Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kleist, Heinrich von: Die Verlobung von St. Domingo. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [45]–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

tadeln, los zu werden, theils um das kleine Eigenthum, das wir hinterlassen würden, in Besitz zu nehmen. -- Ihr Unglücklichen! sagte der Fremde, ihr Bejammernswürdigen! Und wo befindet sich in diesem Augenblick dieser Wütherich? -- Bei dem Heere des Generals Dessalines, antwortete die Alte, dem er mit den übrigen Schwarzen, die zu dieser Pflanzung gehören, einen Transport von Pulver und Blei zuführt, dessen der General bedürftig war. Wir erwarten ihn, falls er nicht auf neue Unternehmungen auszieht, in zehn oder zwölf Tagen zurück; und wenn er alsdann, was Gott verhüten wolle, erführe, daß wir einem Weißen, der nach Port au Prince wandert, Schutz und Obdach gegeben, während er aus allen Kräften an dem Geschäfte Theil nimmt, das ganze Geschlecht derselben von der Insel zu vertilgen, wir wären alle, das könnt Ihr glauben, Kinder des Todes. -- Der Himmel, der Menschlichkeit und Mitleiden liebt, antwortete der Fremde, wird Euch in dem, was Ihr einem Unglücklichen thut, beschützen! Und weil Ihr Euch, setzte er, indem er der Alten näher rückte, hinzu, einmal in diesem Falle des Negers Unwillen zugezogen haben würdet, und der Gehorsam, wenn Ihr auch dazu zurückkehren wolltet, Euch fürderhin zu Nichts helfen würde, könnt Ihr Euch wohl für jede Belohnung, die Ihr nur verlangen mögt, entschließen, meinem Oheim und seiner Familie, die durch die Reise aufs Aeußerste angegriffen sind, auf einen oder zwei Tage in Eurem Hause Obdach zu geben, damit sie sich ein wenig

tadeln, los zu werden, theils um das kleine Eigenthum, das wir hinterlassen würden, in Besitz zu nehmen. — Ihr Unglücklichen! sagte der Fremde, ihr Bejammernswürdigen! Und wo befindet sich in diesem Augenblick dieser Wütherich? — Bei dem Heere des Generals Dessalines, antwortete die Alte, dem er mit den übrigen Schwarzen, die zu dieser Pflanzung gehören, einen Transport von Pulver und Blei zuführt, dessen der General bedürftig war. Wir erwarten ihn, falls er nicht auf neue Unternehmungen auszieht, in zehn oder zwölf Tagen zurück; und wenn er alsdann, was Gott verhüten wolle, erführe, daß wir einem Weißen, der nach Port au Prince wandert, Schutz und Obdach gegeben, während er aus allen Kräften an dem Geschäfte Theil nimmt, das ganze Geschlecht derselben von der Insel zu vertilgen, wir wären alle, das könnt Ihr glauben, Kinder des Todes. — Der Himmel, der Menschlichkeit und Mitleiden liebt, antwortete der Fremde, wird Euch in dem, was Ihr einem Unglücklichen thut, beschützen! Und weil Ihr Euch, setzte er, indem er der Alten näher rückte, hinzu, einmal in diesem Falle des Negers Unwillen zugezogen haben würdet, und der Gehorsam, wenn Ihr auch dazu zurückkehren wolltet, Euch fürderhin zu Nichts helfen würde, könnt Ihr Euch wohl für jede Belohnung, die Ihr nur verlangen mögt, entschließen, meinem Oheim und seiner Familie, die durch die Reise aufs Aeußerste angegriffen sind, auf einen oder zwei Tage in Eurem Hause Obdach zu geben, damit sie sich ein wenig

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0019"/>
tadeln, los zu werden,                theils um das kleine Eigenthum, das wir hinterlassen würden, in Besitz zu nehmen. &#x2014;                Ihr Unglücklichen! sagte der Fremde, ihr Bejammernswürdigen! Und wo befindet sich in                diesem Augenblick dieser Wütherich? &#x2014; Bei dem Heere des Generals Dessalines,                antwortete die Alte, dem er mit den übrigen Schwarzen, die zu dieser Pflanzung                gehören, einen Transport von Pulver und Blei zuführt, dessen der General bedürftig                war. Wir erwarten ihn, falls er nicht auf neue Unternehmungen auszieht, in zehn oder                zwölf Tagen zurück; und wenn er alsdann, was Gott verhüten wolle, erführe, daß wir                einem Weißen, der nach Port au Prince wandert, Schutz und Obdach gegeben, während er                aus allen Kräften an dem Geschäfte Theil nimmt, das ganze Geschlecht derselben von                der Insel zu vertilgen, wir wären alle, das könnt Ihr glauben, Kinder des Todes. &#x2014;                Der Himmel, der Menschlichkeit und Mitleiden liebt, antwortete der Fremde, wird Euch                in dem, was Ihr einem Unglücklichen thut, beschützen! Und weil Ihr Euch, setzte er,                indem er der Alten näher rückte, hinzu, einmal in diesem Falle des Negers Unwillen                zugezogen haben würdet, und der Gehorsam, wenn Ihr auch dazu zurückkehren wolltet,                Euch fürderhin zu Nichts helfen würde, könnt Ihr Euch wohl für jede Belohnung, die                Ihr nur verlangen mögt, entschließen, meinem Oheim und seiner Familie, die durch die                Reise aufs Aeußerste angegriffen sind, auf einen oder zwei Tage in Eurem Hause Obdach                zu geben, damit sie sich ein wenig<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0019] tadeln, los zu werden, theils um das kleine Eigenthum, das wir hinterlassen würden, in Besitz zu nehmen. — Ihr Unglücklichen! sagte der Fremde, ihr Bejammernswürdigen! Und wo befindet sich in diesem Augenblick dieser Wütherich? — Bei dem Heere des Generals Dessalines, antwortete die Alte, dem er mit den übrigen Schwarzen, die zu dieser Pflanzung gehören, einen Transport von Pulver und Blei zuführt, dessen der General bedürftig war. Wir erwarten ihn, falls er nicht auf neue Unternehmungen auszieht, in zehn oder zwölf Tagen zurück; und wenn er alsdann, was Gott verhüten wolle, erführe, daß wir einem Weißen, der nach Port au Prince wandert, Schutz und Obdach gegeben, während er aus allen Kräften an dem Geschäfte Theil nimmt, das ganze Geschlecht derselben von der Insel zu vertilgen, wir wären alle, das könnt Ihr glauben, Kinder des Todes. — Der Himmel, der Menschlichkeit und Mitleiden liebt, antwortete der Fremde, wird Euch in dem, was Ihr einem Unglücklichen thut, beschützen! Und weil Ihr Euch, setzte er, indem er der Alten näher rückte, hinzu, einmal in diesem Falle des Negers Unwillen zugezogen haben würdet, und der Gehorsam, wenn Ihr auch dazu zurückkehren wolltet, Euch fürderhin zu Nichts helfen würde, könnt Ihr Euch wohl für jede Belohnung, die Ihr nur verlangen mögt, entschließen, meinem Oheim und seiner Familie, die durch die Reise aufs Aeußerste angegriffen sind, auf einen oder zwei Tage in Eurem Hause Obdach zu geben, damit sie sich ein wenig

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:20:21Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:20:21Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_verlobung_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_verlobung_1910/19
Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Die Verlobung von St. Domingo. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [45]–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_verlobung_1910/19>, abgerufen am 28.03.2024.