bloße Formen der sinnlichen Anschauung sind; nun wißt ihr aber daß beide in der Geisterwelt nicht mehr vorkommen; jezt bitte ich euch, die ihr nur allein in der Sinnlichkeit lebt und webt, wie wollt ihr Raum finden, da wo es keinen Raum mehr giebt? -- Ja, was wollt ihr gar beginnen, wenn es mit der Zeit zu Ende geht? Selbst auf eure größten Weisen und Dichter angewandt, bleibt die Un- sterblichkeit zulezt doch auch nur ein uneigent- licher Ausdruck, was soll sie für euch arme Teufel bedeuten, die ihr keine andere Hand- lung ausgeübt habt, als die, mit Waaren, und keinen andern Geist kennt, als den Wein- geist, durch den eure Poeten ein Analogon von Begeisterung in sich hervorbringen. -- Da gebe nur jemand einen leidlichen Rath; ich wenigstens weiß beim Teufel nicht, wo ich mit euch hin soll!" --
Hier bemerkte ich eine Unruhe in der Ver- sammlung vor mir, und hörte auch ganz deut-
bloße Formen der ſinnlichen Anſchauung ſind; nun wißt ihr aber daß beide in der Geiſterwelt nicht mehr vorkommen; jezt bitte ich euch, die ihr nur allein in der Sinnlichkeit lebt und webt, wie wollt ihr Raum finden, da wo es keinen Raum mehr giebt? — Ja, was wollt ihr gar beginnen, wenn es mit der Zeit zu Ende geht? Selbſt auf eure groͤßten Weiſen und Dichter angewandt, bleibt die Un- ſterblichkeit zulezt doch auch nur ein uneigent- licher Ausdruck, was ſoll ſie fuͤr euch arme Teufel bedeuten, die ihr keine andere Hand- lung ausgeuͤbt habt, als die, mit Waaren, und keinen andern Geiſt kennt, als den Wein- geiſt, durch den eure Poeten ein Analogon von Begeiſterung in ſich hervorbringen. — Da gebe nur jemand einen leidlichen Rath; ich wenigſtens weiß beim Teufel nicht, wo ich mit euch hin ſoll!“ —
Hier bemerkte ich eine Unruhe in der Ver- ſammlung vor mir, und hoͤrte auch ganz deut-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0108"n="106"/>
bloße Formen der ſinnlichen Anſchauung<lb/>ſind; nun wißt ihr aber daß beide in der<lb/>
Geiſterwelt nicht mehr vorkommen; jezt bitte<lb/>
ich euch, die ihr nur allein in der Sinnlichkeit<lb/>
lebt und webt, wie wollt ihr Raum finden,<lb/>
da wo es keinen Raum mehr giebt? — Ja,<lb/>
was wollt ihr gar beginnen, wenn es mit der<lb/>
Zeit zu Ende geht? Selbſt auf eure groͤßten<lb/>
Weiſen und Dichter angewandt, bleibt die Un-<lb/>ſterblichkeit zulezt doch auch nur ein uneigent-<lb/>
licher Ausdruck, was ſoll ſie fuͤr euch arme<lb/>
Teufel bedeuten, die ihr keine andere Hand-<lb/>
lung ausgeuͤbt habt, als die, mit Waaren,<lb/>
und keinen andern Geiſt kennt, als den Wein-<lb/>
geiſt, durch den eure Poeten ein Analogon von<lb/>
Begeiſterung in ſich hervorbringen. — Da<lb/>
gebe nur jemand einen leidlichen Rath; ich<lb/>
wenigſtens weiß beim Teufel nicht, wo ich<lb/>
mit euch hin ſoll!“—</p><lb/><p>Hier bemerkte ich eine Unruhe in der Ver-<lb/>ſammlung vor mir, und hoͤrte auch ganz deut-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[106/0108]
bloße Formen der ſinnlichen Anſchauung
ſind; nun wißt ihr aber daß beide in der
Geiſterwelt nicht mehr vorkommen; jezt bitte
ich euch, die ihr nur allein in der Sinnlichkeit
lebt und webt, wie wollt ihr Raum finden,
da wo es keinen Raum mehr giebt? — Ja,
was wollt ihr gar beginnen, wenn es mit der
Zeit zu Ende geht? Selbſt auf eure groͤßten
Weiſen und Dichter angewandt, bleibt die Un-
ſterblichkeit zulezt doch auch nur ein uneigent-
licher Ausdruck, was ſoll ſie fuͤr euch arme
Teufel bedeuten, die ihr keine andere Hand-
lung ausgeuͤbt habt, als die, mit Waaren,
und keinen andern Geiſt kennt, als den Wein-
geiſt, durch den eure Poeten ein Analogon von
Begeiſterung in ſich hervorbringen. — Da
gebe nur jemand einen leidlichen Rath; ich
wenigſtens weiß beim Teufel nicht, wo ich
mit euch hin ſoll!“ —
Hier bemerkte ich eine Unruhe in der Ver-
ſammlung vor mir, und hoͤrte auch ganz deut-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/108>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.