Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810. Wenzel. Was! Hans. Am hellen Mittag? Wenzel. Da er auf fünf Minuten in deine Werkstatt kam, um sich eine Brustschiene anheften zu lassen? (Pause.) Graf Otto. Fasse dich, Alter, und erzähle den Hergang. Theobald (indem er sich die Augen trocknet.) Es mogte ohngefähr eilf Uhr Morgens sein, als er, mit einem Troß Reisiger, vor mein Haus sprengte, rasselnd, der Erzgepanzerte, vom Pferd stieg, und in meine Werkstatt trat: das Haupt tief herab neigt' er, um mit den Reiherbüschen, die ihm von Helm nie- derwankten, durch die Thür zu kommen. Meister, schau her, spricht er: dem Pfalzgrafen, der eure Wälle niederreißen will, zieh ich entgegen; die Lust, ihn zu treffen, sprengt mir die Schienen; nimm Eisen und Drath, ohne daß ich mich zu entkleiden brauche, und heft' sie mir wieder zusammen. Herr! sag ich: wenn euch die Brust so die Rüstung zerschmeißt, so läßt der Pfalzgraf unsere Wälle ganz; nöthig' ihn auf einen Sessel, in des Zimmers Mitte nieder, und: Wein! ruf ich in die Thüre, und vom frischgeräu- Wenzel. Was! Hans. Am hellen Mittag? Wenzel. Da er auf fünf Minuten in deine Werkſtatt kam, um ſich eine Bruſtſchiene anheften zu laſſen? (Pauſe.) Graf Otto. Faſſe dich, Alter, und erzähle den Hergang. Theobald (indem er ſich die Augen trocknet.) Es mogte ohngefähr eilf Uhr Morgens ſein, als er, mit einem Troß Reiſiger, vor mein Haus ſprengte, raſſelnd, der Erzgepanzerte, vom Pferd ſtieg, und in meine Werkſtatt trat: das Haupt tief herab neigt' er, um mit den Reiherbüſchen, die ihm von Helm nie- derwankten, durch die Thür zu kommen. Meiſter, ſchau her, ſpricht er: dem Pfalzgrafen, der eure Wälle niederreißen will, zieh ich entgegen; die Luſt, ihn zu treffen, ſprengt mir die Schienen; nimm Eiſen und Drath, ohne daß ich mich zu entkleiden brauche, und heft' ſie mir wieder zuſammen. Herr! ſag ich: wenn euch die Bruſt ſo die Rüſtung zerſchmeißt, ſo läßt der Pfalzgraf unſere Wälle ganz; nöthig' ihn auf einen Seſſel, in des Zimmers Mitte nieder, und: Wein! ruf ich in die Thüre, und vom friſchgeräu- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0018" n="12"/> <sp who="#WEN"> <speaker><hi rendition="#g">Wenzel</hi>.</speaker><lb/> <p>Was!</p> </sp><lb/> <sp who="#HAN"> <speaker><hi rendition="#g">Hans</hi>.</speaker><lb/> <p>Am hellen Mittag?</p> </sp><lb/> <sp who="#WEN"> <speaker><hi rendition="#g">Wenzel</hi>.</speaker><lb/> <p>Da er auf fünf Minuten in deine Werkſtatt kam,<lb/> um ſich eine Bruſtſchiene anheften zu laſſen?</p><lb/> <stage>(Pauſe.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#OTTO"> <speaker><hi rendition="#g">Graf Otto</hi>.</speaker><lb/> <p>Faſſe dich, Alter, und erzähle den Hergang.</p> </sp><lb/> <sp who="#THE"> <speaker> <hi rendition="#g">Theobald</hi> </speaker> <stage>(indem er ſich die Augen trocknet.)</stage><lb/> <p>Es mogte ohngefähr eilf Uhr Morgens ſein, als<lb/> er, mit einem Troß Reiſiger, vor mein Haus ſprengte,<lb/> raſſelnd, der Erzgepanzerte, vom Pferd ſtieg, und in<lb/> meine Werkſtatt trat: das Haupt tief herab neigt' er,<lb/> um mit den Reiherbüſchen, die ihm von Helm nie-<lb/> derwankten, durch die Thür zu kommen. Meiſter,<lb/> ſchau her, ſpricht er: dem Pfalzgrafen, der eure Wälle<lb/> niederreißen will, zieh ich entgegen; die Luſt, ihn zu<lb/> treffen, ſprengt mir die Schienen; nimm Eiſen <choice><sic>nnd</sic><corr>und</corr></choice><lb/> Drath, ohne daß ich mich zu entkleiden brauche, und<lb/> heft' ſie mir wieder zuſammen. Herr! ſag ich: wenn<lb/> euch die Bruſt ſo die Rüſtung zerſchmeißt, ſo läßt<lb/> der Pfalzgraf unſere Wälle ganz; nöthig' ihn auf<lb/> einen Seſſel, in des Zimmers Mitte nieder, und:<lb/> Wein! ruf ich in die Thüre, und vom friſchgeräu-<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [12/0018]
Wenzel.
Was!
Hans.
Am hellen Mittag?
Wenzel.
Da er auf fünf Minuten in deine Werkſtatt kam,
um ſich eine Bruſtſchiene anheften zu laſſen?
(Pauſe.)
Graf Otto.
Faſſe dich, Alter, und erzähle den Hergang.
Theobald (indem er ſich die Augen trocknet.)
Es mogte ohngefähr eilf Uhr Morgens ſein, als
er, mit einem Troß Reiſiger, vor mein Haus ſprengte,
raſſelnd, der Erzgepanzerte, vom Pferd ſtieg, und in
meine Werkſtatt trat: das Haupt tief herab neigt' er,
um mit den Reiherbüſchen, die ihm von Helm nie-
derwankten, durch die Thür zu kommen. Meiſter,
ſchau her, ſpricht er: dem Pfalzgrafen, der eure Wälle
niederreißen will, zieh ich entgegen; die Luſt, ihn zu
treffen, ſprengt mir die Schienen; nimm Eiſen und
Drath, ohne daß ich mich zu entkleiden brauche, und
heft' ſie mir wieder zuſammen. Herr! ſag ich: wenn
euch die Bruſt ſo die Rüſtung zerſchmeißt, ſo läßt
der Pfalzgraf unſere Wälle ganz; nöthig' ihn auf
einen Seſſel, in des Zimmers Mitte nieder, und:
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Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810/18>, abgerufen am 16.07.2024. |