Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843.
pkl_092.001 §. 134. Wir können uns nicht versagen, hier die pkl_092.028
pkl_092.001 §. 134. Wir können uns nicht versagen, hier die pkl_092.028 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><hi rendition="#g"><pb facs="#f0118" n="92"/><lb n="pkl_092.001"/> Jnteressen der Menschheit</hi> verknüpfen, erzeugt. <lb n="pkl_092.002"/> Da also das <hi rendition="#g">Höhere</hi> und <hi rendition="#g">Höchste</hi> Gegenstand der <lb n="pkl_092.003"/> Ode ist, so nimmt in ihr die <hi rendition="#g">Phantasie</hi> des Dichters <lb n="pkl_092.004"/> den <hi rendition="#g">kühnsten Flug,</hi> spricht aus ihr eine auf die <lb n="pkl_092.005"/> <hi rendition="#g">höchste Potenz</hi> gesteigerte <hi rendition="#g">Begeisterung,</hi> ist in ihr <lb n="pkl_092.006"/> der <hi rendition="#g">erhabendste Schwung</hi> der <hi rendition="#g">Gedanken</hi> herrschend. <lb n="pkl_092.007"/> Natürlich muß die <hi rendition="#g">Sprache</hi> dem Fluge der <lb n="pkl_092.008"/> Phantasie folgen, der Begeisterung entsprechen und dem <lb n="pkl_092.009"/> Gedankenschwunge gemäß sein. Sie wird sich namentlich <lb n="pkl_092.010"/> durch <hi rendition="#g">Bilderreichthum</hi> und durch das <hi rendition="#g">Gewählte,</hi> <lb n="pkl_092.011"/> ja oft <hi rendition="#g">Gesuchte</hi> des <hi rendition="#g">Ausdrucks</hi> sehr von <lb n="pkl_092.012"/> der Sprache des gewöhnlichen Lebens und auch von <lb n="pkl_092.013"/> der des Liedes unterscheiden. Was den <hi rendition="#g">Rhythmus</hi> <lb n="pkl_092.014"/> angeht, so hat man sich nach <hi rendition="#g">Klopstock's</hi> Vorgange <lb n="pkl_092.015"/> vorzugsweise der <hi rendition="#g">antiken</hi> Versmaaße, zumal der <hi rendition="#g">bekanntern</hi> <lb n="pkl_092.016"/> Strophenformen derselben (§. 87 ff.) bedient. <lb n="pkl_092.017"/> Diese Formen sind so herrschend geworden, daß <lb n="pkl_092.018"/> man nicht selten <hi rendition="#g">sie</hi> als charakteristisches Merkmal angesehen <lb n="pkl_092.019"/> und jedes lyrische Gedicht mit dem Namen <lb n="pkl_092.020"/> <hi rendition="#g">Ode</hi> bedacht hat, das in solcher Form geschrieben ist. <lb n="pkl_092.021"/> Es wäre jedoch lächerlich, wenn man nur <hi rendition="#g">diese</hi> Formen <lb n="pkl_092.022"/> als der Ode angemessen erklären wollte. Auch hier <lb n="pkl_092.023"/> entscheidet weder irgend eine Autorität, noch das Herkommen, <lb n="pkl_092.024"/> sondern die <hi rendition="#g">Sache,</hi> der <hi rendition="#g">Jnhalt,</hi> und zu <lb n="pkl_092.025"/> diesem passen oft die <hi rendition="#g">reindeutschen</hi> Verse <hi rendition="#g">besser,</hi> <lb n="pkl_092.026"/> als Nachbildungen antiker.</p> <lb n="pkl_092.027"/> <p> §. 134. Wir können uns nicht versagen, hier die <lb n="pkl_092.028"/> geistreiche Charakteristik folgen zu lassen, die der Heros <lb n="pkl_092.029"/> der deutschen Literaturgeschichte, <hi rendition="#g">Gervinus,</hi> von der <lb n="pkl_092.030"/> Ode entwirft: „Die Ode ist der Culminationspunkt <lb n="pkl_092.031"/> aller lyrischen Poesie; die Spitze der musikalischen Poesie, </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [92/0118]
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Jnteressen der Menschheit verknüpfen, erzeugt. pkl_092.002
Da also das Höhere und Höchste Gegenstand der pkl_092.003
Ode ist, so nimmt in ihr die Phantasie des Dichters pkl_092.004
den kühnsten Flug, spricht aus ihr eine auf die pkl_092.005
höchste Potenz gesteigerte Begeisterung, ist in ihr pkl_092.006
der erhabendste Schwung der Gedanken herrschend. pkl_092.007
Natürlich muß die Sprache dem Fluge der pkl_092.008
Phantasie folgen, der Begeisterung entsprechen und dem pkl_092.009
Gedankenschwunge gemäß sein. Sie wird sich namentlich pkl_092.010
durch Bilderreichthum und durch das Gewählte, pkl_092.011
ja oft Gesuchte des Ausdrucks sehr von pkl_092.012
der Sprache des gewöhnlichen Lebens und auch von pkl_092.013
der des Liedes unterscheiden. Was den Rhythmus pkl_092.014
angeht, so hat man sich nach Klopstock's Vorgange pkl_092.015
vorzugsweise der antiken Versmaaße, zumal der bekanntern pkl_092.016
Strophenformen derselben (§. 87 ff.) bedient. pkl_092.017
Diese Formen sind so herrschend geworden, daß pkl_092.018
man nicht selten sie als charakteristisches Merkmal angesehen pkl_092.019
und jedes lyrische Gedicht mit dem Namen pkl_092.020
Ode bedacht hat, das in solcher Form geschrieben ist. pkl_092.021
Es wäre jedoch lächerlich, wenn man nur diese Formen pkl_092.022
als der Ode angemessen erklären wollte. Auch hier pkl_092.023
entscheidet weder irgend eine Autorität, noch das Herkommen, pkl_092.024
sondern die Sache, der Jnhalt, und zu pkl_092.025
diesem passen oft die reindeutschen Verse besser, pkl_092.026
als Nachbildungen antiker.
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§. 134. Wir können uns nicht versagen, hier die pkl_092.028
geistreiche Charakteristik folgen zu lassen, die der Heros pkl_092.029
der deutschen Literaturgeschichte, Gervinus, von der pkl_092.030
Ode entwirft: „Die Ode ist der Culminationspunkt pkl_092.031
aller lyrischen Poesie; die Spitze der musikalischen Poesie,
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