben und das Le-<lb/>
ben/ die Lu&#x017F;t und Vnlu&#x017F;t/ die darein gegru&#x0364;ndet i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Es ru&#x0364;hret aber &#x017F;olche Reinigkeit/ &#x017F;olche Zier und Pracht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Teut-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0032] Lobrede Weilen du/ balden die Tafel gedekt/ Bringeſt dein eigene Schuͤſſel getragen/ Laͤcherlich iſt/ ſo ſie jrgend verſtekt/ Das eivrige Suchen/ Das hungrige Pochen/ Behaͤgliches Springen/ Das freundliche Ringen. Vnd wie er etwan ferner ſchertzet. Woraus die Meinung der Auslaͤnder zu nichte gemachet wird/ in dem ſie ihnen eingebildet/ ſie haͤtten die Leiteren/ durch welche ſie auf die Parnaſſiſche Spitze geſtiegen/ nach ſich gezogen/ daß ihnen nie- mand folgen koͤnte. Es haben ſich die grauſamen Roͤmer treflich mauſig gemacht/ daß ſie in ihrer Sprache die Stimmen der Thiere nachahmen koͤn- nen. Laſſet uns aber hierbey auch unſer Teutſches in Acht nemen/ und beſinnen/ mit was kraͤftig kurtzer Ausrede/ nach Geheiß der innerlichen Eigenſchaft/ die Teutſche Sprache ſich hoͤren laͤſt/ Sie blitzet erhitzet/ ſie pralet und ſtralet/ ſie ſauſet und brauſet/ ſie raſſelt und praſſelt/ ſie ſchloſſet erboſſet/ ſie wittert und zittert/ ſie ſchuͤttert zerſplittert/ ſie bruͤllet und ruͤllet/ ſie gurret und murret/ ſie qwaket und kaket/ ſie da- dert und ſchnadert/ ſie girret und kirret/ ſie ſchwirret und ſchmirret/ ſie zitſchert und zwitſchert/ ſie liſpelt und wiſpelt/ ſie ziſchet und knirſchet/ ſie klatſchert und platſchert/ und tauſend anderen Stimmen der Natur weis ſie meiſterlich nachzuahmen. Ja/ es verſichere ſich ein jeglicher gewiß/ daß er in den Teutſchen Stammwoͤrtern vernemen wird die Haͤrte und Gelinde/ die Eile und den Verzug/ das Hohe und das Nidrige/ ja das Sterben und das Le- ben/ die Luſt und Vnluſt/ die darein gegruͤndet iſt. Es ruͤhret aber ſolche Reinigkeit/ ſolche Zier und Pracht Teut-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klaj_lobrede_1645
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klaj_lobrede_1645/32
Zitationshilfe: Klaj, Johann: Lobrede der Teutschen Poeterey. Nürnberg, 1645, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klaj_lobrede_1645/32>, abgerufen am 21.11.2024.