Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810. Scene: Schloß Wetterstrahl. Platz, dicht mit Bäumen bewachsen, am äußeren zerfallenen Mauernring der Burg. Vorn ein Hol- lunderstrauch, der eine Art von natürlicher Laube bildet, wor- unter von Feldsteinen, mit einer Strohmatte bedeckt, ein Sitz. An den Zweigen sieht man ein Hemdchen und ein paar Strüm- pfe u. s. w. zum Trocknen aufgehängt. Zweiter Auftritt. Käthchen (liegt und schläft). Der Graf vom Strahl (tritt auf). Graf vom Strahl (indem er das Futteral in den Busen steckt). Gottschalk, der mir dies Futteral gebracht; hat mir gesagt, das Käthchen wäre wieder da. Kuni- gunde zog eben, weil ihre Burg niedergebrannt ist, in die Thore der meinigen ein; da kommt er und spricht: unter dem Hollunderstrauch läge sie wieder da, und schliefe; und bat mich, mit thränenden Augen, ich möchte ihm doch erlauben, sie in den Stall zu nehmen. Ich sagte, bis der alte Vater, der Theobald sich aufgefunden, würd' ich ihr in der Herberge ein Unterkommen verschaffen; und indessen hab' ich mich herabgeschlichen, um einen Entwurf mit ihr auszuführen. -- Ich kann diesen Jammer nicht mehr zusehen. Dies Mädchen, bestimmt, den herr- lichsten Bürger von Schwaben zu beglücken, wissen Scene: Schloß Wetterſtrahl. Platz, dicht mit Bäumen bewachſen, am äußeren zerfallenen Mauernring der Burg. Vorn ein Hol- lunderſtrauch, der eine Art von natürlicher Laube bildet, wor- unter von Feldſteinen, mit einer Strohmatte bedeckt, ein Sitz. An den Zweigen ſieht man ein Hemdchen und ein paar Strüm- pfe u. ſ. w. zum Trocknen aufgehängt. Zweiter Auftritt. Käthchen (liegt und ſchläft). Der Graf vom Strahl (tritt auf). Graf vom Strahl (indem er das Futteral in den Buſen ſteckt). Gottſchalk, der mir dies Futteral gebracht; hat mir geſagt, das Käthchen wäre wieder da. Kuni- gunde zog eben, weil ihre Burg niedergebrannt iſt, in die Thore der meinigen ein; da kommt er und ſpricht: unter dem Hollunderſtrauch läge ſie wieder da, und ſchliefe; und bat mich, mit thränenden Augen, ich möchte ihm doch erlauben, ſie in den Stall zu nehmen. Ich ſagte, bis der alte Vater, der Theobald ſich aufgefunden, würd' ich ihr in der Herberge ein Unterkommen verſchaffen; und indeſſen hab' ich mich herabgeſchlichen, um einen Entwurf mit ihr auszuführen. — Ich kann dieſen Jammer nicht mehr zuſehen. Dies Mädchen, beſtimmt, den herr- lichſten Bürger von Schwaben zu beglücken, wiſſen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#GOT"> <pb facs="#f0152" n="146"/> <stage><hi rendition="#g">Scene</hi>: Schloß Wetterſtrahl. Platz, dicht mit Bäumen bewachſen,<lb/> am äußeren zerfallenen Mauernring der Burg. Vorn ein Hol-<lb/> lunderſtrauch, der eine Art von natürlicher Laube bildet, wor-<lb/> unter von Feldſteinen, mit einer Strohmatte bedeckt, ein Sitz.<lb/> An den Zweigen ſieht man ein Hemdchen und ein paar Strüm-<lb/> pfe u. ſ. w. zum Trocknen aufgehängt.</stage> </sp> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Zweiter Auftritt</hi>.</hi> </head><lb/> <stage>Käthchen (liegt und ſchläft). Der Graf vom Strahl<lb/> (tritt auf).</stage><lb/> <sp who="#STAR"> <speaker> <hi rendition="#g">Graf vom Strahl</hi> </speaker> <stage>(indem er das Futteral in<lb/> den Buſen ſteckt).</stage><lb/> <p>Gottſchalk, der mir dies Futteral gebracht; hat<lb/> mir geſagt, das Käthchen wäre wieder da. Kuni-<lb/> gunde zog eben, weil ihre Burg niedergebrannt iſt,<lb/> in die Thore der meinigen ein; da kommt er und<lb/> ſpricht: unter dem Hollunderſtrauch läge ſie wieder<lb/> da, und ſchliefe; und bat mich, mit thränenden<lb/> Augen, ich möchte ihm doch erlauben, ſie in den<lb/> Stall zu nehmen. Ich ſagte, bis der alte Vater,<lb/> der Theobald ſich aufgefunden, würd' ich ihr in der<lb/> Herberge ein Unterkommen verſchaffen; und indeſſen<lb/> hab' ich mich herabgeſchlichen, um einen Entwurf mit<lb/> ihr auszuführen. — Ich <hi rendition="#g">kann</hi> dieſen Jammer nicht<lb/> mehr zuſehen. Dies Mädchen, beſtimmt, den herr-<lb/> lichſten Bürger von Schwaben zu beglücken, wiſſen<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [146/0152]
Scene: Schloß Wetterſtrahl. Platz, dicht mit Bäumen bewachſen,
am äußeren zerfallenen Mauernring der Burg. Vorn ein Hol-
lunderſtrauch, der eine Art von natürlicher Laube bildet, wor-
unter von Feldſteinen, mit einer Strohmatte bedeckt, ein Sitz.
An den Zweigen ſieht man ein Hemdchen und ein paar Strüm-
pfe u. ſ. w. zum Trocknen aufgehängt.
Zweiter Auftritt.
Käthchen (liegt und ſchläft). Der Graf vom Strahl
(tritt auf).
Graf vom Strahl (indem er das Futteral in
den Buſen ſteckt).
Gottſchalk, der mir dies Futteral gebracht; hat
mir geſagt, das Käthchen wäre wieder da. Kuni-
gunde zog eben, weil ihre Burg niedergebrannt iſt,
in die Thore der meinigen ein; da kommt er und
ſpricht: unter dem Hollunderſtrauch läge ſie wieder
da, und ſchliefe; und bat mich, mit thränenden
Augen, ich möchte ihm doch erlauben, ſie in den
Stall zu nehmen. Ich ſagte, bis der alte Vater,
der Theobald ſich aufgefunden, würd' ich ihr in der
Herberge ein Unterkommen verſchaffen; und indeſſen
hab' ich mich herabgeſchlichen, um einen Entwurf mit
ihr auszuführen. — Ich kann dieſen Jammer nicht
mehr zuſehen. Dies Mädchen, beſtimmt, den herr-
lichſten Bürger von Schwaben zu beglücken, wiſſen
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