Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807.
Doch daß man einem Mann Gestalt und Art Entwendet, und bei seiner Frau für voll bezahlt, Das ist ein leid'ges Höllenstück des Satans. In Zimmern, die vom Kerzenlicht erhellt, Hat man bis heut mit fünf gesunden Sinnen In seinen Freunden nicht geirret; Augen, Aus ihren Höhlen auf den Tisch gelegt, Von Leib getrennte Glieder, Ohren, Finger, Gepackt in Schachteln, hätten hingereicht, Um einen Gatten zu erkennen. Jetzo wird man Die Ehemänner brennen, Glocken ihnen, Gleich Hämmeln um die Hälse hängen müssen. Zu argen Trug ist sie so fähig just, Wie ihre Turteltaub; eh' will ich an Die Redlichkeit dem Strick entlaufner Schelme, Als an die Tücke dieses Weibes glauben. -- Verrückt ist sie, und morgen, wenn der Tag graut, Werd' ich gewiß nach Aerzten schicken müssen. -- Fänd' nur Gelegenheit sich, anzuknüpfen.
Doch daß man einem Mann Geſtalt und Art Entwendet, und bei ſeiner Frau fuͤr voll bezahlt, Das iſt ein leid’ges Hoͤllenſtuͤck des Satans. In Zimmern, die vom Kerzenlicht erhellt, Hat man bis heut mit fuͤnf geſunden Sinnen In ſeinen Freunden nicht geirret; Augen, Aus ihren Hoͤhlen auf den Tiſch gelegt, Von Leib getrennte Glieder, Ohren, Finger, Gepackt in Schachteln, haͤtten hingereicht, Um einen Gatten zu erkennen. Jetzo wird man Die Ehemaͤnner brennen, Glocken ihnen, Gleich Haͤmmeln um die Haͤlſe haͤngen muͤſſen. Zu argen Trug iſt ſie ſo faͤhig juſt, Wie ihre Turteltaub; eh’ will ich an Die Redlichkeit dem Strick entlaufner Schelme, Als an die Tuͤcke dieſes Weibes glauben. — Verruͤckt iſt ſie, und morgen, wenn der Tag graut, Werd’ ich gewiß nach Aerzten ſchicken muͤſſen. — Faͤnd’ nur Gelegenheit ſich, anzuknuͤpfen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#AMP"> <p><pb facs="#f0144" n="128"/> Doch daß man einem Mann Geſtalt und Art<lb/> Entwendet, und bei ſeiner Frau fuͤr voll bezahlt,<lb/> Das iſt ein leid’ges Hoͤllenſtuͤck des Satans.<lb/> In Zimmern, die vom Kerzenlicht erhellt,<lb/> Hat man bis heut mit fuͤnf geſunden Sinnen<lb/> In ſeinen Freunden nicht geirret; Augen,<lb/> Aus ihren Hoͤhlen auf den Tiſch gelegt,<lb/> Von Leib getrennte Glieder, Ohren, Finger,<lb/> Gepackt in Schachteln, haͤtten hingereicht,<lb/> Um einen Gatten zu erkennen. Jetzo wird man<lb/> Die Ehemaͤnner brennen, Glocken ihnen,<lb/> Gleich Haͤmmeln um die Haͤlſe haͤngen muͤſſen.<lb/> Zu argen Trug iſt ſie ſo faͤhig juſt,<lb/> Wie ihre Turteltaub; eh’ will ich an<lb/> Die Redlichkeit dem Strick entlaufner Schelme,<lb/> Als an die Tuͤcke dieſes Weibes glauben.<lb/> — Verruͤckt iſt ſie, und morgen, wenn der Tag<lb/> graut,<lb/> Werd’ ich gewiß nach Aerzten ſchicken muͤſſen.<lb/> — Faͤnd’ nur Gelegenheit ſich, anzuknuͤpfen.</p> </sp> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [128/0144]
Doch daß man einem Mann Geſtalt und Art
Entwendet, und bei ſeiner Frau fuͤr voll bezahlt,
Das iſt ein leid’ges Hoͤllenſtuͤck des Satans.
In Zimmern, die vom Kerzenlicht erhellt,
Hat man bis heut mit fuͤnf geſunden Sinnen
In ſeinen Freunden nicht geirret; Augen,
Aus ihren Hoͤhlen auf den Tiſch gelegt,
Von Leib getrennte Glieder, Ohren, Finger,
Gepackt in Schachteln, haͤtten hingereicht,
Um einen Gatten zu erkennen. Jetzo wird man
Die Ehemaͤnner brennen, Glocken ihnen,
Gleich Haͤmmeln um die Haͤlſe haͤngen muͤſſen.
Zu argen Trug iſt ſie ſo faͤhig juſt,
Wie ihre Turteltaub; eh’ will ich an
Die Redlichkeit dem Strick entlaufner Schelme,
Als an die Tuͤcke dieſes Weibes glauben.
— Verruͤckt iſt ſie, und morgen, wenn der Tag
graut,
Werd’ ich gewiß nach Aerzten ſchicken muͤſſen.
— Faͤnd’ nur Gelegenheit ſich, anzuknuͤpfen.
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