Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843.pkl_139.001 Wie das Verwandtschaftliche eine Uebereinstimmung, pkl_139.012 §. 202. Unter den noch jetzt vorhandenen Volksliedern, pkl_139.031 pkl_139.001 Wie das Verwandtschaftliche eine Uebereinstimmung, pkl_139.012 §. 202. Unter den noch jetzt vorhandenen Volksliedern, pkl_139.031 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0165" n="139"/><lb n="pkl_139.001"/> für musikalische Begleitung geeignet sein. Deshalb können <lb n="pkl_139.002"/> nur solche Verse gewählt werden, die eine musikalische <lb n="pkl_139.003"/> Behandlung zulassen; Hexameter, antike Odenversmaaße <lb n="pkl_139.004"/> u. dgl. würden ganz unpassend sein. Auch <lb n="pkl_139.005"/> ist regelmäßiger Vers- und Strophenbau ein nothwendiges <lb n="pkl_139.006"/> Erforderniß, jedoch bei der Romanze noch mehr, <lb n="pkl_139.007"/> als bei der Ballade. Ueberhaupt hat der Dichter alle <lb n="pkl_139.008"/> Mittel anzuwenden, durch welche der musikalische Charakter <lb n="pkl_139.009"/> gewinnt. Namentlich wird er sich immer mit <lb n="pkl_139.010"/> Nutzen des Reims bedienen.</p> <lb n="pkl_139.011"/> <p> Wie das Verwandtschaftliche eine Uebereinstimmung, <lb n="pkl_139.012"/> so bedingt das Abweichende in dem Wesen der Ballade <lb n="pkl_139.013"/> und Romanze auch eine <hi rendition="#g">Verschiedenheit</hi> in Darstellung <lb n="pkl_139.014"/> und Form. Für die Ballade eignen sich mehr <lb n="pkl_139.015"/> die <hi rendition="#g">jambischen</hi> und die <hi rendition="#g">jambisch-anapästischen</hi> <lb n="pkl_139.016"/> Verse (besonders die vierfüßigen und eine Abwechselung <lb n="pkl_139.017"/> von vierfüßigen und dreifüßigen) so wie der <lb n="pkl_139.018"/> <hi rendition="#g">Nibelungenvers;</hi> der Romanze dagegen sind <hi rendition="#g">trochäische</hi> <lb n="pkl_139.019"/> (vorzüglich vierfüßige trochäische) Verse angemessener. <lb n="pkl_139.020"/> Die Ballade liebt vorzugsweise den <hi rendition="#g">männlichen,</hi> <lb n="pkl_139.021"/> die Romanze mehr den <hi rendition="#g">weiblichen</hi> Reim. Die <lb n="pkl_139.022"/> Ballade, so sehr sie im Tone schwulstlos und volksthümlich <lb n="pkl_139.023"/> zu halten ist, erfordert einen größern Aufwand <lb n="pkl_139.024"/> äußerer Mittel; in ihr finden sich daher häufig neben <lb n="pkl_139.025"/> dem Endreim Annomination, Alliteration, Binnenreime <lb n="pkl_139.026"/> &c. angewendet; während die Romanze — trotz <lb n="pkl_139.027"/> ihrer gewählteren Sprache — meist in der schmuckloseren <lb n="pkl_139.028"/> Regelmäßigkeit des Liedes erscheint, zuweilen auch <lb n="pkl_139.029"/> wohl statt des Reims sich der bloßen Assonanz bedient.</p> <lb n="pkl_139.030"/> <p> §. 202. Unter den noch jetzt vorhandenen Volksliedern, <lb n="pkl_139.031"/> die seit Jahrhunderten im Munde des deutschen </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [139/0165]
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für musikalische Begleitung geeignet sein. Deshalb können pkl_139.002
nur solche Verse gewählt werden, die eine musikalische pkl_139.003
Behandlung zulassen; Hexameter, antike Odenversmaaße pkl_139.004
u. dgl. würden ganz unpassend sein. Auch pkl_139.005
ist regelmäßiger Vers- und Strophenbau ein nothwendiges pkl_139.006
Erforderniß, jedoch bei der Romanze noch mehr, pkl_139.007
als bei der Ballade. Ueberhaupt hat der Dichter alle pkl_139.008
Mittel anzuwenden, durch welche der musikalische Charakter pkl_139.009
gewinnt. Namentlich wird er sich immer mit pkl_139.010
Nutzen des Reims bedienen.
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Wie das Verwandtschaftliche eine Uebereinstimmung, pkl_139.012
so bedingt das Abweichende in dem Wesen der Ballade pkl_139.013
und Romanze auch eine Verschiedenheit in Darstellung pkl_139.014
und Form. Für die Ballade eignen sich mehr pkl_139.015
die jambischen und die jambisch-anapästischen pkl_139.016
Verse (besonders die vierfüßigen und eine Abwechselung pkl_139.017
von vierfüßigen und dreifüßigen) so wie der pkl_139.018
Nibelungenvers; der Romanze dagegen sind trochäische pkl_139.019
(vorzüglich vierfüßige trochäische) Verse angemessener. pkl_139.020
Die Ballade liebt vorzugsweise den männlichen, pkl_139.021
die Romanze mehr den weiblichen Reim. Die pkl_139.022
Ballade, so sehr sie im Tone schwulstlos und volksthümlich pkl_139.023
zu halten ist, erfordert einen größern Aufwand pkl_139.024
äußerer Mittel; in ihr finden sich daher häufig neben pkl_139.025
dem Endreim Annomination, Alliteration, Binnenreime pkl_139.026
&c. angewendet; während die Romanze — trotz pkl_139.027
ihrer gewählteren Sprache — meist in der schmuckloseren pkl_139.028
Regelmäßigkeit des Liedes erscheint, zuweilen auch pkl_139.029
wohl statt des Reims sich der bloßen Assonanz bedient.
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die seit Jahrhunderten im Munde des deutschen
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