Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

No. 2 und 3 sind philosophische Gegenfüßler,
ein Idealist und ein Realist; jener laborirt
an einer gläsernen Brust, und dieser an einem
gläsernen Gefäße, weshalb er sein Ich niemals
setzt, was jenem eine Kleinigkeit ist, ob er
gleich dagegen die moralische Anschauung ver-
meidet, und darum die Brust sorgfältig be-
deckt.

No. 4. sizt hier blos deswegen weil er in
der Bildung um ein halbes Jahrhundert zu
weit vorausgeschritten ist; es wandeln noch
einige von der Art frei herum, die man aber,
wie billig, alle auch für toll hält.

No. 5. hielt zu verständige und verständ-
liche Reden, deshalb haben sie ihn hieher ge-
schickt.

No. 6. ist aus der Verrüktheit, den Scherz
eines Großen als Ernst zu nehmen, verrükt
geworden.


No. 2 und 3 ſind philoſophiſche Gegenfuͤßler,
ein Idealiſt und ein Realiſt; jener laborirt
an einer glaͤſernen Bruſt, und dieſer an einem
glaͤſernen Gefaͤße, weshalb er ſein Ich niemals
ſetzt, was jenem eine Kleinigkeit iſt, ob er
gleich dagegen die moraliſche Anſchauung ver-
meidet, und darum die Bruſt ſorgfaͤltig be-
deckt.

No. 4. ſizt hier blos deswegen weil er in
der Bildung um ein halbes Jahrhundert zu
weit vorausgeſchritten iſt; es wandeln noch
einige von der Art frei herum, die man aber,
wie billig, alle auch fuͤr toll haͤlt.

No. 5. hielt zu verſtaͤndige und verſtaͤnd-
liche Reden, deshalb haben ſie ihn hieher ge-
ſchickt.

No. 6. iſt aus der Verruͤktheit, den Scherz
eines Großen als Ernſt zu nehmen, verruͤkt
geworden.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0161" n="159"/>
        <p><hi rendition="#aq">No.</hi> 2 und 3 &#x017F;ind philo&#x017F;ophi&#x017F;che Gegenfu&#x0364;ßler,<lb/>
ein Ideali&#x017F;t und ein Reali&#x017F;t; jener laborirt<lb/>
an einer gla&#x0364;&#x017F;ernen Bru&#x017F;t, und die&#x017F;er an einem<lb/>
gla&#x0364;&#x017F;ernen Gefa&#x0364;ße, weshalb er &#x017F;ein Ich niemals<lb/>
&#x017F;etzt, was jenem eine Kleinigkeit i&#x017F;t, ob er<lb/>
gleich dagegen die morali&#x017F;che An&#x017F;chauung ver-<lb/>
meidet, und darum die Bru&#x017F;t &#x017F;orgfa&#x0364;ltig be-<lb/>
deckt.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">No.</hi> 4. &#x017F;izt hier blos deswegen weil er in<lb/>
der Bildung um ein halbes Jahrhundert zu<lb/>
weit vorausge&#x017F;chritten i&#x017F;t; es wandeln noch<lb/>
einige von der Art frei herum, die man aber,<lb/>
wie billig, alle auch fu&#x0364;r toll ha&#x0364;lt.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">No.</hi> 5. hielt zu ver&#x017F;ta&#x0364;ndige und ver&#x017F;ta&#x0364;nd-<lb/>
liche Reden, deshalb haben &#x017F;ie ihn hieher ge-<lb/>
&#x017F;chickt.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">No.</hi> 6. i&#x017F;t aus der Verru&#x0364;ktheit, den Scherz<lb/>
eines Großen als Ern&#x017F;t zu nehmen, verru&#x0364;kt<lb/>
geworden.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[159/0161] No. 2 und 3 ſind philoſophiſche Gegenfuͤßler, ein Idealiſt und ein Realiſt; jener laborirt an einer glaͤſernen Bruſt, und dieſer an einem glaͤſernen Gefaͤße, weshalb er ſein Ich niemals ſetzt, was jenem eine Kleinigkeit iſt, ob er gleich dagegen die moraliſche Anſchauung ver- meidet, und darum die Bruſt ſorgfaͤltig be- deckt. No. 4. ſizt hier blos deswegen weil er in der Bildung um ein halbes Jahrhundert zu weit vorausgeſchritten iſt; es wandeln noch einige von der Art frei herum, die man aber, wie billig, alle auch fuͤr toll haͤlt. No. 5. hielt zu verſtaͤndige und verſtaͤnd- liche Reden, deshalb haben ſie ihn hieher ge- ſchickt. No. 6. iſt aus der Verruͤktheit, den Scherz eines Großen als Ernſt zu nehmen, verruͤkt geworden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/161
Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/161>, abgerufen am 21.11.2024.