Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

pkl_070.001
nämlichen Reihenfolge auf, in welcher sie im Thema pkl_070.002
erschienen; bei der zweiten Antwort (dem dritten Theile) pkl_070.003
hingegen kommen sie in umgekehrter Ordnung vor, so pkl_070.004
daß das Ganze mit dem ersten Reimworte schließt. Jm pkl_070.005
Uebrigen bleiben die, den Bau der Dezime betreffenden, pkl_070.006
oben angegebenen Gesetze in Kraft.

pkl_070.007

Beispiel:

pkl_070.008

I. Thema. pkl_070.009

Sänger, sprecht mir einen Spruch! pkl_070.010
Sagt mir, was ist minder Noth: pkl_070.011
Der Geliebten Treuebruch, pkl_070.012
Oder der Geliebten Tod?
pkl_070.013
II. pkl_070.014
1)
Die vom Schwur sich los gezählet, pkl_070.015
Jn der reichsten Schönheit Schmuck, pkl_070.016
Jst sie doch ein Höllenspuck, pkl_070.017
Dessen Anblick schreckt und quälet. pkl_070.018
Reines Weib, das nie gefehlet, pkl_070.019
Lächelt noch im Leichentuch, pkl_070.020
Denn sie schied mit dem Versuch, pkl_070.021
Sel'gen Liebestrost zu sagen: pkl_070.022
Drum ist minder Tod zu klagen, pkl_070.023
Als gebrochner Treuverspruch.
pkl_070.024
2) Wenn Verrath, was Gott verhüte!
pkl_070.025
Einen edlen Sänger trifft, pkl_070.026
Wandelt sich sein Lied in Gift, pkl_070.027
Stirbt ihm aller Dichtung Blüthe. pkl_070.028
Wenn die Braut von reiner Güte, pkl_070.029
Hingerafft durch frühen Tod, pkl_070.030
Jhm entschwebt in's Morgenroth: pkl_070.031
All sein Blick ist dann nach oben, pkl_070.032
Und in heil'gem Sang enthoben pkl_070.033
Fühlt er sich der ird'schen Noth.
pkl_070.034
3) Jene, die der Tod entnommen,
pkl_070.035
Diese, die im Unbestand pkl_070.036
Weltlichen Gewühls verschwand, pkl_070.037
Keine wird dir wiederkommen. pkl_070.038
Wann der große Tag erglommen,

pkl_070.001
nämlichen Reihenfolge auf, in welcher sie im Thema pkl_070.002
erschienen; bei der zweiten Antwort (dem dritten Theile) pkl_070.003
hingegen kommen sie in umgekehrter Ordnung vor, so pkl_070.004
daß das Ganze mit dem ersten Reimworte schließt. Jm pkl_070.005
Uebrigen bleiben die, den Bau der Dezime betreffenden, pkl_070.006
oben angegebenen Gesetze in Kraft.

pkl_070.007

Beispiel:

