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Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

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schnizte sie Figuren lieblich anzuschauen und
baute Häuserchen darüber, deren Trümmer
man in der andern Sekunde anstaunte und als
die Wohnung der Götter betrachtete. Dann
betete sie die Sonne an, die ich ihr zur
Erleuchtung anzündete und die, mit meiner
Studierlampe verglichen, sich wie das Fünk-
chen zur Flamme verhält. Zulezt -- und das
war das ärgste -- dünkte sich das Stäubchen
selbst Gott und bauete Systeme auf, worin
es sich bewunderte. Beim Teufel! Ich hätte
die Puppe ungeschnizt lassen sollen! -- Was
soll ich nur mit ihr anfangen? -- Hier oben
sie in der Ewigkeit mit ihren Possen herum-
hüpfen lassen? -- Das geht bei mir selbst nicht
an; denn da sie sich dort unten schon mehr
als zuviel langweilt und sich oft vergeblich be-
müht in der kurzen Sekunde ihrer Existenz
die Zeit sich zu vertreiben, wie müßte sie sich
bei mir in der Ewigkeit, vor der ich oft selbst
erschrecke, langweilen! Sie ganz und gar zu
vernichten thut mir auch leid; denn der

ſchnizte ſie Figuren lieblich anzuſchauen und
baute Haͤuſerchen daruͤber, deren Truͤmmer
man in der andern Sekunde anſtaunte und als
die Wohnung der Goͤtter betrachtete. Dann
betete ſie die Sonne an, die ich ihr zur
Erleuchtung anzuͤndete und die, mit meiner
Studierlampe verglichen, ſich wie das Fuͤnk-
chen zur Flamme verhaͤlt. Zulezt — und das
war das aͤrgſte — duͤnkte ſich das Staͤubchen
ſelbſt Gott und bauete Syſteme auf, worin
es ſich bewunderte. Beim Teufel! Ich haͤtte
die Puppe ungeſchnizt laſſen ſollen! — Was
ſoll ich nur mit ihr anfangen? — Hier oben
ſie in der Ewigkeit mit ihren Poſſen herum-
huͤpfen laſſen? — Das geht bei mir ſelbſt nicht
an; denn da ſie ſich dort unten ſchon mehr
als zuviel langweilt und ſich oft vergeblich be-
muͤht in der kurzen Sekunde ihrer Exiſtenz
die Zeit ſich zu vertreiben, wie muͤßte ſie ſich
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[163/0165] ſchnizte ſie Figuren lieblich anzuſchauen und baute Haͤuſerchen daruͤber, deren Truͤmmer man in der andern Sekunde anſtaunte und als die Wohnung der Goͤtter betrachtete. Dann betete ſie die Sonne an, die ich ihr zur Erleuchtung anzuͤndete und die, mit meiner Studierlampe verglichen, ſich wie das Fuͤnk- chen zur Flamme verhaͤlt. Zulezt — und das war das aͤrgſte — duͤnkte ſich das Staͤubchen ſelbſt Gott und bauete Syſteme auf, worin es ſich bewunderte. Beim Teufel! Ich haͤtte die Puppe ungeſchnizt laſſen ſollen! — Was ſoll ich nur mit ihr anfangen? — Hier oben ſie in der Ewigkeit mit ihren Poſſen herum- huͤpfen laſſen? — Das geht bei mir ſelbſt nicht an; denn da ſie ſich dort unten ſchon mehr als zuviel langweilt und ſich oft vergeblich be- muͤht in der kurzen Sekunde ihrer Exiſtenz die Zeit ſich zu vertreiben, wie muͤßte ſie ſich bei mir in der Ewigkeit, vor der ich oft ſelbſt erſchrecke, langweilen! Sie ganz und gar zu vernichten thut mir auch leid; denn der

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Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/165>, abgerufen am 24.11.2024.