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Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843.

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Silbe des einzelnen Trochäus vollständig betont, pkl_032.002
nicht bloß mitteltonig sei.

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Anmerkung. Hexameter mit einem Vorschlag, wie sie pkl_032.004
Ew. v. Kleist in seinem Gedichte "der Frühling" angewendet pkl_032.005
(Kleist'sche Hexameter), haben keine weitere Pflege gefunden.

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§. 48. Neben dem Hexameter -- nie allein -- pkl_032.007
erscheint oft ein anderer Vers, der Pentameter. Er pkl_032.008
unterscheidet sich vom Hexameter dadurch, daß der dritte pkl_032.009
und der sechste Takt bei ihm nur aus je einer Silbe, pkl_032.010
und zwar immer aus einer langen bestehen. Sonach pkl_032.011
wäre er auch als sechstaktig zu betrachten und die Benennung pkl_032.012
Pentameter (Fünftakt) unrichtig. Er ist gewissermaaßen pkl_032.013
eine Verdoppelung der ersten Hälfte des pkl_032.014
Hexameters (bis zur männlichen Cäsur im dritten Takt). pkl_032.015
Jn der ersten Hälfte des Pentameters, besonders im pkl_032.016
ersten Takt, kann der Daktylus durch einen Spondeus pkl_032.017
ersetzt werden, im ersten Takt auch allenfalls durch pkl_032.018
einen Trochäus. Jn der zweiten Hälfte des Verses dagegen pkl_032.019
werden -- der Regel nach -- die Daktylen immer pkl_032.020
beibehalten. Der Pentameter hat eine ständige pkl_032.021
Cäsur, die stets nach dem dritten Takte an den Schluß pkl_032.022
der ersten Vershälfte fällt.

pkl_032.023

Anmerkung. Man kann den Pentameter auch, seinem pkl_032.024
Namen entsprechend, so skandiren, daß sich nur fünf Füße herausstellen. pkl_032.025
Der dritte Fuß ist dann immer ein Spondeus, der pkl_032.026
durch die Cäsur durchschnitten wird. Der vierte und fünfte Fuß pkl_032.027
werden bei dieser Betrachtungsweise durch zwei Anapäste gebildet.

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§. 49. Aus der Verbindung eines Hexameters mit pkl_032.029
einem Pentameter entsteht das elegische Distichon pkl_032.030
(Doppelzeile
).

pkl_032.031

"Nicht bloß zur Darstellung der sanften Traurigkeit pkl_032.032
in der eigentlichen Elegie, dem Klagelied, sondern auch

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Silbe des einzelnen Trochäus vollständig betont, pkl_032.002
nicht bloß mitteltonig sei.

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(Kleist'sche Hexameter), haben keine weitere Pflege gefunden.

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eine Verdoppelung der ersten Hälfte des pkl_032.014
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Jn der ersten Hälfte des Pentameters, besonders im pkl_032.016
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ersetzt werden, im ersten Takt auch allenfalls durch pkl_032.018
einen Trochäus. Jn der zweiten Hälfte des Verses dagegen pkl_032.019
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beibehalten. Der Pentameter hat eine ständige pkl_032.021
Cäsur, die stets nach dem dritten Takte an den Schluß pkl_032.022
der ersten Vershälfte fällt.

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Anmerkung. Man kann den Pentameter auch, seinem pkl_032.024
Namen entsprechend, so skandiren, daß sich nur fünf Füße herausstellen. pkl_032.025
Der dritte Fuß ist dann immer ein Spondeus, der pkl_032.026
durch die Cäsur durchschnitten wird. Der vierte und fünfte Fuß pkl_032.027
werden bei dieser Betrachtungsweise durch zwei Anapäste gebildet.

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§. 49. Aus der Verbindung eines Hexameters mit pkl_032.029
einem Pentameter entsteht das elegische Distichon pkl_032.030
(Doppelzeile
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Zitationshilfe: Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleinpaul_poetik_1843/58>, abgerufen am 05.05.2024.