pkl_070.008

I. Thema. pkl_070.009

Sänger, sprecht mir einen Spruch! pkl_070.010
Sagt mir, was ist minder Noth: pkl_070.011
Der Geliebten Treuebruch, pkl_070.012
Oder der Geliebten Tod?
pkl_070.013
II. pkl_070.014
1)
Die vom Schwur sich los gezählet, pkl_070.015
Jn der reichsten Schönheit Schmuck, pkl_070.016
Jst sie doch ein Höllenspuck, pkl_070.017
Dessen Anblick schreckt und quälet. pkl_070.018
Reines Weib, das nie gefehlet, pkl_070.019
Lächelt noch im Leichentuch, pkl_070.020
Denn sie schied mit dem Versuch, pkl_070.021
Sel'gen Liebestrost zu sagen: pkl_070.022
Drum ist minder Tod zu klagen, pkl_070.023
Als gebrochner Treuverspruch.
pkl_070.024
2) Wenn Verrath, was Gott verhüte!
pkl_070.025
Einen edlen Sänger trifft, pkl_070.026
Wandelt sich sein Lied in Gift, pkl_070.027
Stirbt ihm aller Dichtung Blüthe. pkl_070.028
Wenn die Braut von reiner Güte, pkl_070.029
Hingerafft durch frühen Tod, pkl_070.030
Jhm entschwebt in's Morgenroth: pkl_070.031
All sein Blick ist dann nach oben, pkl_070.032
Und in heil'gem Sang enthoben pkl_070.033
Fühlt er sich der ird'schen Noth.
pkl_070.034
3) Jene, die der Tod entnommen,
pkl_070.035
Diese, die im Unbestand pkl_070.036
Weltlichen Gewühls verschwand, pkl_070.037
Keine wird dir wiederkommen. pkl_070.038
Wann der große Tag erglommen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0096"/><fw type="pageNum" place="top">&#x2014; 70 &#x2014;</fw><lb n="pkl_070.001"/>
nämlichen Reihenfolge auf, in welcher sie im Thema <lb n="pkl_070.002"/>
erschienen; bei der zweiten Antwort (dem dritten Theile) <lb n="pkl_070.003"/>
hingegen kommen sie in umgekehrter Ordnung vor, so <lb n="pkl_070.004"/>
daß das Ganze mit dem ersten Reimworte schließt. Jm <lb n="pkl_070.005"/>
Uebrigen bleiben die, den Bau der Dezime betreffenden, <lb n="pkl_070.006"/>
oben angegebenen Gesetze in Kraft.</p>
              <lb n="pkl_070.007"/>
              <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Beispiel</hi>:</hi> </p>
              <lb n="pkl_070.008"/>
              <p><hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">I</hi>. Thema.</hi><lb n="pkl_070.009"/><lg><l><hi rendition="#g">Sänger, sprecht mir einen Spruch!</hi></l><lb n="pkl_070.010"/><l><hi rendition="#g">Sagt mir, was ist minder Noth:</hi></l><lb n="pkl_070.011"/><l><hi rendition="#g">Der Geliebten Treuebruch,</hi></l><lb n="pkl_070.012"/><l><hi rendition="#g">Oder der Geliebten Tod</hi>?</l></lg><lb n="pkl_070.013"/><hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">II</hi>.</hi><lb n="pkl_070.014"/>
1) <lg><l>Die vom Schwur sich los gezählet,</l><lb n="pkl_070.015"/><l>Jn der reichsten Schönheit Schmuck,</l><lb n="pkl_070.016"/><l>Jst sie doch ein Höllenspuck,</l><lb n="pkl_070.017"/><l>Dessen Anblick schreckt und quälet.</l><lb n="pkl_070.018"/><l>Reines Weib, das nie gefehlet,</l><lb n="pkl_070.019"/><l>Lächelt noch im Leichentuch,</l><lb n="pkl_070.020"/><l>Denn sie schied mit dem Versuch,</l><lb n="pkl_070.021"/><l>Sel'gen Liebestrost zu sagen:</l><lb n="pkl_070.022"/><l>Drum ist minder Tod zu klagen,</l><lb n="pkl_070.023"/><l>Als gebrochner Treuverspruch. </l></lg><lg><l><lb n="pkl_070.024"/>
2) Wenn Verrath, was Gott verhüte!</l><lb n="pkl_070.025"/><l>Einen edlen Sänger trifft,</l><lb n="pkl_070.026"/><l>Wandelt sich sein Lied in Gift,</l><lb n="pkl_070.027"/><l>Stirbt ihm aller Dichtung Blüthe.</l><lb n="pkl_070.028"/><l>Wenn die Braut von reiner Güte,</l><lb n="pkl_070.029"/><l>Hingerafft durch frühen Tod,</l><lb n="pkl_070.030"/><l>Jhm entschwebt in's Morgenroth:</l><lb n="pkl_070.031"/><l>All sein Blick ist dann nach oben,</l><lb n="pkl_070.032"/><l>Und in heil'gem Sang enthoben</l><lb n="pkl_070.033"/><l>Fühlt er sich der ird'schen Noth. </l></lg><lg><l><lb n="pkl_070.034"/>
3) Jene, die der Tod entnommen,</l><lb n="pkl_070.035"/><l>Diese, die im Unbestand</l><lb n="pkl_070.036"/><l>Weltlichen Gewühls verschwand,</l><lb n="pkl_070.037"/><l>Keine wird dir wiederkommen.</l><lb n="pkl_070.038"/><l>Wann der große Tag erglommen,</l></lg>
</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0096] — 70 — pkl_070.001 nämlichen Reihenfolge auf, in welcher sie im Thema pkl_070.002 erschienen; bei der zweiten Antwort (dem dritten Theile) pkl_070.003 hingegen kommen sie in umgekehrter Ordnung vor, so pkl_070.004 daß das Ganze mit dem ersten Reimworte schließt. Jm pkl_070.005 Uebrigen bleiben die, den Bau der Dezime betreffenden, pkl_070.006 oben angegebenen Gesetze in Kraft. pkl_070.007 Beispiel: pkl_070.008 I. Thema. pkl_070.009 Sänger, sprecht mir einen Spruch! pkl_070.010 Sagt mir, was ist minder Noth: pkl_070.011 Der Geliebten Treuebruch, pkl_070.012 Oder der Geliebten Tod? pkl_070.013 II. pkl_070.014 1) Die vom Schwur sich los gezählet, pkl_070.015 Jn der reichsten Schönheit Schmuck, pkl_070.016 Jst sie doch ein Höllenspuck, pkl_070.017 Dessen Anblick schreckt und quälet. pkl_070.018 Reines Weib, das nie gefehlet, pkl_070.019 Lächelt noch im Leichentuch, pkl_070.020 Denn sie schied mit dem Versuch, pkl_070.021 Sel'gen Liebestrost zu sagen: pkl_070.022 Drum ist minder Tod zu klagen, pkl_070.023 Als gebrochner Treuverspruch. pkl_070.024 2) Wenn Verrath, was Gott verhüte! pkl_070.025 Einen edlen Sänger trifft, pkl_070.026 Wandelt sich sein Lied in Gift, pkl_070.027 Stirbt ihm aller Dichtung Blüthe. pkl_070.028 Wenn die Braut von reiner Güte, pkl_070.029 Hingerafft durch frühen Tod, pkl_070.030 Jhm entschwebt in's Morgenroth: pkl_070.031 All sein Blick ist dann nach oben, pkl_070.032 Und in heil'gem Sang enthoben pkl_070.033 Fühlt er sich der ird'schen Noth. pkl_070.034 3) Jene, die der Tod entnommen, pkl_070.035 Diese, die im Unbestand pkl_070.036 Weltlichen Gewühls verschwand, pkl_070.037 Keine wird dir wiederkommen. pkl_070.038 Wann der große Tag erglommen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kleinpaul_poetik_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kleinpaul_poetik_1843/96
Zitationshilfe: Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleinpaul_poetik_1843/96>, abgerufen am 05.05.2024.