Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

Nie wird mir der Abend aus dem Sinne
kommen, als ich unmuthig über meinen we-
nigen Verdienst hier auf dem Dreifuße einge-
schlummert war; -- daß es gerade ein Drei-
fuß sein mußte, soll, wie man mir sagt, nicht
ohne Einfluß gewesen sein -- es träumte mir
wie ich einen Schaz fände in einer verschlosse-
nen Truhe, doch gebot man mir diese Truhe
nicht eher zu öffnen, bis ich erwacht sein
würde. Das war alles so deutlich und selbst
verständig, indem Traum und Wachen sich
ganz klar von einander unterschieden, daß es
mir nie wieder aus dem Kopfe wollte, und
ich zulezt mit einer Zigeunerin Bekanntschaft
machte, um den Versuch wirklich anzustellen.

Es ging alles in der Ordnung; ich hob die
Truhe die ich im Traume gesehen, besann
mich zuvor, ob ich wirklich wachte, und öff-
nete sie dann; aber statt des Goldes was ich
erwartete, hatte ich dieses Wunderkind aus
der Erde gehoben.


Nie wird mir der Abend aus dem Sinne
kommen, als ich unmuthig uͤber meinen we-
nigen Verdienſt hier auf dem Dreifuße einge-
ſchlummert war; — daß es gerade ein Drei-
fuß ſein mußte, ſoll, wie man mir ſagt, nicht
ohne Einfluß geweſen ſein — es traͤumte mir
wie ich einen Schaz faͤnde in einer verſchloſſe-
nen Truhe, doch gebot man mir dieſe Truhe
nicht eher zu oͤffnen, bis ich erwacht ſein
wuͤrde. Das war alles ſo deutlich und ſelbſt
verſtaͤndig, indem Traum und Wachen ſich
ganz klar von einander unterſchieden, daß es
mir nie wieder aus dem Kopfe wollte, und
ich zulezt mit einer Zigeunerin Bekanntſchaft
machte, um den Verſuch wirklich anzuſtellen.

Es ging alles in der Ordnung; ich hob die
Truhe die ich im Traume geſehen, beſann
mich zuvor, ob ich wirklich wachte, und oͤff-
nete ſie dann; aber ſtatt des Goldes was ich
erwartete, hatte ich dieſes Wunderkind aus
der Erde gehoben.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0053" n="51"/>
        <p>Nie wird mir der Abend aus dem Sinne<lb/>
kommen, als ich unmuthig u&#x0364;ber meinen we-<lb/>
nigen Verdien&#x017F;t hier auf dem Dreifuße einge-<lb/>
&#x017F;chlummert war; &#x2014; daß es gerade ein Drei-<lb/>
fuß &#x017F;ein mußte, &#x017F;oll, wie man mir &#x017F;agt, nicht<lb/>
ohne Einfluß gewe&#x017F;en &#x017F;ein &#x2014; es tra&#x0364;umte mir<lb/>
wie ich einen Schaz fa&#x0364;nde in einer ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;e-<lb/>
nen Truhe, doch gebot man mir die&#x017F;e Truhe<lb/>
nicht eher zu o&#x0364;ffnen, bis ich erwacht &#x017F;ein<lb/>
wu&#x0364;rde. Das war alles &#x017F;o deutlich und &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
ver&#x017F;ta&#x0364;ndig, indem Traum und Wachen &#x017F;ich<lb/>
ganz klar von einander unter&#x017F;chieden, daß es<lb/>
mir nie wieder aus dem Kopfe wollte, und<lb/>
ich zulezt mit einer Zigeunerin Bekannt&#x017F;chaft<lb/>
machte, um den Ver&#x017F;uch wirklich anzu&#x017F;tellen.</p><lb/>
        <p>Es ging alles in der Ordnung; ich hob die<lb/>
Truhe die ich im Traume ge&#x017F;ehen, be&#x017F;ann<lb/>
mich zuvor, ob ich wirklich wachte, und o&#x0364;ff-<lb/>
nete &#x017F;ie dann; aber &#x017F;tatt des Goldes was ich<lb/>
erwartete, hatte ich die&#x017F;es Wunderkind aus<lb/>
der Erde gehoben.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[51/0053] Nie wird mir der Abend aus dem Sinne kommen, als ich unmuthig uͤber meinen we- nigen Verdienſt hier auf dem Dreifuße einge- ſchlummert war; — daß es gerade ein Drei- fuß ſein mußte, ſoll, wie man mir ſagt, nicht ohne Einfluß geweſen ſein — es traͤumte mir wie ich einen Schaz faͤnde in einer verſchloſſe- nen Truhe, doch gebot man mir dieſe Truhe nicht eher zu oͤffnen, bis ich erwacht ſein wuͤrde. Das war alles ſo deutlich und ſelbſt verſtaͤndig, indem Traum und Wachen ſich ganz klar von einander unterſchieden, daß es mir nie wieder aus dem Kopfe wollte, und ich zulezt mit einer Zigeunerin Bekanntſchaft machte, um den Verſuch wirklich anzuſtellen. Es ging alles in der Ordnung; ich hob die Truhe die ich im Traume geſehen, beſann mich zuvor, ob ich wirklich wachte, und oͤff- nete ſie dann; aber ſtatt des Goldes was ich erwartete, hatte ich dieſes Wunderkind aus der Erde gehoben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/53
Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/53>, abgerufen am 21.11.2024.