Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite
thun. Ich will mich so vor ihm niederlegen, wie ich
es jetzt vor dir thue, und sprechen: mein hoher Herr!
erlaubt, daß das Käthchen unter dem Himmel, der
über eure Burg gespannt ist, wohne; reitet ihr aus,
so vergönnt, daß sie euch von fern, auf einen Pfeil-
schuß, folge, und räumt ihr, wenn die Nacht kömmt,
ein Plätzchen auf dem Stroh ein, das euren stolzen
Rossen untergeschüttet wird. Es ist besser, als daß
sie vor Gram vergehe.
Käthchen (indem sie sich gleichfalls vor ihm niederlegt).
Gott im höchsten Himmel; du vernichtest mich!
Du legst mir deine Worte kreuzweis, wie Messer, in
die Brust! Ich will jetzt nicht mehr ins Kloster gehen,
nach Heilbronn will ich mit dir zurückkehren, ich will
den Grafen vergessen, und, wen du willst heirathen;
müßt' auch ein Grab mir, von acht Ellen Tiefe, das
Brautbett sein.
Theobald. (der aufgestanden ist und sie aufhebt).
Bist du mir bös, Käthchen?
Käthchen.
Nein, nein! Was fällt dir ein?
Theobald.
Ich will dich ins Kloster bringen!
Käthchen.
Nimmer und nimmermehr! Weder auf die Strahl-
burg, noch ins Kloster! -- Schaff mir nur jetzt, bei
thun. Ich will mich ſo vor ihm niederlegen, wie ich
es jetzt vor dir thue, und ſprechen: mein hoher Herr!
erlaubt, daß das Käthchen unter dem Himmel, der
über eure Burg geſpannt iſt, wohne; reitet ihr aus,
ſo vergönnt, daß ſie euch von fern, auf einen Pfeil-
ſchuß, folge, und räumt ihr, wenn die Nacht kömmt,
ein Plätzchen auf dem Stroh ein, das euren ſtolzen
Roſſen untergeſchüttet wird. Es iſt beſſer, als daß
ſie vor Gram vergehe.
Käthchen (indem ſie ſich gleichfalls vor ihm niederlegt).
Gott im höchſten Himmel; du vernichteſt mich!
Du legſt mir deine Worte kreuzweis, wie Meſſer, in
die Bruſt! Ich will jetzt nicht mehr ins Kloſter gehen,
nach Heilbronn will ich mit dir zurückkehren, ich will
den Grafen vergeſſen, und, wen du willſt heirathen;
müßt' auch ein Grab mir, von acht Ellen Tiefe, das
Brautbett ſein.
Theobald. (der aufgeſtanden iſt und ſie aufhebt).
Biſt du mir bös, Käthchen?
Käthchen.
Nein, nein! Was fällt dir ein?
Theobald.
Ich will dich ins Kloſter bringen!
Käthchen.
Nimmer und nimmermehr! Weder auf die Strahl-
burg, noch ins Kloſter! — Schaff mir nur jetzt, bei
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#THE">
            <p><pb facs="#f0106" n="100"/>
thun. Ich will mich &#x017F;o vor ihm niederlegen, wie ich<lb/>
es jetzt vor dir thue, und &#x017F;prechen: mein hoher Herr!<lb/>
erlaubt, daß das Käthchen unter dem Himmel, der<lb/>
über eure Burg ge&#x017F;pannt i&#x017F;t, wohne; reitet ihr aus,<lb/>
&#x017F;o vergönnt, daß &#x017F;ie euch von fern, auf einen Pfeil-<lb/>
&#x017F;chuß, folge, und räumt ihr, wenn die Nacht kömmt,<lb/>
ein Plätzchen auf dem Stroh ein, das euren &#x017F;tolzen<lb/>
Ro&#x017F;&#x017F;en unterge&#x017F;chüttet wird. Es i&#x017F;t be&#x017F;&#x017F;er, als daß<lb/>
&#x017F;ie vor Gram vergehe.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KAET">
            <speaker> <hi rendition="#g">Käthchen</hi> </speaker>
            <stage>(indem &#x017F;ie &#x017F;ich gleichfalls vor ihm niederlegt).</stage><lb/>
            <p>Gott im höch&#x017F;ten Himmel; du vernichte&#x017F;t mich!<lb/>
Du leg&#x017F;t mir deine Worte kreuzweis, wie Me&#x017F;&#x017F;er, in<lb/>
die Bru&#x017F;t! Ich will jetzt nicht mehr ins Klo&#x017F;ter gehen,<lb/>
nach Heilbronn will ich mit dir zurückkehren, ich will<lb/>
den Grafen verge&#x017F;&#x017F;en, und, wen du will&#x017F;t heirathen;<lb/>
müßt' auch ein Grab mir, von acht Ellen Tiefe, das<lb/>
Brautbett &#x017F;ein.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#THE">
            <speaker><hi rendition="#g">Theobald</hi>. </speaker>
            <stage>(der aufge&#x017F;tanden i&#x017F;t und &#x017F;ie aufhebt).</stage><lb/>
            <p>Bi&#x017F;t du mir bös, Käthchen?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KAET">
            <speaker><hi rendition="#g">Käthchen</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Nein, nein! Was fällt dir ein?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#THE">
            <speaker><hi rendition="#g">Theobald</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Ich will dich ins Klo&#x017F;ter bringen!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KAET">
            <speaker><hi rendition="#g">Käthchen</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Nimmer und nimmermehr! Weder auf die Strahl-<lb/>
burg, noch ins Klo&#x017F;ter! &#x2014; Schaff mir nur jetzt, bei<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[100/0106] thun. Ich will mich ſo vor ihm niederlegen, wie ich es jetzt vor dir thue, und ſprechen: mein hoher Herr! erlaubt, daß das Käthchen unter dem Himmel, der über eure Burg geſpannt iſt, wohne; reitet ihr aus, ſo vergönnt, daß ſie euch von fern, auf einen Pfeil- ſchuß, folge, und räumt ihr, wenn die Nacht kömmt, ein Plätzchen auf dem Stroh ein, das euren ſtolzen Roſſen untergeſchüttet wird. Es iſt beſſer, als daß ſie vor Gram vergehe. Käthchen (indem ſie ſich gleichfalls vor ihm niederlegt). Gott im höchſten Himmel; du vernichteſt mich! Du legſt mir deine Worte kreuzweis, wie Meſſer, in die Bruſt! Ich will jetzt nicht mehr ins Kloſter gehen, nach Heilbronn will ich mit dir zurückkehren, ich will den Grafen vergeſſen, und, wen du willſt heirathen; müßt' auch ein Grab mir, von acht Ellen Tiefe, das Brautbett ſein. Theobald. (der aufgeſtanden iſt und ſie aufhebt). Biſt du mir bös, Käthchen? Käthchen. Nein, nein! Was fällt dir ein? Theobald. Ich will dich ins Kloſter bringen! Käthchen. Nimmer und nimmermehr! Weder auf die Strahl- burg, noch ins Kloſter! — Schaff mir nur jetzt, bei

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810/106
Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810/106>, abgerufen am 16.05.2024.