pkl_164.001 des Worts) wird, und wir nicht wissen, ob wir die pkl_164.002 Schuld davon mehr den Schauspielern, oder den pkl_164.003 Dichtern, oder der irrationalen Größe, die man Publikumpkl_164.004 nennt, beimessen sollen -- so kann uns das pkl_164.005 doch nicht hindern, der Bühne jenen höhern Standpunkt pkl_164.006 einzuräumen. Das Theater soll unterhalten,pkl_164.007 aber auf eine den Geist weckende, bildende, erhebendepkl_164.008 Weise; die Kraft dazu liegt in ihm, denn der pkl_164.009 vollendetste Kunstgenuß, den die Poesie zu bieten pkl_164.010 vermag, läßt sich nur durch das Drama erreichen. pkl_164.011 Aber das Theater soll mehr: -- es soll bilden, es pkl_164.012 soll befruchtend und belebend und allseitig pkl_164.013 fördernd in das Rad der Kultur eingreifen -- wer pkl_164.014 wollte ihm die Befähigung dafür absprechen? Mit pkl_164.015 keiner Gattung der Poesie, als mit der dramatischen, pkl_164.016 lassen sich besondere Tendenzen so leicht und unvermerkt, pkl_164.017 so dem eigentlichen Kunstzweck unbeschadet und eben pkl_164.018 wegen der theatralischen Vorstellung so wirksam verbinden. pkl_164.019 Nur hüte sich der Dichter Tendenzen zur Schau pkl_164.020 tragen, oder den Zweck der Kunst Zwecken der Bildung pkl_164.021 unterordnen und nachstellen zu wollen, denn damit pkl_164.022 würde er nicht nur dem poetischen Gehalt seines Werkes pkl_164.023 schaden, sondern jede Wirkung von vorn herein annulliren. pkl_164.024 Die Kunst, auch die dramatische, wirkt pkl_164.025 nur durch den Reiz des Vergnügens, sie ist allein pkl_164.026 mächtig in der Freiheit. Hält das der Dichter pkl_164.027 aber immer fest im Auge, so kann er sich mittelst der pkl_164.028 Bühne große Verdienste um seine Nation erwerben. pkl_164.029 Denn von der Bühne herab lassen sich die Thorheiten pkl_164.030 und Verkehrtheiten der Zeit wirksamer geißeln, von pkl_164.031 ihr aus die Gebrechen derselben erfolgreicher heilen,
pkl_164.001 des Worts) wird, und wir nicht wissen, ob wir die pkl_164.002 Schuld davon mehr den Schauspielern, oder den pkl_164.003 Dichtern, oder der irrationalen Größe, die man Publikumpkl_164.004 nennt, beimessen sollen — so kann uns das pkl_164.005 doch nicht hindern, der Bühne jenen höhern Standpunkt pkl_164.006 einzuräumen. Das Theater soll unterhalten,pkl_164.007 aber auf eine den Geist weckende, bildende, erhebendepkl_164.008 Weise; die Kraft dazu liegt in ihm, denn der pkl_164.009 vollendetste Kunstgenuß, den die Poesie zu bieten pkl_164.010 vermag, läßt sich nur durch das Drama erreichen. pkl_164.011 Aber das Theater soll mehr: — es soll bilden, es pkl_164.012 soll befruchtend und belebend und allseitig pkl_164.013 fördernd in das Rad der Kultur eingreifen — wer pkl_164.014 wollte ihm die Befähigung dafür absprechen? Mit pkl_164.015 keiner Gattung der Poesie, als mit der dramatischen, pkl_164.016 lassen sich besondere Tendenzen so leicht und unvermerkt, pkl_164.017 so dem eigentlichen Kunstzweck unbeschadet und eben pkl_164.018 wegen der theatralischen Vorstellung so wirksam verbinden. pkl_164.019 Nur hüte sich der Dichter Tendenzen zur Schau pkl_164.020 tragen, oder den Zweck der Kunst Zwecken der Bildung pkl_164.021 unterordnen und nachstellen zu wollen, denn damit pkl_164.022 würde er nicht nur dem poetischen Gehalt seines Werkes pkl_164.023 schaden, sondern jede Wirkung von vorn herein annulliren. pkl_164.024 Die Kunst, auch die dramatische, wirkt pkl_164.025 nur durch den Reiz des Vergnügens, sie ist allein pkl_164.026 mächtig in der Freiheit. Hält das der Dichter pkl_164.027 aber immer fest im Auge, so kann er sich mittelst der pkl_164.028 Bühne große Verdienste um seine Nation erwerben. pkl_164.029 Denn von der Bühne herab lassen sich die Thorheiten pkl_164.030 und Verkehrtheiten der Zeit wirksamer geißeln, von pkl_164.031 ihr aus die Gebrechen derselben erfolgreicher heilen,
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Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleinpaul_poetik_1843/190>, abgerufen am 16.02.2025.
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