Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810.
cherten Schinken, zum Imbiß! und setz', einen Sche- mel, mit Werkzeugen versehn, vor ihn, um ihm die Schiene wieder herzustellen. Und während draußen noch der Streithengst wiehert, und, mit den Pferden der Knechte, den Grund zerstampft, daß der Staub, als wär' ein Cherub vom Himmel niedergefahren, emporquoll: öffnet langsam, ein großes, flaches Sil- bergeschirr auf dem Kopf tragend, auf welchem Fla- schen, Gläser und der Imbiß gestellt waren, das Mädchen die Thüre und tritt ein. Nun seht, wenn mir Gott der Herr aus Wolken erschiene, so würd ich mich ohngefähr so fassen, wie sie. Geschirr und Becher und Imbiß, da sie den Ritter erblickt, läßt sie fallen; und leichenbleich, mit Händen, wie zur Anbetung verschränkt, den Boden mit Brust und Scheiteln küssend, stürzt sie vor ihm nieder, als ob sie ein Blitz nieder geschmettert hätte! Und da ich sage: Herr meines Lebens! Was fehlt dem Kind? und sie aufhebe: schlingt sie, wie ein Taschenmesser zusammenfallend, den Arm um mich, das Antlitz flammend auf ihn gerichtet, als ob sie eine Erschei- nung hätte. Der Graf vom Strahl, indem er ihre Hand nimmt, fragt: weß ist das Kind? Gesellen und Mägde strömen herbey und jammern: hilf Him- mel! Was ist dem Jüngferlein widerfahren; doch da sie sich, mit einigen schüchternen Blicken auf sein
cherten Schinken, zum Imbiß! und ſetz', einen Sche- mel, mit Werkzeugen verſehn, vor ihn, um ihm die Schiene wieder herzuſtellen. Und während draußen noch der Streithengſt wiehert, und, mit den Pferden der Knechte, den Grund zerſtampft, daß der Staub, als wär' ein Cherub vom Himmel niedergefahren, emporquoll: öffnet langſam, ein großes, flaches Sil- bergeſchirr auf dem Kopf tragend, auf welchem Fla- ſchen, Gläſer und der Imbiß geſtellt waren, das Mädchen die Thüre und tritt ein. Nun ſeht, wenn mir Gott der Herr aus Wolken erſchiene, ſo würd ich mich ohngefähr ſo faſſen, wie ſie. Geſchirr und Becher und Imbiß, da ſie den Ritter erblickt, läßt ſie fallen; und leichenbleich, mit Händen, wie zur Anbetung verſchränkt, den Boden mit Bruſt und Scheiteln küſſend, ſtürzt ſie vor ihm nieder, als ob ſie ein Blitz nieder geſchmettert hätte! Und da ich ſage: Herr meines Lebens! Was fehlt dem Kind? und ſie aufhebe: ſchlingt ſie, wie ein Taſchenmeſſer zuſammenfallend, den Arm um mich, das Antlitz flammend auf ihn gerichtet, als ob ſie eine Erſchei- nung hätte. Der Graf vom Strahl, indem er ihre Hand nimmt, fragt: weß iſt das Kind? Geſellen und Mägde ſtrömen herbey und jammern: hilf Him- mel! Was iſt dem Jüngferlein widerfahren; doch da ſie ſich, mit einigen ſchüchternen Blicken auf ſein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#THE"> <p><pb facs="#f0019" n="13"/> cherten Schinken, zum Imbiß! und ſetz', einen Sche-<lb/> mel, mit Werkzeugen verſehn, vor ihn, um ihm die<lb/> Schiene wieder herzuſtellen. Und während draußen<lb/> noch der Streithengſt wiehert, und, mit den Pferden<lb/> der Knechte, den Grund zerſtampft, daß der Staub,<lb/> als wär' ein Cherub vom Himmel niedergefahren,<lb/> emporquoll: öffnet langſam, ein großes, flaches Sil-<lb/> bergeſchirr auf dem Kopf tragend, auf welchem Fla-<lb/> ſchen, Gläſer und der Imbiß geſtellt waren, das<lb/> Mädchen die Thüre und tritt ein. Nun ſeht, wenn<lb/> mir Gott der Herr aus Wolken erſchiene, ſo würd<lb/> ich mich ohngefähr ſo faſſen, wie ſie. Geſchirr und<lb/> Becher und Imbiß, da ſie den Ritter erblickt, läßt<lb/> ſie fallen; und leichenbleich, mit Händen, wie zur<lb/> Anbetung verſchränkt, den Boden mit Bruſt und<lb/> Scheiteln küſſend, ſtürzt ſie vor ihm nieder, als ob<lb/> ſie ein Blitz nieder geſchmettert hätte! Und da ich<lb/> ſage: Herr meines Lebens! Was fehlt dem Kind?<lb/> und ſie aufhebe: ſchlingt ſie, wie ein Taſchenmeſſer<lb/> zuſammenfallend, den Arm um mich, das Antlitz<lb/> flammend auf ihn gerichtet, als ob ſie eine Erſchei-<lb/> nung hätte. Der Graf vom Strahl, indem er ihre<lb/> Hand nimmt, fragt: weß iſt das Kind? Geſellen<lb/> und Mägde ſtrömen herbey und jammern: hilf Him-<lb/> mel! Was iſt dem Jüngferlein widerfahren; doch da<lb/> ſie ſich, mit einigen ſchüchternen Blicken auf ſein<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [13/0019]
cherten Schinken, zum Imbiß! und ſetz', einen Sche-
mel, mit Werkzeugen verſehn, vor ihn, um ihm die
Schiene wieder herzuſtellen. Und während draußen
noch der Streithengſt wiehert, und, mit den Pferden
der Knechte, den Grund zerſtampft, daß der Staub,
als wär' ein Cherub vom Himmel niedergefahren,
emporquoll: öffnet langſam, ein großes, flaches Sil-
bergeſchirr auf dem Kopf tragend, auf welchem Fla-
ſchen, Gläſer und der Imbiß geſtellt waren, das
Mädchen die Thüre und tritt ein. Nun ſeht, wenn
mir Gott der Herr aus Wolken erſchiene, ſo würd
ich mich ohngefähr ſo faſſen, wie ſie. Geſchirr und
Becher und Imbiß, da ſie den Ritter erblickt, läßt
ſie fallen; und leichenbleich, mit Händen, wie zur
Anbetung verſchränkt, den Boden mit Bruſt und
Scheiteln küſſend, ſtürzt ſie vor ihm nieder, als ob
ſie ein Blitz nieder geſchmettert hätte! Und da ich
ſage: Herr meines Lebens! Was fehlt dem Kind?
und ſie aufhebe: ſchlingt ſie, wie ein Taſchenmeſſer
zuſammenfallend, den Arm um mich, das Antlitz
flammend auf ihn gerichtet, als ob ſie eine Erſchei-
nung hätte. Der Graf vom Strahl, indem er ihre
Hand nimmt, fragt: weß iſt das Kind? Geſellen
und Mägde ſtrömen herbey und jammern: hilf Him-
mel! Was iſt dem Jüngferlein widerfahren; doch da
ſie ſich, mit einigen ſchüchternen Blicken auf ſein
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |