Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

Staub träumt doch oft gar so angenehm von
der Unsterblichkeit, und meint, eben weil
er so etwas träume, müsse es ihm werden.
-- Was soll ich beginnen? Wahrlich hier steht
mein Verstand selbst still! Lasse ich die Krea-
tur sterben und wieder sterben, und verwische
jedesmal das Fünkchen Erinnerung an sich
selbst, daß es von neuem auferstehe und um-
herwandle? Das wird mir auf die Länge auch
langweilig, denn das Possenspiel immer und
immer wiederholt, muß ermüden! -- Am
besten ich warte überhaupt mit der Entschei-
dung bis es mir einfällt einen jüngsten Tag
festzusetzen und mir ein klügerer Gedanke bei-
kommt. --"

"Was das für ein verruchter Wahnsinn ist
-- fiel ich ein, als Nro. 9 inne hielt. --
Wenn ein vernünftiger Mensch dergleichen vor-
brächte, würde man es wahrlich konfiszi-
ren." --


Staub traͤumt doch oft gar ſo angenehm von
der Unſterblichkeit, und meint, eben weil
er ſo etwas traͤume, muͤſſe es ihm werden.
— Was ſoll ich beginnen? Wahrlich hier ſteht
mein Verſtand ſelbſt ſtill! Laſſe ich die Krea-
tur ſterben und wieder ſterben, und verwiſche
jedesmal das Fuͤnkchen Erinnerung an ſich
ſelbſt, daß es von neuem auferſtehe und um-
herwandle? Das wird mir auf die Laͤnge auch
langweilig, denn das Poſſenſpiel immer und
immer wiederholt, muß ermuͤden! — Am
beſten ich warte uͤberhaupt mit der Entſchei-
dung bis es mir einfaͤllt einen juͤngſten Tag
feſtzuſetzen und mir ein kluͤgerer Gedanke bei-
kommt. —“

„Was das fuͤr ein verruchter Wahnſinn iſt
— fiel ich ein, als Nro. 9 inne hielt. —
Wenn ein vernuͤnftiger Menſch dergleichen vor-
braͤchte, wuͤrde man es wahrlich konfiszi-
ren.“ —


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0166" n="164"/>
Staub tra&#x0364;umt doch oft gar &#x017F;o angenehm von<lb/>
der Un&#x017F;terblichkeit, und meint, eben weil<lb/>
er &#x017F;o etwas tra&#x0364;ume, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e es ihm werden.<lb/>
&#x2014; Was &#x017F;oll ich beginnen? Wahrlich hier &#x017F;teht<lb/>
mein Ver&#x017F;tand &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;till! La&#x017F;&#x017F;e ich die Krea-<lb/>
tur &#x017F;terben und wieder &#x017F;terben, und verwi&#x017F;che<lb/>
jedesmal das Fu&#x0364;nkchen Erinnerung an &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t, daß es von neuem aufer&#x017F;tehe und um-<lb/>
herwandle? Das wird mir auf die La&#x0364;nge auch<lb/>
langweilig, denn das Po&#x017F;&#x017F;en&#x017F;piel immer und<lb/>
immer wiederholt, muß ermu&#x0364;den! &#x2014; Am<lb/>
be&#x017F;ten ich warte u&#x0364;berhaupt mit der Ent&#x017F;chei-<lb/>
dung bis es mir einfa&#x0364;llt einen ju&#x0364;ng&#x017F;ten Tag<lb/>
fe&#x017F;tzu&#x017F;etzen und mir ein klu&#x0364;gerer Gedanke bei-<lb/>
kommt. &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was das fu&#x0364;r ein verruchter Wahn&#x017F;inn i&#x017F;t<lb/>
&#x2014; fiel ich ein, als <hi rendition="#aq">Nro.</hi> 9 inne hielt. &#x2014;<lb/>
Wenn ein vernu&#x0364;nftiger Men&#x017F;ch dergleichen vor-<lb/>
bra&#x0364;chte, wu&#x0364;rde man es wahrlich konfiszi-<lb/>
ren.&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[164/0166] Staub traͤumt doch oft gar ſo angenehm von der Unſterblichkeit, und meint, eben weil er ſo etwas traͤume, muͤſſe es ihm werden. — Was ſoll ich beginnen? Wahrlich hier ſteht mein Verſtand ſelbſt ſtill! Laſſe ich die Krea- tur ſterben und wieder ſterben, und verwiſche jedesmal das Fuͤnkchen Erinnerung an ſich ſelbſt, daß es von neuem auferſtehe und um- herwandle? Das wird mir auf die Laͤnge auch langweilig, denn das Poſſenſpiel immer und immer wiederholt, muß ermuͤden! — Am beſten ich warte uͤberhaupt mit der Entſchei- dung bis es mir einfaͤllt einen juͤngſten Tag feſtzuſetzen und mir ein kluͤgerer Gedanke bei- kommt. —“ „Was das fuͤr ein verruchter Wahnſinn iſt — fiel ich ein, als Nro. 9 inne hielt. — Wenn ein vernuͤnftiger Menſch dergleichen vor- braͤchte, wuͤrde man es wahrlich konfiszi- ren.“ —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/166
Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/166>, abgerufen am 21.11.2024.