Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807.
Vielmehr der Mond jetzt, wollt ich sagen -- Spitzbuben sind's entweder, feige Schufte, Die nicht das Herz, mich anzugreifen, haben: Oder der Wind hat durch das Laub gerasselt. Jedweder Schall hier heult in dem Gebirge. -- Vorsichtig! Langsam! -- Aber wenn ich jetzt Nicht bald mit meinem Huth an Theben stoße So will ich in den finstern Orkus fahren. Ei, hohl's der Henker! ob ich muthig bin, Ein Mann von Herz; das hätte mein Gebieter Auf anderm Wege auch erproben können. Ruhm krönt ihn, spricht die ganze Welt, und Ehre, Doch in der Mitternacht mich fortzuschicken, Ist nicht viel besser, als ein schlechter Streich. Ein wenig Rücksicht wär', und Nächstenliebe, So lieb mir, als der Keil von Tugenden, Mit welchem er des Feindes Reihen sprengt. Sosias, sprach er, rüste dich mein Diener, Du sollst in Theben meinen Sieg verkünden Und meine zärtliche Gebieterinn Von meiner nahen Ankunft unterrichten.
Vielmehr der Mond jetzt, wollt ich ſagen — Spitzbuben ſind’s entweder, feige Schufte, Die nicht das Herz, mich anzugreifen, haben: Oder der Wind hat durch das Laub geraſſelt. Jedweder Schall hier heult in dem Gebirge. — Vorſichtig! Langſam! — Aber wenn ich jetzt Nicht bald mit meinem Huth an Theben ſtoße So will ich in den finſtern Orkus fahren. Ei, hohl’s der Henker! ob ich muthig bin, Ein Mann von Herz; das haͤtte mein Gebieter Auf anderm Wege auch erproben koͤnnen. Ruhm kroͤnt ihn, ſpricht die ganze Welt, und Ehre, Doch in der Mitternacht mich fortzuſchicken, Iſt nicht viel beſſer, als ein ſchlechter Streich. Ein wenig Ruͤckſicht waͤr’, und Naͤchſtenliebe, So lieb mir, als der Keil von Tugenden, Mit welchem er des Feindes Reihen ſprengt. Soſias, ſprach er, ruͤſte dich mein Diener, Du ſollſt in Theben meinen Sieg verkuͤnden Und meine zaͤrtliche Gebieterinn Von meiner nahen Ankunft unterrichten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#SOF"> <p><pb facs="#f0020" n="4"/> Vielmehr der Mond jetzt, wollt ich ſagen —<lb/> Spitzbuben ſind’s entweder, feige Schufte,<lb/> Die nicht das Herz, mich anzugreifen, haben:<lb/> Oder der Wind hat durch das Laub geraſſelt.<lb/> Jedweder Schall hier heult in dem Gebirge. —<lb/> Vorſichtig! Langſam! — Aber wenn ich jetzt<lb/> Nicht bald mit meinem Huth an Theben ſtoße<lb/> So will ich in den finſtern Orkus fahren.<lb/> Ei, hohl’s der Henker! ob ich muthig bin,<lb/> Ein Mann von Herz; das haͤtte mein Gebieter<lb/> Auf anderm Wege auch erproben koͤnnen.<lb/> Ruhm kroͤnt ihn, ſpricht die ganze Welt, und<lb/> Ehre,<lb/> Doch in der Mitternacht mich fortzuſchicken,<lb/> Iſt nicht viel beſſer, als ein ſchlechter Streich.<lb/> Ein wenig Ruͤckſicht waͤr’, und Naͤchſtenliebe,<lb/> So lieb mir, als der Keil von Tugenden,<lb/> Mit welchem er des Feindes Reihen ſprengt.<lb/> Soſias, ſprach er, ruͤſte dich mein Diener,<lb/> Du ſollſt in Theben meinen Sieg verkuͤnden<lb/> Und meine zaͤrtliche Gebieterinn<lb/> Von meiner nahen Ankunft unterrichten.<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0020]
Vielmehr der Mond jetzt, wollt ich ſagen —
Spitzbuben ſind’s entweder, feige Schufte,
Die nicht das Herz, mich anzugreifen, haben:
Oder der Wind hat durch das Laub geraſſelt.
Jedweder Schall hier heult in dem Gebirge. —
Vorſichtig! Langſam! — Aber wenn ich jetzt
Nicht bald mit meinem Huth an Theben ſtoße
So will ich in den finſtern Orkus fahren.
Ei, hohl’s der Henker! ob ich muthig bin,
Ein Mann von Herz; das haͤtte mein Gebieter
Auf anderm Wege auch erproben koͤnnen.
Ruhm kroͤnt ihn, ſpricht die ganze Welt, und
Ehre,
Doch in der Mitternacht mich fortzuſchicken,
Iſt nicht viel beſſer, als ein ſchlechter Streich.
Ein wenig Ruͤckſicht waͤr’, und Naͤchſtenliebe,
So lieb mir, als der Keil von Tugenden,
Mit welchem er des Feindes Reihen ſprengt.
Soſias, ſprach er, ruͤſte dich mein Diener,
Du ſollſt in Theben meinen Sieg verkuͤnden
Und meine zaͤrtliche Gebieterinn
Von meiner nahen Ankunft unterrichten.
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