Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.der Verstorbene unten noch unversehrt ist, so "Da hätte Euer Liebchen auch einen freund- "Sie ist dazu gezwungen!" antwortete er. der Verſtorbene unten noch unverſehrt iſt, ſo „Da haͤtte Euer Liebchen auch einen freund- „Sie iſt dazu gezwungen!“ antwortete er. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0287" n="285"/> der Verſtorbene unten noch unverſehrt iſt, ſo<lb/> lange ſteht fuͤr mich ſeine Geſtalt deutlich<lb/> uͤber der Gruft, und nur wenn der Koͤrper<lb/> ſich mehr und mehr aufloͤſt, verliert ſich auch<lb/> das Bild in Schatten und Nebel, und verfliegt<lb/> zulezt ganz wenn das Grab leer iſt. — Die<lb/> weite Erde iſt zwar ein einziger Gottesacker,<lb/> aber die Geſtalten der Verweſeten nehmen<lb/> eine freundlichere Geſtalt an und bluͤhen als<lb/> ſchoͤne Blumen wieder auf; — hier aber ſte-<lb/> hen ſie noch alle deutlich umher und blicken<lb/> mich an, daß ich erſchrocken vor ihnen zuruͤck-<lb/> weiche. Nichts ſollte mich auch bewegen dieſe<lb/> Staͤtte zu betreten, wenn mich nicht eine<lb/> Schaͤferſtunde hier erwartete!“ —</p><lb/> <p>„Da haͤtte Euer Liebchen auch einen freund-<lb/> lichern Ort fuͤr Euch erwaͤhlen ſollen!“ ſagte<lb/> ich unwillig uͤber ſeine unbekannte Schoͤne, als<lb/> er eine Weile inne hielt.</p><lb/> <p>„Sie iſt dazu gezwungen!“ antwortete er.<lb/> — Denn ſie hat hier ihre Wohnung aufgeſchla-<lb/> gen!“</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [285/0287]
der Verſtorbene unten noch unverſehrt iſt, ſo
lange ſteht fuͤr mich ſeine Geſtalt deutlich
uͤber der Gruft, und nur wenn der Koͤrper
ſich mehr und mehr aufloͤſt, verliert ſich auch
das Bild in Schatten und Nebel, und verfliegt
zulezt ganz wenn das Grab leer iſt. — Die
weite Erde iſt zwar ein einziger Gottesacker,
aber die Geſtalten der Verweſeten nehmen
eine freundlichere Geſtalt an und bluͤhen als
ſchoͤne Blumen wieder auf; — hier aber ſte-
hen ſie noch alle deutlich umher und blicken
mich an, daß ich erſchrocken vor ihnen zuruͤck-
weiche. Nichts ſollte mich auch bewegen dieſe
Staͤtte zu betreten, wenn mich nicht eine
Schaͤferſtunde hier erwartete!“ —
„Da haͤtte Euer Liebchen auch einen freund-
lichern Ort fuͤr Euch erwaͤhlen ſollen!“ ſagte
ich unwillig uͤber ſeine unbekannte Schoͤne, als
er eine Weile inne hielt.
„Sie iſt dazu gezwungen!“ antwortete er.
— Denn ſie hat hier ihre Wohnung aufgeſchla-
gen!“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |