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Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807.

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Siehst du ihn in der Abendröthe Schimmer,
Wenn sie durch schweigende Gebüsche fällt?
Hörst du ihn beim Gesäusel der Gewässer,
Und bei dem Schlag der üpp'gen Nachtigall?
Verkündet nicht umsonst der Berg ihn dir
Gethürmt gen Himmel, nicht umsonst ihn dir,
Der felszerstiebten Katarakten Fall?
Wenn hoch die Sonn' in seinen Tempel strahlt
Und von der Freude Pulsschlag eingeläutet,
Ihn alle Gattungen Erschaff'ner preisen,
Steigst du nicht in des Herzens Schacht hinab
Und betest deinen Götzen an?
Alkmene.
Entsetzlicher! Was sprichst du da? Kann man
Ihn frömmer auch, und kindlicher, verehren?
Verglüht ein Tag, daß ich an seinem Altar
Nicht für mein Leben dankend, und dies Herz,
Für dich auch du Geliebter, niedersänke?
Warf ich nicht jüngst noch in gestirnter Nacht
Das Antlitz tief, inbrünstig, vor ihm nieder,
Anbetung, glüh'nd, wie Opferdampf, gen Himmel
Aus dem Gebrodel des Gefühls entsendend?
Siehſt du ihn in der Abendroͤthe Schimmer,
Wenn ſie durch ſchweigende Gebuͤſche faͤllt?
Hoͤrſt du ihn beim Geſaͤuſel der Gewaͤſſer,
Und bei dem Schlag der uͤpp’gen Nachtigall?
Verkuͤndet nicht umſonſt der Berg ihn dir
Gethuͤrmt gen Himmel, nicht umſonſt ihn dir,
Der felszerſtiebten Katarakten Fall?
Wenn hoch die Sonn’ in ſeinen Tempel ſtrahlt
Und von der Freude Pulsſchlag eingelaͤutet,
Ihn alle Gattungen Erſchaff’ner preiſen,
Steigſt du nicht in des Herzens Schacht hinab
Und beteſt deinen Goͤtzen an?
Alkmene.
Entſetzlicher! Was ſprichſt du da? Kann man
Ihn froͤmmer auch, und kindlicher, verehren?
Vergluͤht ein Tag, daß ich an ſeinem Altar
Nicht fuͤr mein Leben dankend, und dies Herz,
Fuͤr dich auch du Geliebter, niederſaͤnke?
Warf ich nicht juͤngſt noch in geſtirnter Nacht
Das Antlitz tief, inbruͤnſtig, vor ihm nieder,
Anbetung, gluͤh’nd, wie Opferdampf, gen Himmel
Aus dem Gebrodel des Gefuͤhls entſendend?
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[108/0124] Siehſt du ihn in der Abendroͤthe Schimmer, Wenn ſie durch ſchweigende Gebuͤſche faͤllt? Hoͤrſt du ihn beim Geſaͤuſel der Gewaͤſſer, Und bei dem Schlag der uͤpp’gen Nachtigall? Verkuͤndet nicht umſonſt der Berg ihn dir Gethuͤrmt gen Himmel, nicht umſonſt ihn dir, Der felszerſtiebten Katarakten Fall? Wenn hoch die Sonn’ in ſeinen Tempel ſtrahlt Und von der Freude Pulsſchlag eingelaͤutet, Ihn alle Gattungen Erſchaff’ner preiſen, Steigſt du nicht in des Herzens Schacht hinab Und beteſt deinen Goͤtzen an? Alkmene. Entſetzlicher! Was ſprichſt du da? Kann man Ihn froͤmmer auch, und kindlicher, verehren? Vergluͤht ein Tag, daß ich an ſeinem Altar Nicht fuͤr mein Leben dankend, und dies Herz, Fuͤr dich auch du Geliebter, niederſaͤnke? Warf ich nicht juͤngſt noch in geſtirnter Nacht Das Antlitz tief, inbruͤnſtig, vor ihm nieder, Anbetung, gluͤh’nd, wie Opferdampf, gen Himmel Aus dem Gebrodel des Gefuͤhls entſendend?

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Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_amphytrion_1807/124>, abgerufen am 23.11.2024.