Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843.pkl_176.001 Je nachdem das Komische mehr in die Charaktere pkl_176.007 Bezweckt das Lustspiel, ein Gemälde der Zeit pkl_176.026 pkl_176.001 Je nachdem das Komische mehr in die Charaktere pkl_176.007 Bezweckt das Lustspiel, ein Gemälde der Zeit pkl_176.026 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0202" n="176"/><lb n="pkl_176.001"/> abgelauschter Züge den wirklichen Charakter der Handelnden <lb n="pkl_176.002"/> durchscheinen zu lassen. — Jn der Posse <lb n="pkl_176.003"/> herrscht das <hi rendition="#g">selbstbewußte</hi> oder <hi rendition="#g">eingestandene <lb n="pkl_176.004"/> Komische,</hi> im höhern Lustspiel das <hi rendition="#g">Komische der <lb n="pkl_176.005"/> Beobachtung.</hi></p> <lb n="pkl_176.006"/> <p> Je nachdem das Komische mehr in die Charaktere <lb n="pkl_176.007"/> oder in die verwickelten Lagen der Personen gelegt ist, <lb n="pkl_176.008"/> je nachdem ist das Lustspiel mehr <hi rendition="#g">Charakter-</hi> oder <lb n="pkl_176.009"/> mehr <hi rendition="#g">Jntriguenstück.</hi> „Ein gutes Lustspiel soll immer <lb n="pkl_176.010"/> beides zugleich sein, sonst fehlt es entweder an Gehalt <lb n="pkl_176.011"/> oder an Bewegung, nur freilich kann bald das eine, <lb n="pkl_176.012"/> bald das andere ein Uebergewicht haben.“ Das <hi rendition="#g">Jntriguenstück</hi> <lb n="pkl_176.013"/> entsteht, „wenn die Charaktere nur leicht <lb n="pkl_176.014"/> angedeutet sind, eben so viel als nöthig ist, um Handlungen <lb n="pkl_176.015"/> der Personen in dem und jenem Fall zu begründen, <lb n="pkl_176.016"/> wenn sich die Vorfälle so häufen und die <lb n="pkl_176.017"/> Verwickelung so auf die Spitze gestellt ist, daß sich die <lb n="pkl_176.018"/> bunte Verwirrung der Mißverständnisse und Verlegenheiten <lb n="pkl_176.019"/> in jedem Augenblicke lösen zu müssen scheint, <lb n="pkl_176.020"/> und doch der Knoten immer von neuem geschürzt wird.“ <lb n="pkl_176.021"/> Das <hi rendition="#g">Charakterstück</hi> sieht es mehr auf Entwickelung <lb n="pkl_176.022"/> der Charaktere (namentlich eines Hauptcharakters) ab <lb n="pkl_176.023"/> und sucht dieselben deshalb so zu gruppiren, daß einer <lb n="pkl_176.024"/> den andern ins Licht stellt.</p> <lb n="pkl_176.025"/> <p> Bezweckt das Lustspiel, ein <hi rendition="#g">Gemälde der Zeit</hi> <lb n="pkl_176.026"/> zu sein, stellt es insonderheit die verkehrten, thörichten <lb n="pkl_176.027"/> Richtungen derselben in ihrer Nichtigkeit und Lächerlichkeit <lb n="pkl_176.028"/> dar, so heißt es <hi rendition="#g">Sittenstück.</hi> Schließt es sich <lb n="pkl_176.029"/> dabei in Rücksicht der Charaktere und Tendenz genau <lb n="pkl_176.030"/> dem geselligen Leben der Gegenwart an, sucht es namentlich <lb n="pkl_176.031"/> den, in den Unterhaltungen der Gebildeten </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [176/0202]
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abgelauschter Züge den wirklichen Charakter der Handelnden pkl_176.002
durchscheinen zu lassen. — Jn der Posse pkl_176.003
herrscht das selbstbewußte oder eingestandene pkl_176.004
Komische, im höhern Lustspiel das Komische der pkl_176.005
Beobachtung.
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Je nachdem das Komische mehr in die Charaktere pkl_176.007
oder in die verwickelten Lagen der Personen gelegt ist, pkl_176.008
je nachdem ist das Lustspiel mehr Charakter- oder pkl_176.009
mehr Jntriguenstück. „Ein gutes Lustspiel soll immer pkl_176.010
beides zugleich sein, sonst fehlt es entweder an Gehalt pkl_176.011
oder an Bewegung, nur freilich kann bald das eine, pkl_176.012
bald das andere ein Uebergewicht haben.“ Das Jntriguenstück pkl_176.013
entsteht, „wenn die Charaktere nur leicht pkl_176.014
angedeutet sind, eben so viel als nöthig ist, um Handlungen pkl_176.015
der Personen in dem und jenem Fall zu begründen, pkl_176.016
wenn sich die Vorfälle so häufen und die pkl_176.017
Verwickelung so auf die Spitze gestellt ist, daß sich die pkl_176.018
bunte Verwirrung der Mißverständnisse und Verlegenheiten pkl_176.019
in jedem Augenblicke lösen zu müssen scheint, pkl_176.020
und doch der Knoten immer von neuem geschürzt wird.“ pkl_176.021
Das Charakterstück sieht es mehr auf Entwickelung pkl_176.022
der Charaktere (namentlich eines Hauptcharakters) ab pkl_176.023
und sucht dieselben deshalb so zu gruppiren, daß einer pkl_176.024
den andern ins Licht stellt.
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Bezweckt das Lustspiel, ein Gemälde der Zeit pkl_176.026
zu sein, stellt es insonderheit die verkehrten, thörichten pkl_176.027
Richtungen derselben in ihrer Nichtigkeit und Lächerlichkeit pkl_176.028
dar, so heißt es Sittenstück. Schließt es sich pkl_176.029
dabei in Rücksicht der Charaktere und Tendenz genau pkl_176.030
dem geselligen Leben der Gegenwart an, sucht es namentlich pkl_176.031
den, in den Unterhaltungen der Gebildeten
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