Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843.pkl_165.001 §. 226. Der äußern Form nach zerfällt jedes pkl_165.020 pkl_165.001 §. 226. Der äußern Form nach zerfällt jedes pkl_165.020 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0191" n="165"/><lb n="pkl_165.001"/> als durch Satyre und Lehrgedicht. Mehr als durch <lb n="pkl_165.002"/> Freiheitshymnen und Kriegsgesänge läßt sich mittelst <lb n="pkl_165.003"/> des Theaters auf die Vaterlandsliebe wirken. Ueberhaupt, <lb n="pkl_165.004"/> was nur Beziehung auf die <hi rendition="#g">allgemeinmenschliche <lb n="pkl_165.005"/> Bildung</hi> hat, — der Dichter darf es <lb n="pkl_165.006"/> in seinen Kreis ziehen und weiß er nur die Sache <lb n="pkl_165.007"/> recht anzugreifen, so kann er des guten Erfolgs gewiß <lb n="pkl_165.008"/> sein. Nur eine Art der Wirksamkeit wünschen wir der <lb n="pkl_165.009"/> Bühne <hi rendition="#g">nicht</hi> eingeräumt — es ist die <hi rendition="#g">religiös-moralische.</hi> <lb n="pkl_165.010"/> So verwandt oft auch die Gefühle, welche <lb n="pkl_165.011"/> ein gutes, namentlich ein gutes <hi rendition="#g">tragisches</hi> Drama <lb n="pkl_165.012"/> erzeugen kann, dem eigentlich religiösen sind, so darf <lb n="pkl_165.013"/> man deshalb doch nie dem Theater eine religiös-moralische <lb n="pkl_165.014"/> Wirksamkeit beimessen, nie das <hi rendition="#g">Schauspielhaus</hi> <lb n="pkl_165.015"/> neben die <hi rendition="#g">Kirche stellen</hi> wollen. Das verträgt <lb n="pkl_165.016"/> sich, nach unserer Meinung, so wenig mit der <hi rendition="#g">Heiligkeit</hi> <lb n="pkl_165.017"/> der <hi rendition="#g">Religion,</hi> als mit den <hi rendition="#g">Begriffen</hi> und <lb n="pkl_165.018"/> <hi rendition="#g">Zwecken</hi> der <hi rendition="#g">Kunst.</hi></p> <lb n="pkl_165.019"/> <p> §. 226. Der <hi rendition="#g">äußern Form</hi> nach zerfällt jedes <lb n="pkl_165.020"/> größere Drama in <hi rendition="#g">mehrere Akte</hi> oder <hi rendition="#g">Aufzüge</hi> <lb n="pkl_165.021"/> und diese wieder in <hi rendition="#g">Scenen</hi> oder <hi rendition="#g">Auftritte.</hi> Diese <lb n="pkl_165.022"/> Eintheilung ist einestheils ein bequemes Mittel, die <lb n="pkl_165.023"/> Lücken der Zeit und die Veränderungen des Orts bei <lb n="pkl_165.024"/> der Handlung zu verdecken, anderntheils gestattet sie <lb n="pkl_165.025"/> dem Zuschauer und dem Schauspieler passende Ruhepunkte. <lb n="pkl_165.026"/> Die Anordnung, Verbindung und Folge dieser <lb n="pkl_165.027"/> Scenen und Akte muß durch die Folge der Handlung <lb n="pkl_165.028"/> selbst begründet und gerechtfertigt scheinen. Daß der <lb n="pkl_165.029"/> Akte gerade <hi rendition="#g">fünf</hi> sein sollen, ist eine Forderung, die <lb n="pkl_165.030"/> <hi rendition="#g">Horaz</hi> so wenig, als alle, die dieselbe nach ihm stellten, <lb n="pkl_165.031"/> naturgemäß begründen konnte. Es läßt sich weiter </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [165/0191]
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als durch Satyre und Lehrgedicht. Mehr als durch pkl_165.002
Freiheitshymnen und Kriegsgesänge läßt sich mittelst pkl_165.003
des Theaters auf die Vaterlandsliebe wirken. Ueberhaupt, pkl_165.004
was nur Beziehung auf die allgemeinmenschliche pkl_165.005
Bildung hat, — der Dichter darf es pkl_165.006
in seinen Kreis ziehen und weiß er nur die Sache pkl_165.007
recht anzugreifen, so kann er des guten Erfolgs gewiß pkl_165.008
sein. Nur eine Art der Wirksamkeit wünschen wir der pkl_165.009
Bühne nicht eingeräumt — es ist die religiös-moralische. pkl_165.010
So verwandt oft auch die Gefühle, welche pkl_165.011
ein gutes, namentlich ein gutes tragisches Drama pkl_165.012
erzeugen kann, dem eigentlich religiösen sind, so darf pkl_165.013
man deshalb doch nie dem Theater eine religiös-moralische pkl_165.014
Wirksamkeit beimessen, nie das Schauspielhaus pkl_165.015
neben die Kirche stellen wollen. Das verträgt pkl_165.016
sich, nach unserer Meinung, so wenig mit der Heiligkeit pkl_165.017
der Religion, als mit den Begriffen und pkl_165.018
Zwecken der Kunst.
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§. 226. Der äußern Form nach zerfällt jedes pkl_165.020
größere Drama in mehrere Akte oder Aufzüge pkl_165.021
und diese wieder in Scenen oder Auftritte. Diese pkl_165.022
Eintheilung ist einestheils ein bequemes Mittel, die pkl_165.023
Lücken der Zeit und die Veränderungen des Orts bei pkl_165.024
der Handlung zu verdecken, anderntheils gestattet sie pkl_165.025
dem Zuschauer und dem Schauspieler passende Ruhepunkte. pkl_165.026
Die Anordnung, Verbindung und Folge dieser pkl_165.027
Scenen und Akte muß durch die Folge der Handlung pkl_165.028
selbst begründet und gerechtfertigt scheinen. Daß der pkl_165.029
Akte gerade fünf sein sollen, ist eine Forderung, die pkl_165.030
Horaz so wenig, als alle, die dieselbe nach ihm stellten, pkl_165.031
naturgemäß begründen konnte. Es läßt sich weiter
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