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Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811.

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Adam.
Nun, das ist auch nicht übel.
Frau Marthe.
Willst du Vater
Und Mutter jetzt, mein Evchen, nach dem vierten
Gebot hoch ehren, gut, so sprich in meine Kammer
Ließ ich den Schuster, oder einen dritten,
Hörst du? Der Bräut'gam aber war es nicht.
Ruprecht.
Sie jammert mich. Laßt doch den Krug, ich bitt' euch;
Ich will'n nach Utrecht tragen. Solch' ein Krug --.
Ich wollt' ich hätt' ihn nur entzwei geschlagen.
Eve.
Unedelmüth'ger, du! Pfui, schäme dich,
Daß du nicht sagst, gut, ich zerschlug den Krug!
Pfui, Ruprecht, pfui, o schäme dich, daß du
Mir nicht in meiner That vertrauen kannst.
Gab' ich die Hand dir nicht, und sagte, ja,
Als du mich fragtest, Eve, willst du mich?
Meinst du, daß du den Flickschuster nicht werth bist?
Und hättest du durch's Schlüsselloch mich mit
Dem Lebrecht aus dem Kruge trinken sehen,
Du hättest denken sollen: Ev' ist brav,
Es wird sich alles ihr zum Ruhme lösen,
Und ist's im Leben nicht, so ist es jenseits,
Und wenn wir auferstehn ist auch ein Tag.
Adam.
Nun, das iſt auch nicht uͤbel.
Frau Marthe.
Willſt du Vater
Und Mutter jetzt, mein Evchen, nach dem vierten
Gebot hoch ehren, gut, ſo ſprich in meine Kammer
Ließ ich den Schuſter, oder einen dritten,
Hoͤrſt du? Der Braͤut’gam aber war es nicht.
Ruprecht.
Sie jammert mich. Laßt doch den Krug, ich bitt’ euch;
Ich will’n nach Utrecht tragen. Solch’ ein Krug —.
Ich wollt’ ich haͤtt’ ihn nur entzwei geſchlagen.
Eve.
Unedelmuͤth’ger, du! Pfui, ſchaͤme dich,
Daß du nicht ſagſt, gut, ich zerſchlug den Krug!
Pfui, Ruprecht, pfui, o ſchaͤme dich, daß du
Mir nicht in meiner That vertrauen kannſt.
Gab’ ich die Hand dir nicht, und ſagte, ja,
Als du mich fragteſt, Eve, willſt du mich?
Meinſt du, daß du den Flickſchuſter nicht werth biſt?
Und haͤtteſt du durch’s Schluͤſſelloch mich mit
Dem Lebrecht aus dem Kruge trinken ſehen,
Du haͤtteſt denken ſollen: Ev’ iſt brav,
Es wird ſich alles ihr zum Ruhme loͤſen,
Und iſt’s im Leben nicht, ſo iſt es jenſeits,
Und wenn wir auferſtehn iſt auch ein Tag.
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[87/0093] Adam. Nun, das iſt auch nicht uͤbel. Frau Marthe. Willſt du Vater Und Mutter jetzt, mein Evchen, nach dem vierten Gebot hoch ehren, gut, ſo ſprich in meine Kammer Ließ ich den Schuſter, oder einen dritten, Hoͤrſt du? Der Braͤut’gam aber war es nicht. Ruprecht. Sie jammert mich. Laßt doch den Krug, ich bitt’ euch; Ich will’n nach Utrecht tragen. Solch’ ein Krug —. Ich wollt’ ich haͤtt’ ihn nur entzwei geſchlagen. Eve. Unedelmuͤth’ger, du! Pfui, ſchaͤme dich, Daß du nicht ſagſt, gut, ich zerſchlug den Krug! Pfui, Ruprecht, pfui, o ſchaͤme dich, daß du Mir nicht in meiner That vertrauen kannſt. Gab’ ich die Hand dir nicht, und ſagte, ja, Als du mich fragteſt, Eve, willſt du mich? Meinſt du, daß du den Flickſchuſter nicht werth biſt? Und haͤtteſt du durch’s Schluͤſſelloch mich mit Dem Lebrecht aus dem Kruge trinken ſehen, Du haͤtteſt denken ſollen: Ev’ iſt brav, Es wird ſich alles ihr zum Ruhme loͤſen, Und iſt’s im Leben nicht, ſo iſt es jenſeits, Und wenn wir auferſtehn iſt auch ein Tag.

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Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/93>, abgerufen am 22.12.2024.