dieses Gerechten so verwirren, daß er Tha- ten unternimmt, die seinem Herzen fremd sind.
Teufel. Ist denn eure Tugend und Fröm- migkeit ein so zerbrechliches Ding, daß kei- ner daran schlagen darf, ohne sie zu zer- trümmern? Seyd ihr nicht stolz auf euren freyen Willen, und schreibt durch ihn eure Thaten, eurem eignen Herzen zu? Ihr seyd alle Heilige, wenn euch nichts in Ver- suchung führt. Nein, Faust, ich will nichts hinzusetzen, und seinen Sinnen nur den Kö- der zeigen, um sein Herz zu prüfen. Braucht der Teufel in euch hinein zu kriechen, da ihr von außen gestimmt werdet?
Faust. Und wenn dir's nicht gelingt, glaubst du, ich würde deine Pfuscherey un- gestraft lassen.
Teufel. Nun so sollst du mir zur Strafe einen ganzen Tag von der Tugend der Men- schen vorprahlen. Laß sehen, ob ihn die- ses reizt.
Eine
dieſes Gerechten ſo verwirren, daß er Tha- ten unternimmt, die ſeinem Herzen fremd ſind.
Teufel. Iſt denn eure Tugend und Froͤm- migkeit ein ſo zerbrechliches Ding, daß kei- ner daran ſchlagen darf, ohne ſie zu zer- truͤmmern? Seyd ihr nicht ſtolz auf euren freyen Willen, und ſchreibt durch ihn eure Thaten, eurem eignen Herzen zu? Ihr ſeyd alle Heilige, wenn euch nichts in Ver- ſuchung fuͤhrt. Nein, Fauſt, ich will nichts hinzuſetzen, und ſeinen Sinnen nur den Koͤ- der zeigen, um ſein Herz zu pruͤfen. Braucht der Teufel in euch hinein zu kriechen, da ihr von außen geſtimmt werdet?
Fauſt. Und wenn dir’s nicht gelingt, glaubſt du, ich wuͤrde deine Pfuſcherey un- geſtraft laſſen.
Teufel. Nun ſo ſollſt du mir zur Strafe einen ganzen Tag von der Tugend der Men- ſchen vorprahlen. Laß ſehen, ob ihn die- ſes reizt.
Eine
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0123"n="112"/>
dieſes Gerechten ſo verwirren, daß er Tha-<lb/>
ten unternimmt, die ſeinem Herzen fremd<lb/>ſind.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Teufel</hi>. Iſt denn eure Tugend und Froͤm-<lb/>
migkeit ein ſo zerbrechliches Ding, daß kei-<lb/>
ner daran ſchlagen darf, ohne ſie zu zer-<lb/>
truͤmmern? Seyd ihr nicht ſtolz auf<lb/>
euren freyen Willen, und ſchreibt durch ihn<lb/>
eure Thaten, eurem eignen Herzen zu? Ihr<lb/>ſeyd alle Heilige, wenn euch nichts in Ver-<lb/>ſuchung fuͤhrt. Nein, Fauſt, ich will nichts<lb/>
hinzuſetzen, und ſeinen Sinnen nur den Koͤ-<lb/>
der zeigen, um ſein Herz zu pruͤfen. Braucht<lb/>
der Teufel in euch hinein zu kriechen, da<lb/>
ihr von außen geſtimmt werdet?</p><lb/><p><hirendition="#fr">Fauſt</hi>. Und wenn dir’s nicht gelingt,<lb/>
glaubſt du, ich wuͤrde deine Pfuſcherey un-<lb/>
geſtraft laſſen.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Teufel</hi>. Nun ſo ſollſt du mir zur Strafe<lb/>
einen ganzen Tag von der Tugend der Men-<lb/>ſchen vorprahlen. Laß ſehen, ob ihn die-<lb/>ſes reizt.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Eine</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[112/0123]
dieſes Gerechten ſo verwirren, daß er Tha-
ten unternimmt, die ſeinem Herzen fremd
ſind.
Teufel. Iſt denn eure Tugend und Froͤm-
migkeit ein ſo zerbrechliches Ding, daß kei-
ner daran ſchlagen darf, ohne ſie zu zer-
truͤmmern? Seyd ihr nicht ſtolz auf
euren freyen Willen, und ſchreibt durch ihn
eure Thaten, eurem eignen Herzen zu? Ihr
ſeyd alle Heilige, wenn euch nichts in Ver-
ſuchung fuͤhrt. Nein, Fauſt, ich will nichts
hinzuſetzen, und ſeinen Sinnen nur den Koͤ-
der zeigen, um ſein Herz zu pruͤfen. Braucht
der Teufel in euch hinein zu kriechen, da
ihr von außen geſtimmt werdet?
Fauſt. Und wenn dir’s nicht gelingt,
glaubſt du, ich wuͤrde deine Pfuſcherey un-
geſtraft laſſen.
Teufel. Nun ſo ſollſt du mir zur Strafe
einen ganzen Tag von der Tugend der Men-
ſchen vorprahlen. Laß ſehen, ob ihn die-
ſes reizt.
Eine
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/123>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.